Von Stärkenduschen, VR-Brillen mit virtuellen Berufseinblicken und Azubis, die voll eingebunden sind

Kelkheim (ju) – Filip (14), Tom (13) und Max (14) hocken auf einem Sofa im 1. Stock des Kelkheimer Rathauses und lernen gerade Handwerksberufe kennen. Aber nicht so, wie jetzt manche denken mögen – da steht ein Handwerksmeister und erzählt etwas über seinen Beruf, sondern die drei haben VR-Brillen auf und erleben gerade hautnah, wie ein Schornsteinfeger seine Arbeit in schwindelnder Höhe verrichtet. Die Jungs sind begeistert, so oft sind sie auch noch nicht in den Kontakt mit diesen virtuellen Brillen gekommen. In kleinen lebensnahen Sequenzen erzählen Azubis von ihrem Ausbildungsberuf. Und wenn so etwas im Rathaus passiert kann man sich sicher sein – es sind wieder Berufsorientierungstage.

Einblicke erhalten

Diese inzwischen feste Institution erfreut sich großer Beliebtheit an den Kelkheimer Schulen, gehören sie doch genauso dazu wie Bewerbungstraining und Praktika, um den Arbeitnehmern von morgen zu zeigen, wo ihre Stärken sind. Denn dazu dienen diese Berufsorientierungstage, die sich in diesem Jahr über zwei Wochen hinzogen. Sie bieten eine wertvolle Gelegenheit für junge Menschen, Einblicke in verschiedene Berufsfelder zu gewinnen und ihre Zukunftsperspektiven zu erkunden. Sie werden in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft und der Agentur für Arbeit organisiert. Auch in diesem Jahr fanden die Veranstaltung im Rathaus im ersten Stock und im Jugendzentrum Mitte statt, wo es auch Informationen zu Möglichkeiten im Ausland sowie zu verschiedenen Berufsfeldern wie Hauswirtschaft/Pflege, Technik und Verwaltung angeboten wurden.

Azubis mit von der Partie 

Ganz besonders in diesem Jahr waren die Stationsbetreuungen im Jugendtreff. Neben den Städtischen Auszubildenden im Bereich Verwaltung waren auch Auszubildende der Firma Rothenberger im technischen Bereich mit neuen Aufgaben vertreten. Alessandro und Johann, beide im 1. Ausbildungsjahr bei Rothenberger, betreuten die Robotik-Station. Hier musste ein kleiner Sphero Bolt-Roboter von den Schülern so programmiert werden, dass er einen kleinen Parcour bewältigen konnte. Die Beiden wussten erstmal nicht, was auf zu zukommt und mussten sich ins Thema „reinfuchsen“, aber Johann hatte dann soviel Spaß daran, die Jugendlichen zu betreuen und Tipps zu geben, dass er sich sogar von der Berufsschule befreien ließ. „Es ist für die Schüler aber auch für uns eine tollen Sache, wenn sie echte Leute in ihren echten Berufen kennenlernen können und uns mit Fragen löchern“, findet Alessandro. Das sehen auch die Schüler so. Sie sind mit Feuereifer dabei, manchen entwickeln richtigen Ehrgeiz, weil sie erreichen wollen, dass der kleine Roboter durch den Parcour kommt, „ganz ohne anzuecken.“

Beobachter begleiten

Begleitet werden die in diesem Jahr kleinen Gruppen von sogenannten Beobachtern, die sich auf einem Zettel Stichpunkte zu den jeweiligen Stationen machen. Darauf wird zum Beispiel vermerkt wie dir Frustrationstoleranz aussieht, in wie fern Problemlösungsfähigkeiten bestehen und ob der jeweilige Schüler sorgfältig arbeitet. Auch auf einen respektvollen Umgang wird geachtet. Alles Eigenschaften, die im späteren Berufsleben von Wichtigkeit sein werden. Auch an den anderen Stationen wie Verwaltung und Hauswirtschaft standen den Schülern Fachkräfte zur Seite, die Ratschläge gaben und versteckte Fähigkeiten hervorkitzelten. Diese Fähigkeiten kamen dann auch in den einzeln geführten Abschlussgesprächen, die jeder Schüler mit seinem Beobachter führte, zur Sprache. Denn in erster Linie dienen diese Tage auch dazu, versteckte Talente der Schüler zu entdecken. Dafür stand die Stärkendusche wieder zur Verfügung. Denn wer weiß, vielleicht ist der Fußball spielende Schüler genau der, der ein toller Teamplayer ist und von daher geeignet wäre, später mal Führungsaufgaben zu übernehmen. „Es geht einfach darum, im Alltag Stärken zu entdecken, über die man noch nicht so nachgedacht hat“, erklärt Kristin Oswald, die den Schülern die Stärkendusche näher brachte. Das Fazit der 8. Klässler fiel dann am Ende des Tages auch durchaus positiv aus. In diesem Jahr hatte Petra Bliedtner, Leiterin des Amtes für Jugend und Integration, um eine Rückmeldung der Schüler gebeten. Mit Punkten konnten sie bewerten, was ihnen am besten gefallen hat und wie sie den Tag einschätzen. „Es ist toll, was für versteckte Talente doch in einem schlummern und noch besser ist es, wenn man von Fachleuten eine Rückmeldung bekommt, wie man sich anstellt. Das bringt uns weiter“, sind sie sich alle einig. Und wer weiß: Vielleicht hat der ein oder andere an diesem Tag entdeckt, was er mal werden möchte.

Wie hat‘s gefallen – die Schülerinnen und Schüler geben mit Punkten ihre Bewertung ab. War der Tag informativ, hat er einen weiter gebracht? Oder war es langweilig und einseitig? Die Beurteilung fiel durchweg positiv aus.

Filip, Tom und Max sitzen mit ihren VR-Brillen auf dem Sofa und sind „live“ dabei, wie der Schornsteinfeger seinen Job erledigt. Azbuis stellen in kurzen Sequenzen ihren Ausbildungsberuf vor und nehmen die drei zum Beispiel mit auf‘s Dach.Fotos: Judith Ulbricht

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