Sommerserenade unterm Regenbogen: Verklärte Stunden im Kurpark mit der Kammerphilharmonie Frankfurt

Die Sommerserenade mit abendlichem Regenbogen war ein klangvolles Geschenk des Fördervereins für Kirchenmusik, mit der Unterstützung der evangelischen Immanuelgemeinde und der Stadt Königstein. Foto: privat

Königstein (aks) – Wie sagte Martin Luther so kernig: „Musik ist ein reines Geschenk und eine Gabe Gottes, sie vertreibt den Teufel, sie macht die Leute fröhlich und man vergißt über sie alle Laster.“

Viele fröhliche Menschen waren der Einladung der evangelischen Kirchengemeinde und der Stadt Königstein gefolgt, die die traditionelle Sommerserenade diesmal als Freilicht-Sommer-Konzert im Kurpark zur Aufführung brachten. Ein Gratis-Konzert für alle als „reines Geschenk“ des Fördervereins für Kirchenmusik! Dabei standen die Wetterprognosen nicht besonders gut. Um auf Nummer sicher zu gehen, stellten die „Plaschis“, der Königsteiner Narrenclub, ein Zelt auf, um die wertvollen Geigen, Bratschen, Celli und den Kontrabass der Kammerphilharmonie Frankfurt vor Nässe zu schützen.

„Klassentreffen“ nach Coronapause

Michael Muche begrüßte mit ausgebreiteten Armen die Zuschauer und freute sich von Herzen über die Chance, als aktueller Leiter des Vokalensembles Königstein mit den jungen Musikern der Kammerphilharmonie Frankfurt „Open Air“ aufzutreten. Viele hätten sich lange nicht gesehen und auch nicht miteinander musiziert. „Das fühlt sich an wie ein Klassentreffen“, scherzte er, heilfroh, dass der liebe Gott ein Einsehen mit der Musik im Freien und der Himmel deshalb auch keinen Grund zum Weinen hatte. Er wies darauf hin, dass die Musiker coronabedingt seit März keine Einnahmen mehr hätten und dieses Konzert ein wenig zum Lebensunterhalt beitragen würde.

Muche hat Dirigieren an der Musikhochschule Dresden gelernt, war seitdem bei vielen Opern- und anderen Musikproduktionen als musikalischer Leiter tätig und ist Lehrbeauftragter für Orchesterdirigieren an der Musikhochschule in Karlsruhe. Ein Gewinn für Königstein an diesem Sonntagnachmittag, aber auch für die vielen jungen internationalen Streicher der Kammerphilharmonie Frankfurt, die sich im Landesjugendorchester Hessen kennengelernt haben und die ihre freundschaftliche Verbundenheit und Begeisterung für Musik nach der langen Corona-Pause wiederbeleben durften.

Die Freude über das gemeinsame Musizieren war schon bei den ersten Klängen der zauberhaften Holberg-Suite von Edvard Grieg zu hören, in der der norwegische Komponist leicht und spielerisch die höfischen Tanzweisen des 18. Jahrhunderts mit seiner eigenen romantischen Interpretation verband. Als Parkbesucher schloss man am besten hingebungsvoll die Augen, so man denn ein lauschiges und vor allem bequemes Plätzchen geeignet für den reinen Musikgenuss gefunden hatte. Welch großes Glück einfach in diesem wunderschönen Park mit den jahrhundertealten Bäumen verweilen zu dürfen mit der Kulisse der farbenprächtigen Villa Borgnis im Hintergrund. Da störte es auch nicht, dass Hunde bellten, Kinder juchzten, und immer wieder Füße über den Schotter knirschten.

Einmaliges Ambiente

Viele Spaziergänger blieben staunend stehen und lauschten der meisterhaften Kammermusik. Eltern mit Kleinkindern im Kinderwagen, Damenkränzchen, die das Glück hatten auf der Terrasse der Villa Borgnis einen bequemen Platz gefunden zu haben, alte und junge Liebespaare ... alle waren von der Schönheit der Musik gebannt und hörten aufmerksam zu, mit einem Lächeln im Gesicht. Kleinkinder wiegten sich in der Hüfte und versuchten tapsige Tanzschritte. Am besten klappte das zu Mozarts „Kleiner Nachtmusik“, die zwar als anspruchsvolle Kammermusik von Mozart konzipiert war, aber als „leichte“ Unterhaltungsmusik ein Ohrwurm für alle wurde.

Brunnen als Sitzplatz

Viele Profi-Konzertgänger waren gekommen, die ihre Klappstühle selbst mitgebracht hatten und selbstverständlich nicht zwischen den Sätzen klatschten. Sie wurden von den vielen anderen beneidet, die fast 90 Minuten im Stehen zubringen mussten, denn alle Parkbänke waren schnell besetzt – auch der imposante Brunnen hielt als Sitzgelegenheit her sowie die großen tönernen Übertöpfe im Park. Sonst waren weder Stühle noch Bänke aufgestellt worden.

Zum Picknicken, wie es ein „Picknickkonzert“ vermuten ließ, war niemand gekommen. Ob es daran lag, dass die grüne Wiese nur eingeschränkte Blicke auf die Musiker erlaubte oder waren die Wolken am Himmel doch zu bedrohlich?

Die Musik legte sich mit großer Ruhe auf die bunte Parkgesellschaft und einte sie in Harmonie. Eine herrliche sommerliche Leichtigkeit wurde spürbar sowie eine leise Wehmut, dass der Herbst bald Einzug halten würde. Die Serenaden spätromantischer Komponisten erfüllten die Königsteiner Luft und öffneten die Herzen der Menschen, ein lebendiges Bild, wie man es sich schöner nicht ausmalen konnte. Ja, es stimmt: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“, so hat es Nietzsche mal beschrieben. Und Musik als Klang-Dimension im Leben wird von vielen Menschen als sinnvoll und beglückend empfunden – und vertreibt außerdem ganz bestimmt „Laster und den Teufel“.

Abendliche Überraschung

Abends fand der zweite Auftritt der Philharmoniker mit weniger Besuchern wegen des einsetzenden Nieselregens statt, doch die Aufmerksamkeit war ähnlich gespannt wie am Nachmittag. Die herrliche abendliche Szenerie mit apricot-farbenen Wolken über der Burg und mit Regenbogen über der Villa Borgnis waren ein überraschendes Geschenk für alle, die sich raus in den Park gewagt hatten und ins Träumen kamen. Michael Muche ließ es sich nicht nehmen, eine Serenade namens „Sommernacht“, nach dem gleichnamigen Gedicht von Gottfried Keller, vorzutragen.

Als Musikliebhaber, Spaziergänger, Königsteiner Bürger, Fan der Kirchenmusik der Evangelischen Kirche und Open-Air-Konzertgänger wünscht man sich nur eins: Da Capo im nächsten Sommer!

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