Leserbrief

Unser Leser Dr. Henning Schrader, Merianstraße, Kronberg, schreibt zum Thema Glasfaserkabel Folgendes:
Die Anpreisung lautet: Dem Glasfaseranschluss gehört die Zukunft. Wie alle Marktschreierei: massenpsychologisch berechnet. Welche Zukunft ist gemeint ? Wann kommt sie? Kommt sie angesichts der heutigen aktuellen Probleme überhaupt? Und was zwingt gegenwärtig, jegliche technische Neuerung sofort mitzumachen? Der Vergleich zum Ausland hinkt oft erheblich. Am Beispiel Spanien: Dort sind ca 80 Prozent aller Haushalte mit Glasfaser versorgt. Aber man vergisst bei dem Vergleich, dass ca. 25 Prozent aller Spanier in Madrid und Barcelona leben, wo das schnelle Internet wirtschaftlich geboten schien, das Land im Übrigen nicht annähernd so zersiedelt ist wie Deutschland und auf dem Lande eine Erstverlegung von Kabeln stattfindet – natürlich jetzt modern. Dazu kommen allerdings noch Wettbewerbsfragen und Bürokratismus in Deutschland, die aber nicht dem Bürger als hinterwäldlerisch anzulasten sind.

Richtig ist, dass das Glasfaserkabel angesichts seiner andersartigen Technik die Impulse sehr viel schneller transportiert als das bei uns seit Jahrzehnten flächendeckend liegende Kupferkabel, vielleicht auch weniger störanfällig ist. Aber schon die Anbindung über das TV-Kabel kommt dem Glasfaser-Anschluss ziemlich nahe und übersteigt den üblichen Bedarf des Bürgers bei weitem. Es heißt allgemein, dass 95 Prozent aller Haushalte mit der Leistung des Kupferkabels vollauf gedient ist. Wenn in Kronberg schon 15 Prozent der Haushalte bereit sind, sich vertraglich zu einem Glasfaseranschluss zu binden, so liegt dies bereits über dem Durchschnitt. Benötigt wird die verstärkte Leistung alleine von stark kommunizierenden Firmen, u. U. bei sehr aktivem Homeoffice und allenfalls süchtigen Surfern.

In meiner Anwaltskanzlei jedenfalls reicht mir der herkömmliche Anschluss trotz der Notwendigkeit, mit den Gerichten über ein kompliziertes Telekommunikationssystem zu korrespondieren, vollkommen.

Was – wie bei aller Anpreisung – etwas untergeht, sind die Kosten und Probleme. Wer sich für den Anschluss entscheidet, bindet sich vertraglich gegenüber einem Anbieter. „Kostenlos“ ist nur das Kabel bis zum Haus beziehungsweise Gartentor. Den Rest zahlt der Besteller. Der Anschluss kostet dann zusätzlich laut Internet gegenwärtig jeden Nutzer bis zu 100 Euro monatlich. Durch die starre Bindung an den einen Anbieter hat dieser aber die Preisgestaltung in der Hand.

Besonders schwierig wird es bei Mietobjekten und Eigentumswohnungen. Der Mieter bestellt, nicht der Eigentümer. Hier kommt es auf den Mietvertrag an. Und wenn nicht alle Mieter den Anschluss wünschen, aber erhebliche bauliche Maßnahmen anstehen, die Anschlüsse im Haus zu verlegen, muss der Vermieter keinesfalls mitmachen.

Im neuen Wohnungseigentumsrecht ist zwar ein Anspruch jedes Miteigentümers gegenüber der Gemeinschaft auf „Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität“ vorgesehen ( § 20 WEG). Dieser Anspruch wird aber durch das Gesetz selber solchermaßen aufgeweicht, dass er nicht wirklich durchsetzbar ist. Wenn z.B. erhebliche Eingriffe in die Rechte der nicht interessierten Miteigentümer notwendig sind, weil anders die technische Umsetzung nicht möglich ist, oder teure Baumaßnahmen – z.B. wegen des Brandschutzes, wegen fehlender Kabelschächte notwendig werden, unterbleibt der Anschluss. Hier sollte jeder anschlusswillige Eigentümer jedenfalls zuvor absolute Klarheit in einer Eigentümerversammlung herbeiführen, ehe er sich persönlich vertraglich bindet. Die Drohung, später könne das Verlegen der Kabel sehr teuer werden, ist nicht ernst zu nehmen. Sollte das Glasfaserkabel technischer Standard werden ( „ ... gehört die Zukunft“), wird man wegen der Kosten schon eine gemeinverträgliche Lösung finden, wie es auch bei dem Telefonnetz war.



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