Goldene Hochzeit im Hause Kreß nach vielen heiteren Stunden

Trauten sich vor 50 Jahren – Anneliese und Wilhelm am Hochzeitstag und in ihrem waldnahen Garten kurz vor ihrer goldenen Hochzeit. Foto: Westenberger

Kronberg (mw) – Anneliese und Wilhelm Kreß kennen sich schon viel länger als ihre heute, den 15. August auf den Tag genauen 50 Ehejahre. Den Bund der Ehe haben sie in ihrer Geburtsstadt Gelsenkirchen am 15. August 1969 standesamtlich, zwei Tage später kirchlich, geschlossen. Begegnet sind sie sich jedoch schon als Kinder. Anneliese wohnte mit ihren Eltern und Großeltern in einem Mehrfamilienhaus, in dem Wilhelm ebenfalls ein- und ausspazierte, weil auch seine Großeltern dort zuhause waren. Im Sandkasten saßen sie zwar nicht zusammen, „aber man kannte sich eben“, erzählten sie. Nachdem die beiden sich ein paar Jahre aus den Augen verloren hatten, wollte es der Zufall, dass sie sich in demselben Hause, bei den Nachbarn eingeladen, wiedertrafen. „Da hat es dann gefunkt“, gestehen sie einmütig. Bereits ein halbes Jahr später hatte Wilhelm Kreß die Ringe dabei, um den Schwiegereltern die frohe Botschaft zu überbringen, dass sie sich verloben wollten. „Womit mein Mann damals nicht gerechnet hatte, war, dass mein Vater ihm diese aus der Hand reißen sollte“, erzählt sie. Dem Vater, den Anneliese Kreß vorsichtig als „etwas autoritär“ beschreibt, sei es ziemlich egal gewesen, dass ihr Fast-Verlobter die Ringe von seinem eigenen verdienten Geld gekauft hatte. „Er gab sie ihm erst wieder zurück, als die Verlobung schließlich zu Ostern im Familienkreis tatsächlich gefeiert wurde“, berichtet sie. Was die Tatkraft des Schwiegervaters betrifft, empfand Wilhelm Kreß ihn durchaus auch als Vorbild, obwohl er ziemlich herrisch sein konnte und seine Tochter trotz Einzelkindstatus in dem Glauben aufwuchs, dass Mädchen nicht so wichtig seien wie Jungen. „Er war ein richtiger Vereinsmeier“, bestätigt Anneliese Kreß, überall habe er „mitgemischt“.

Nach der kirchlichen Hochzeit mit anschließendem Hochzeitsessen fuhr das blutjunge Paar – das Auto bis unters Dach bepackt, der Brautstrauß steckte sozusagen zwischen Koffern und Autodach fest – Richtung Frankfurt los. Es ging geradewegs nach Oberhöchstadt in die Waldsiedlung, der neuen Heimat der Frischvermählten. Die damals 20-jährige Anneliese war und ist bis heute mit ihrem Wilhelm glücklich im Taunus. Ihr 23-jähriger Ehemann, gelernter Anwaltsnotargehilfe, hatte dort schon eine Wohnung für das junge Glück kaufen können. „Ich habe als Kind schon die Natur geliebt“, sagt sie. Doch groß geworden war sie in Gelsenkirchen an einer lauten Straße, in der Nähe einer Zeche, was zusätzlichen Lkw-Verkehr bedeutete. Später kam in nächster Nähe noch eine Autobahn hinzu. „Bis heute liebe ich den nahen Wald hier“, gesteht sie, „als ich hierher kam, hörte ich zum ersten Mal Vögel singen“. Während ihr Mann an seiner Karriere arbeitete – zunächst war er in der Mineralölbranche beschäftigt, später in der Wohnungswirtschaft –, arbeitete seine Frau als Erzieherin. Als schließlich die Kinder, zunächst 1973 Sohn Carsten, zwei Jahre später Tochter Alexandra , auf die Welt kamen, blieb sie zuhause, sollte aber wieder in ihren Beruf einsteigen, als die Kinder in den Kindergarten kamen. „Doch meine Berufstätigkeit im Kindergarten St. Vitus war nur von kurzer Dauer. Es wollte mit den Hausaufgaben bei meinen Kindern einfach nicht so gut klappen“, verrät sie. „Da habe ich mich entschieden zuhause zu bleiben und ihnen zu helfen.“ Ihrem Mann sollte das bis heute zugute kommen: „Meine Frau kocht wirklich sehr gut“, freut er sich. Dass es ihn trotz langer Arbeitstage in jungen Jahren noch zusätzlich in die Kommunalpolitik zieht, störte sie nicht. Vielleicht sind es ähnliche Überzeugungen, die ihnen in ihrer Ehe geholfen haben, dass die heiteren Stunden bis heute überwiegen, überlegen sie. „Oder es liegt daran, dass wir beide Einzelkinder sind“, fügt sie hinzu. Beide hätten sie gelernt, sich gut und gerne alleine zu beschäftigen. Aber auch sonst waren sie sich meistens einig: Das fing schon bei der Inneneinrichtung des Hauses an. Zwar gab es in punkto Schlafzimmertapete einen Fehlkauf – dunkelgrünes Schottenkaro mit Gold – aber selbst hier war sich das Ehepaar Kreß einig: „Diese Tapete kommt wieder runter.“ Während Wilhelm Kreß große Freude daran fand, als SPD-Fraktionsvorsitzender (16 Jahre) an der Entwicklung der Stadt Kronberg mitzuwirken, suchte sich seine Frau in der katholischen Pfarrgemeinde St. Vitus (zwölf Jahre lang als Vorsitzende) ihre Aufgaben und trat dort und in der Sängervereinigung 1861 Oberhöchstadt in den Chor ein – bis heute singt sie leidenschaftlich gerne. „Die Wochenenden habe ich mir aber immer für die Familie freigehalten“, betont Kreß. Das dürfte allerdings vor seiner Zeit als Kronberger Rathauschef (1990 - 2008) gewesen sein. Aber in seinen Jahren als Kronberger Bürgermeister waren die Kinder ja schon groß, fügt seine Frau hinzu. Nach seiner Pensionierung hatte Wilhelm Kreß gesundheitlich Einiges einzustecken und muss nach insgesamt drei Herzinfarkten – den ersten erlebte er bereits schon in seiner Amtszeit – heute kürzer treten. Dennoch blieb auch er aktiv und wurde vor bald neun Jahren Vorsitzender im Förderverein der ökumenischen Diakoniestation.

Inzwischen sind die beiden mit zwei Enkelkindern längst schon stolze Großeltern. Zum Bedauern beider wohnt die Tochter mit den Enkeln und ihrem Mann jedoch in Bonn und somit nicht um die Ecke.

Zusammenhalten – auch mal durchhalten und verzeihen können, das sind die Stichworte, die während des Gesprächs über ihre Ehe mehrmals fallen. Vielleicht habe man damals, als sie jung waren, in der Gesellschaft noch mehr auf Beständigkeit gesetzt. Und dann nehmen sie sich, ganz dezent, aber liebevoll für das Foto zur Goldenen Hochzeit an die Hand und schauen sich lächelnd an. „Vielleicht war damals Zusammenhalten noch üblich“, sagt Wilhelm Kreß, „aber eigentlich waren wir in unserer Ehe meistens auf der Höhe“, freut er sich. Und wenn es dann doch mal ein Gewitter gab, war das bereits einige Stunden später wieder vergessen. Dass sie das eine oder andere Hobby nicht teilen – sie hat viele Jahre lang aus Naturmaterialien Weihnachtsbaumschmuck gestaltet und auf dem Weihnachtsmarkt verkauft, er spielte gerne Skat, – bedeutet nicht, dass sie nicht gerne Dinge zusammen unternehmen. Beispielsweise fahren sie bis heute öfters in ihr Wochenendhäuschen in den Odenwald. „Hier wohnen wir in der ,grünen Hölle‘, dort liebe ich den weiten Blick in die Landschaft“, verrät sie. Und doch muss im Hause Kreß nicht an jeder Stelle ein Kompromiss gelebt werden: „Ja, wir haben tatsächlich zwei Fernseher“, gestehen sie lachend. Unterm Dach gibt es die Hausbibliothek und den sogenannten „Sportfernsehraum“ und wenn es sich Wilhelm Kreß dort gemütlich macht, kann es gut sein, dass Anneliese Kreß lieber unten bleibt, um einen guten Krimi zu sehen. „Dabei war ihr Großvater väterlicherseits Gründungsmitglied bei Schalke 04“, berichtet Kreß. Das Fußballgen habe dennoch erbliche Spuren hinterlassen, wenn auch nicht bei ihr: „Unser Enkel spielt richtig gut Fußball“, erzählen sie stolz und sein Lieblingsspruch im Kindergartenalter hat es ihnen auch angetan: „Wenn ich groß bin, werde ich Neuer!“

Umso mehr freuen sie sich auf den kommenden Sonntag, wenn sich die Familie bei der Sonntagsmesse in St. Vitus trifft, anschließend beim kleinen Empfang im Gemeindesaal und danach beim Familienfest im Haus Altkönig.



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