Wegen „besonderer Umstände“ zweite Verlängerung der Veränderungssperre

Kronberg (pu) – Was noch im März ausgeschlossen schien, weshalb kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode noch kurzfristig Sondertermine für Sitzungen von Bauausschuss und Parlament anberaumt wurden, um die Einhaltung des absehbar knapp gewordenen Zeitplans bis zum Fristablauf sicherstellen zu können, kommt nunmehr doch zum tragen. Die Rede ist von der zweiten Verlängerung der Veränderungssperre der seit dem 20. Juli 2018 rechtskräftigen Satzung für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 155 „Bleichstraße – Bahnhofstraße“ Gemarkung Kronberg, Teile der Flur 8, 17 und 19, gemäß § 17 Absatz 2 BauGB bis einschließlich 22. Dezember 2021.

Diesen Schritt hat zumindest der Magistrat der Stadt Kronberg per Stadtverordnetenvorlage den städtischen Gremien zur Beratung und Absegnung durch das Parlament vorgeschlagen. Damit wird ein weiteres bemerkenswertes Kapitel zum in den letzten Monaten emotional diskutierten Entwurf des Bebauungsplanes aufgeschlagen, denn dieser Weg ist ausschließlich rechtssicher aufgrund der besonderen Umstände durch die Covid-19-Pandemie möglich.

Kurze Rückblende: Mit dem Ziel vor Augen, unter anderem nach dem Besitzerwechsel beim Grundstück des früheren „Kronberger Hofs“ die beginnende Nachverdichtung des Areals „Bleichstraße – Bahnhofstraße“ einer geordneten städtebauliche Entwicklung zuzuführen, beschloss die Stadtverordnetenversammlung am 14. Juni 2018 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 155 „Bleichstraße – Bahnhofstraße“ im regulären Verfahren gemäß § 2 BauGB. Parallel wurde eine Veränderungssperre verhängt, die gemäß Stadtverordnetenbeschluss vom 25. Juni 2020 um ein weiteres Jahr verlängert wurde und am 19. Juli 2021 ausläuft. Explizit handelt es sich um das an der Nahtstelle zwischen Innenstadt, Berliner Platz und dem städtebaulichen Entwicklungsgebiet „Quartier am Bahnhof“ befindliche circa 2,8 Hektar große Areal zwischen Bleichstraße, Schwarzem Weg sowie unterer und oberer Bahnhofstraße, Gemarkung Kronberg, Teile der Flure 8, 17 und 19.

Abwägungsprozess zeitraubend

Der Bebauungsplan befindet sich derzeit noch im Aufstellungsverfahren. Dieses wird nach den Worten von Erstem Stadtrat Robert Siedler (parteilos) nach der im März beschlossenen Offenlage zur Beteiligung der Öffentlichkeit, Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange und der daraus resultierenden Abwägungen noch wenige Monate in Anspruch nehmen, sodass die Rechtskraft vor Auslauf der ersten Verlängerung der Veränderungssperre am 19. Juli nicht erlangt werden könne. Dies habe zur Folge, dass Bauvorhaben bis zur Rechtskraft des Bebauungsplanes nach § 34 BauGB beurteilt werden müssten. Nach dem nunmehr aufgezeigten Ausweg, „um auf Nummer sicher zu gehen“, kann die Gemeinde gemäß § 17 Absatz 2 BauGB, so erläuterte der Baudezernent, „wenn es besondere Umstände erfordern, die Frist der Veränderungssperre nochmals bis um ein weiteres Jahr verlängern.“ Aufgrund der Covid-Pandemie seien die geltenden Anforderungen an „besondere Umstände“ im Sinne von § 17 Absatz 2 BauGB gegeben. Diese Ausführungen quittierte der FDP-Stadtverordnete Walther Kiep mit seiner zum Ausdruck gebrachten „zutiefsten Irritation“ vor dem Hintergrund, dass Siedler im Februar eine neuerliche Verlängerung der Veränderungssperre aus triftigem Grund als theoretisch möglich bezeichnete, jedoch noch erklärte, die Covid-19-Pandemie erfülle diese Kriterien nicht.

Knapp fünf Monate später hatte der Baudezernent demgegenüber den Mitgliedern des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt versichert, nach nochmaliger Prüfung seien die „besonderen Rahmenbedingungen rechtlich darstellbar.“

Gründe

Nach seinen Worten haben zu erheblichen Schwierigkeiten und unvermeidbaren Verzögerungen im Verfahrensablauf mitunter die pandemiebedingten organisatorischen Umstellungen in der Kommune, bei den Fachplanern und bei den beteiligten Behörden geführt, wodurch zudem die internen sowie externen Austausch- und Entscheidungsprozesse stark beeinträchtigt worden seien. Dialog und Interaktion mit Stadtplanern, Fachgutachtern und den Behörden sowie Trägern öffentlicher Belange hätten nur noch unter erschwerten Bedingungen stattfinden können. In diesem Zusammenhang unterstrich Siedler nochmals, die Beurteilung über diese Angelegenheit sei insgesamt deshalb so schwierig, weil über eine „bestehende Destinationsfläche ein Bebauungsplan gezogen werden muss“. „Unter den genannten Umständen ist es nicht möglich gewesen, die geplante Zeitschiene mit der Rechtskraft im Juli 2021 zu halten. Es ist davon auszugehen, dass der Satzungsbeschluss noch im laufenden Jahr 2021 herbeigeführt werden kann, daher wird empfohlen, die Veränderungssperre zum 22. Dezember 2021 auslaufen zu lassen.

Der Lösungsweg

Ein Mix aus Kompromiss verknüpft mit aus den Reihen der Fraktionen auf den Tisch gelegten Änderungsvorgaben war im März letztendlich der nach zähem Ringen gefundene Lösungsweg zur mehrheitlich getragenen Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung zur Offenlage des Entwurfs des Bebauungsplanes Nr. 155 „Bleichstraße-Bahnhofstraße“ gewesen. Für die auf diese Weise geänderte Magistratsvorlage gaben 19 Abgeordnete von CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und Unabhängiger Bürgergemeinschaft (UBG) grünes Licht, während vor allem die FDP und die Parlamentarier der Wählergemeinschaft „Kronberg für die Bürger“ (KfB) mit „Nein“ (in der Summe 12) stimmten. Beim gewählten Ausweg aus einer verzwickten Lage folgte die Parlamentsmehrheit im Endeffekt mit Abstrichen teils der Magistratsempfehlung und teils dem Stadtplanungsamt mit Erstem Stadtrat Robert Siedler (parteilos) an der Spitze. Wie bereits mehrfach berichtet, wichen die Meinungen des Magistrats, der verantwortlich für die Stadtverordnetenvorlage zeichnete, in Bezug auf die Folgen möglicher Festsetzungen für eine künftige Bebauung von der Siedlers und des Stadtplanungsamts ab. Hauptsächlicher Streitpunkt waren die Höhen der künftigen Gebäude.

Auf den Punkt gebracht überwog letztendlich einerseits das Grundstück des ehemaligen Kronberger Hofs betreffend die vom Magistrat vertretene Auffassung, beim vordersten der insgesamt drei geplanten Gebäude zwecks homogenerer Einfügung in das umliegende Gebiet ein Stockwerk weniger zulassen zu wollen. Andererseits setzten sich für den Bereich der Bahnhofstraße gegenüber dem Hotel die Fürsprecher für die Errichtung eines möglichen zusätzlichen Geschosses durch. Trotz der Kritik vonseiten der Liberalen dürfte der zweiten Verlängerung der Veränderungssperre durch Parlamentsbeschluss nichts entgegenstehen, nachdem der Bauausschuss sich dennoch einstimmig dafür aussprach.



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