Bauausschuss empfiehlt Beitritt zu neuer kommunaler Initiative

Kronberg (pu) – Einmal mehr zeigte sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (ASU) nicht allzu entscheidungsfreudig und schob den einen oder anderen Tagesordnungspunkt in seiner jüngsten Sitzung. Anders jedoch in puncto der von Bürgermeister Christoph König in seiner Funktion als Ordnungsbehörde der Stadt Kronberg unterzeichneten Beschlussvorlage, die darauf zielt, der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglicheren Verkehr“ – beizutreten.

Nach Erläuterung des Rathauschefs haben die Städte Freiburg im Breisgau, Leipzig, Aachen, Augsburg, Hannover, Münster (Westfalen) und Ulm diese Initiative am 6. Juli 2021 mit der Intention gestartet, den Kommunen bei der Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen aus städtebaulichen Gründen, zur Ermöglichung nachhaltiger Mobilitätskonzepte und zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten größeren Handlungsspielraum einzuräumen.

Inzwischen seien weitere Städte der Initiative beigetreten, in anderen Städten lägen entspre-chende Anträge vor. Der Hessische Städtetag unterstütze die Initiative ausdrücklich, sie entspreche einer Forderung des HStT im 10-Punkte-Papier für die Verkehrswende in Hessen.

„Auch Kronberg steht vor der Aufgabe, die Mobilität in der Stadt für die Zukunft umwelt- und stadtverträglich zu gestalten. Hierbei ist die Möglichkeit, Tempo 30 als angemessene Höchstgeschwindigkeit dort anzuordnen, wo es verkehrlich, sozial, ökologisch und städtebaulich angemessen ist, ein wichtiger Baustein“, erläuterte König. Den Schritt, dass sich auch die Stadt Kronberg der Initiative anschließen soll, begründete er damit, dass Kommunen aktuell mit Vorschlägen für Geschwindigkeitsveränderungen aufgrund der momentanen Gesetzgebung am Regierungspräsidium scheitern und mehr Flexibilität vonnöten sei. Die Initiative fordert beispielsweise den Bund auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kommunen im Sinne der Resolution des Deutschen Bundestags vom 17. Januar 2020 ohne weitere Einschränkungen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort anordnen können, wo sie es für notwendig halten. Begrüßt wird ein vom Bund gefördertes begleitendes Modellvorhaben, das wichtige Einzelaspekte im Zusammenhang mit dieser Neuregelung vertieft untersuchen soll (unter anderem zu den Auswirkungen auf den ÖPNV, zur Radverkehrssicherheit und zu den Auswirkungen auf das nachgeordnete Netz), um gegebenenfalls bei den Regelungen beziehungsweise deren Anwendung nachsteuern zu können.

Tempo 30 wird seit einiger Zeit für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierter Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume gesehen. Auf den Punkt gebracht geht es um die stadt- und umweltverträgliche Gestaltung der Mobilität als wesentliche Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Städte. Ein wesentliches Instrument sei hierbei ein stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau auf den Straßen; hierdurch könnten die Sicherheit vor allem für Fußgänger und Radfahrer verbessert und Lärm- und Schadstoffbelastung reduziert werden. Aber auch die städtebauliche Funktion von Straßen und Plätzen, die mehr sind als nur Verkehrsadern für Kraftfahrzeuge, könnten so gestärkt werden.

Kaum Entscheidungsspielraum

Nach Information von Bürgermeister König haben die Städte und Gemeinden bei der Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen nur sehr eingeschränkten Entscheidungsspielraum. An Landes- und Kreisstraßen sind demnach Abweichungen von der Regelgeschwindigkeit 50 km/h nur bei Unfallschwerpunkten oder aus anderen schwerwiegenden Gründen zulässig. Maßnahmen zum Lärmschutz an klassifizierten Maßnahmen bedür-fen der Genehmigung des Regierungspräsidiums, andere Maßnahmen werden im Rahmen der Fachaufsicht überprüft, wobei das RP hier erfahrungsgemäß einen strengen Maßstab anlege. König rückte vor Augen: „So mussten bekanntlich in den letzten Jahren bereits angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkungen in der Friedrichstraße und der Königsteiner Straße teilweise auf Anordnung des Regierungspräsidiums wieder aufgehoben werden. Auch eine (für die Sicherheit vor allem der Radfahrer sinnvolle) Verlängerung der aus Gründen des Lärmschutzes genehmigten Beschränkung in der Oberurseler Straße über die Kreuzung ‚Schöne Aussicht‘ und die Einmündung ‚Am Kirchberg‘ hinaus wurde sei-tens der Aufsichtsbehörde abgelehnt.“

Bereits im Januar 2020 habe der Deutsche Bundestag die Bundesregierung im Rahmen einer Resolution unter anderem aufgefordert, neben der Verkehrssicherheit auch die Ziele Klima- und Umweltschutz, Gesundheitsschutz und Verbesserung der Lebensqualität an geeigneter Stelle in die maßgeblichen gesetzlichen Regelwerke aufzunehmen und umzusetzen, ferner die Innovationsklausel so zu ändern, dass neue Regeln oder Verkehrsmaßnahmen unabhängig von bestehenden Gefahrenlagen getestet werden können. Außerdem solle es Kommunen durch eine Veränderung der gesetzlichen Vorgaben erleichtert werden, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen, und es solle in Modellprojekten untersucht werden, wie es sich auf den Straßenverkehr in Kommunen auswirke, wenn ein generelles Tempolimit von 30 km/h angeordnet und nur auf Hauptverkehrsstraßen Tempo 50 zugelassen werde.

Sieben Ausschussmitglieder votierten dafür, der neuen kommunalen Initiative für stadtverträglicheren Verkehr beizutreten, zwei (KfB) enthielten sich.



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