Jugendlicher Leichtsinn?

Königstein (hhf) – Ob man unseren eigenen Nachwuchs unbedingt denglisch als „Kids“ bezeichnen muss, sei dahingestellt – bei den Rehen heißt das aber schon immer „Kitz“, eigentlich das Gleiche, aber eben von Alters her in der heimischen Sprache verankert, und tierisch. Die jungen Rehe müssen allerdings zum Überleben in ihren ersten Wochen lernen, unsichtbar und leise zu sein, um Fressfeinden zu entgehen. Zur erfolgreichen Flucht sind sie noch nicht stark genug und von der Größe her noch ein leckerer Happen für Fuchs und Co.

In diesen Tagen sind die jungen Wildtiere wie in jedem Jahr besonderen Gefahren ausgesetzt, denn seit der Mensch seine Wiesen und frühen Kornfelder nicht mehr von Hand mit der Sense mäht, geraten sie durch ihr Versteckspiel leicht in die Mähmaschinen. Viele Bauern schicken daher schon Naturschützer zu Fuß voraus, denn wenn ein Lebewesen der kleinen Nase zu nah kommt, ergreifen die Kitze doch noch die Flucht – bis zum Feldrand reicht ja völlig, da findet es die Mama in aller Regel auch wieder. Im Notfall können die Kleinen sogar ein ganz anständiges Gebrüll veranstalten...

Wie nah das „Wildlife“ der Zivilisation kommt, zeigt diese Aufnahme von Dr. Beate Sidau, die am Parkplatz der Kleingärtner am Fuße des Burgberges entstanden ist – der Burgberg verfügt tatsächlich über eine ansehnliche Reh-Population trotz aller Nähe zu Altstadt und Kurpark. Nicht ungeschickt versteckt sich das Kitz im kühlen Schatten und ist unter einem geparkten Auto vielleicht besser aufgehoben als in einem Feld voll Mähdrescher. Ob hier ein Lernprozess dahintersteckt, mag in dieser Tragweite noch bezweifelt werden – hoffentlich ist kein Mama-Drama der Anlass –, doch können sich Rehe durchaus mit der Nähe zu Menschen arrangieren.

Kluge Wildschweine haben sogar schon gelernt, auf bestimmte Hornsignale der Jäger hin ihr Revier zu verlassen – Rehe gelten da nicht als ganz so intelligent. Vom Gefühl her lässt sich aber sicher auch erschließen, dass die Kleingärtner einfach nette Menschen sind, die höchstens Wühlmäusen an den Kragen gehen, immer etwas Leckeres zu Trinken und Fressen vor der Hütte haben und in einem Fall wie hier sicherlich gerne zu Fuß nach Hause gehen.
Foto: Sidau



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