Leserbrief

Aktuell

Unser Leser Martin Westenberger, Oberer Aufstieg, Kronberg, schreibt zum „Vorgang Bahnhofsbebauung/Hotel/Konzertsaal“ Folgendes: Und wieder wurde ein Mammutbaum gefällt, am 6. Februar! Wie abzusehen, wurden im Laufe des 18. Januar im Zuge der Baufeldräumung für den geplanten Kammermusiksaal sämtliche Bäume zügig gefällt. Dabei hat es eben auch die über 300-jährige Edelkastanie und einen seltenen Küstenmammutbaum erwischt. Wiewohl dieser Kahlschlag den behördlichen Segen aller öffentlich-rechtlichen Verfahren und Abstimmungsprozesse hatte, bleibt doch große Enttäuschung über die mangelnde Einsichtsfähigkeit der Bau- und Entscheidungsträger zurück. Nachdem an dieser Stelle „nackte Tatsachen“ geschaffen wurden, trat in gewisser Weise eine betretene Stille ein: bei ungläubig hinblickenden Passanten und innerhalb der am Baum- und Artenschutz interessierten Kronberger Bürgerschaft. Sogar Stadtverordnete und die grüne Umweltpartei sprachen im Nachhinein selbstkritisch von bitteren Erkenntnissen und davon, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe. Zuvor verfielen die politischen Lager wie gewohnt, reflexartig in das Ritual, den jeweiligen Kontrahenten lauthals Vorhaltungen über deren schwerwiegende Versäumnisse zu machen. Nein, aus meiner Sicht haben alle Fraktionen, was Durchführung und Ergebnis angeht eine blamable Vorstellung abgegeben –„ alternativlos“ war die Sache bekanntlich nicht!

Aber warum eigentlich jetzt den bitteren, kalten Kaffee von neulich noch einmal aufwärmen? Weil genau am heutigen 6. Februar, also keine drei Wochen nach den Vorgängen am Bahnhofsgelände, in der belebten Frankfurter Straße ein weiterer Mammutbaum umgesäbelt wurde. Sang- und klanglos verschwand ein weiterer stattlicher alter Baum. Wie kann das sein? Wie ist das möglich? In meinen Augen sind solche markanten Mitgeschöpfe wie Ehrenbürger unserer Stadt anzusehen. Jahrzehntelang und länger haben sie mit ihrer weitgehend anspruchslosen Existenz das Bild Kronbergs als der „Stadt im Grünen“ überzeugend vorgestellt, hatten ihren Platz tatsächlich „im öffentlichen Interesse“ dort. Beiden bis zuletzt strittigen Bäumen am Bahnhof, der uralten Edelkastanie und dem seltenen Küstenmammutbaum wurden sogar eigens Plaketten verliehen, um auf die besondere Bedeutung ihrer Erscheinung hinzuweisen. All das völlig ohne irgendeine Konsequenz! Es käme doch niemand auf die Idee, einen Ehrenbürger aus Fleisch und Blut aus ähnlich profanen Gründen plötzlich für hinderlich, entbehrlich oder ohne Weiteres für ersetzbar zu halten! Selbst posthum werden herausragende Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens einer Stadt in Ehren gehalten und nicht irgendwohin, nach außerhalb der Stadtmauern anonym umgebettet oder zum alten Eisen geworfen!

Es ist wirklich mehr als überfällig, dass an verantwortlicher Stelle der Stadt Kronberg endlich jemand über die Gesamtheit dieser Vorgänge wacht. Sonst wird mit voneinander losgelösten Einzelfallentscheidungen nach „Schema F“ dem Bild unserer Stadt nachhaltig weiter Schaden zugefügt. „Behutsame Nachverdichtung“ ohne verinnerlichtes Konzept und eine „Baumschutzsatzung“, die oftmals nur dazu zu dienen scheint, entgeltliche Ausnahmegenehmigungen erteilen zu können, werden beide ihrem Namen nicht gerecht.

Wer bitte ist für das Stadtbild für die Stadt Kronberg verantwortlich, wenn nicht die Stadt selbst?



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