Von Rittern, fahrenden Sängern und merkwürdigen Gebräuchen

Gemeinsam jubeln macht Spaß, muss aber geübt werden. Das Ensemble Trigon mit Holger Schäfer, Katrin Krauß und Kerstin de Witt probte den Einsatz für die urkomische mittelalterliche Moritat gemeinsam mit Musikerzähler Christoph Gotthardt und den Kindern.

Foto: Andreas Malkmus

Kronberg (pf) – Ganz weit in die Vergangenheit, auf eine Zeitreise ins Mittelalter, auf die britischen Inseln, nach Irland und Skandinavien nahm das Ensemble Trigon am Sonntagnachmittag in der Stadthalle Mädchen, Jungen, ihre Eltern, Großeltern und Verwandten bei „Classic for Kids“ mit. Dazu mussten sich die Kinder auf ihre Kissen legen, ganz fest die Augen schließen und auf das hinter einem Paravent versteckte Instrument lauschen, das Holger Schäfer spielte.

Welches Instrument das wohl sein könnte, fragte Musikerzähler Christoph Gotthardt, der wieder mit seinem ebenso seltenen wie hübschen europäischen Buntringel-Ohrwurm das Publikum durch den Nachmittag führte. Es war eine keltische Hakenharfe, mit der der Musiker hinter dem Wandschirm hervor kam. Mit den Haken, erklärte er den Kindern, kann man die Töne verändern und Halbtöne erzeugen, die den schwarzen Tasten auf dem Klavier entsprechen. Christoph Gotthardt hatte noch ein weiteres interessantes Instrument mitgebracht: Eine Drehleiher. „Eine Mischung aus Geige und Klavier“, wie er den Kindern erzählte. Richtig spielen, bekannte er, kann er das Instrument aber noch nicht.

Zum Ensemble Trigon gehören neben Holger Schäfer, der außer der Harfe auch das zweimanualige Cembalo spielte und wunderbare Moritaten sang, die beiden Musikerinnen Kartrin Krauß und Kerstin de Witt. Sie spielen verschiedene Flöten, Katrin Krauß außerdem die irische Tin Whistle, eine Blechflöte, und Kerstin de Witt eine Geige, die in Irland Fiddle heißt und die sie mit einem historischen Bogen spielte.

Im Mittelalter wurde viel Musik gemacht und getanzt, erzählte Christoph Gotthardt. Und da es damals weder elektrischen Strom noch Radio, Fernsehen, Computer oder gar Internet gab, spielten die fahrenden Musikanten nicht nur zum Tanz auf, sondern hatten auch die Aufgabe, wichtige Nachrichten von einem Ort zum anderen zu bringen. Sie waren vor rund 600 Jahren quasi das „heute-Journal“ und die „Tagesthemen“.

Ihre Nachrichten sangen und reimten sie – nach dem Motto: Reim dich oder ich fress dich! Das führte Holger Schäfer mit seinen schaurig-schönen Moritaten herzerfrischend und zwerchfellerschütternd vor. Und die Kinder, manchmal auch die Eltern, durften mitmachen, durften wie ein Gespenst unheimlich lachen, herzzerreißend weinen oder fröhlich jubeln.

Die Geschichten, die in diesen „Tagesthemen aus dem Mittelalter“ musikalisch dargeboten und erzählt wurden, waren manchmal aber auch wirklich zu komisch. Damals, erzählte Holger Schäfer, galten noch andere Sitten und Gebräuche bei den Mahlzeiten, die sich heute keiner mehr erlauben dürfte. So gehörten damals Blähungen offenbar zum guten Ton und es machte den Kindern und ganz besonders ihren Eltern und Großeltern einen Riesenspaß, in dem letzten der von Holger Schäfer vorgetragenen Lieder dieses Geräusch nachzumachen. In der Moritat ging es um einen Ritter, der mit dieser ganz besonderen Fähigkeit nicht nur ein Ritterturnier, sondern gleich einen ganzen Krieg gewann.

Und ganz nebenbei erfuhren Kinder wie Erwachsene, dass der Rap keine Erfindung unserer Zeit ist. Der erste Rapper war nämlich Oswald von Wolkenstein, berichtete Holger Schäfer und machte vor, wie dieser Ritter, der im 15. Jahrhundert lebte und gleichzeitig Sänger, Dichter, Komponist und Politiker war, seinerzeit sang – oder besser: rappte.

Wie jedes Mal durften die Kinder nach dem Konzert bei einem Gewinnspiel drei Fragen beantworten. Und wenn sie Glück haben, gewinnen sie Karten für das nächste Konzert der Reihe „Classic for Kids“ am 20. August im Schlosshotel.



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