1.300 Stimmen für die komplette Öffnung der Münsterer Straße

Isabel Gondro übergibt Bürgermeister Albrecht Kündiger die gesammelten Unterschriften. Foto: Peter Hillebrecht

Das Wetter am vergangenen Samstag spiegelte den Gemütszustand der Anwohner*innen rund um die Münsterer Straße, die sich vor dem Kelkheimer Rathaus versammelt hatten, wider. Ein grauer Himmel mit immer wiederkehrenden Schauern bildete die Kulisse bei der Übergabe von über 1.300 Stimmen für die Aufhebung der Einbahnstraßenregelung der Münsterer Straße an den Bürgermeister Albrecht Kündiger.

Anke Jung hatte den Stein ins Rollen gebracht. Mit ihrem Leserbrief, in dem sie das generelle Abbiegeverbot von der Parkstraße in die Münsterer Straße kritisierte, sprach sie vielen Bürger*innen aus dem Herzen. Schnell war die Idee einer Unterschriftensammlung geboren. Nach der Arbeit machte sie sich auf den Weg und sammelte in den betroffenen Straßen Unterschriften. „Ich traf auf sehr viel Unmut, auf wesentlich mehr, als der Bürgermeister gedacht hat“, vermutet sie. Auch Isabel Gondro wollte nicht mehr tatenlos zuschauen. Sie startete eine Petition im Internet, sammelte dort Unterschriften. „Wir wünschen uns doch nur direkte Wege zur Arbeit und nach Hause. Außerdem sehen wir die zunehmende Umweltbelastung durch die Einbahnstraßenregelung: längere Wege, längere Wartezeiten an den Ampeln sind nur einige davon“, so die Kelkheimerin.

Die Anwohner leiden

Es sind nicht nur Einzelschicksale, die die beiden Frauen bewegen, wie zum Beispiel die Physiotherapeutin, die schon unter der Baustelle über einen Kundenrückgang klagte und auch jetzt negative Auswirkungen spürt. Und dann ist dort der Anwohner aus der Frankfurter Straße, der morgens bis zu zehn Minuten warten muss, bis er aus seiner Hofeinfahrt auf die Hauptstraße kommt. „Es werden Schleichwege gesucht, zuletzt fuhr ein LKW vor dem Kindergarten über den Bürgersteig, weil es anders kein Durchkommen gab“, berichtet Isabel Gondro. „Jeder wünscht sich eine Lösung, aber die sollte nicht ungerecht verteilt sein“, fordert Anke Jung.

Sie war es auch, die sich in den vergangenen Wochen die Mühe machte, tiefer in die Verkehrsentwicklung der Stadt und den Generalverkehrsplan einzusteigen. Ein Problem, das sie auch sieht: „In den 60er und 70er Jahren wurde in Kelkheim ziemlich planlos gebaut. Wohngebiete entstanden, ohne sich ausreichend Gedanken darüber zu machen, wie der Verkehr aufgefangen wird.“ Doch es steht auch fest, dass die Münsterer sowie die Johann-Strauss-Straße seit jeher als Hauptstraßen mit wesentlicher verkehrlicher Funktion gehandelt werden. 1970 wird die Johann-Strauss-Straße an die Münsterer Straße angeschlossen und es entsteht die sogenannte „Westtangente“, die die Frankfurter Straße entlasten soll. Auch im 2006 überarbeiteten Generalverkehrsplan tauchen die beiden Straßen als „Hauptstraßen mit wesentlicher Verkehrsfunktion“ auf.

Daher war das Entsetzen auch groß, als es nach der Fertigstellung der Münsterer Straße aus dem Rathaus hieß, dass man den Versuch starten wolle, über die Einbahnstraßenregelung den Verkehr aus der Stadt abziehen zu wollen. „Wir waren alle froh, als es hieß, die Bauarbeiten sind zu Ende. Endlich wieder Normalität, und dann das“, fasst Anke Jung die Gefühle der Anwohner*innen in Worte.

Der Rathauschef gesprächsbereit

Und so fand man sich nun vor dem Rathaus ein, um dem Rathauschef einerseits die Unterschriften zu überreichen und um anderseits auch das Gespräch zu suchen. Denn dem geht Albrecht Kündiger nicht aus dem Weg. Er plädiert immer wieder für eine sachliche und vernünftige Diskussion, betonte aber auch, „dass es ein Abwägungsprozess sei.“ Damit spielte er auf den Testversuch an, der derzeit laufe und auch weiterhin Bestand habe. Der Versuch zielt darauf ab, den Durchgangsverkehr aus Kelkheim über den Gagernring, den Hauptfriedhof und die Frankfurter Straße abzuleiten. „Das Verkehrsaufkommen ist coronabedingt ein anderes, wir haben Homeoffice, keinen Präsenzunterricht in den Schulen, eingeschränkten Betrieb in den Kitas, erst wenn sich das alles wieder normalisiert, kann man ausmachen, ob der Testversuch etwas gebracht hat“, so der Bürgermeister.

Nichtsdestotrotz nimmt er die Einwände der Bürger*innen ernst und verspricht, dass diese in den Abwicklungsprozess mit aufgenommen werden und alles sachlich geprüft werde. „Darauf gebe ich mein Wort!“

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