Leserbrief

Unsere Leserin Ursula Uhde, Birkenweg, Kronberg-Oberhöchstadt, schreibt zu der Titelgeschichte vom 4. Juni „Was wir hier in zehn Tagen gelernt haben, bringt uns in zehn Management-Seminaren keiner bei!“ Folgendes: Kameradschaft lernen: kommt zur Bundeswehr! Rücksicht auf Schwächere nehmen: lernt man bei der Luftwaffe! Klare Hierarchie: gibt es bei der Bundeswehr! Kameradschaftliche Abende, an denen man spannenden Erzählungen aus Afghanistan oder Mali lauschen kann: bei der Luftwaffe!

Respektvolles Miteinander: bei der Bundeswehr! Hohe Wertschätzung des anderen: bei der Luftwaffe! Etc. etc. Bei dem flammenden Plädoyer der 34-jährigen Pascalina Cropp, die 10 Tage ihr ziviles Kostüm gegen die Uniform eines Oberstleutnants der Reserve vertauschte, tauchen die Worte Tod oder töten kein einziges Mal auf, obwohl der Kronberger Bote ihr fast zwei Seiten, die Titelgeschichte, einräumt. Offenbar schließt sich die Zeitung vollinhaltlich ihren euphorischen Schilderungen über coole Herausforderungen und das tolle Wir-Gefühl bei der Luftwaffe an, und auch ihrem Appell, der Bundeswehr und ihren Soldaten doch bitte Anerkennung und Unterstützung zu zollen. Eine so wortlose Übernahme seitens des Kronberger Boten empört mich. Pascalina Cropp darf erleben und schildern, was sie will – aber selbst von einer Zeitung wie dem Kronberger Boten erwarte ich ein Quäntchen kritischen Journalismus, indem ein subjektiver (gut zu lesender) Bericht über eine ja durchaus umstrittene Institution wie die Bundeswehr (und deren momentan sehr großen Probleme) mit dem einen oder anderen Satz kommentierend – kritisch begleitet würde.

Anmerkg. der Red.: Die Rolle der Bundeswehr und eine allumfassende, kritische Auseinandersetzung mit der staatlichen Institution Bundeswehr war nicht Zielrichtung des Leitartikels. Der Fokus lag vielmehr auf den Erlebnissen einer Kronbergerin, die bei der Bundeswehr hinter die Kulissen schauen durfte und ihre persönlichen Eindrücke schildert. Dass Landesverteidigung auch Gewalt an der Waffe und Krieg bedeuten, dürfte hinreichend bekannt sein ebenso wie die kritische Auseinandersetzung der Öffentlichkeit mit der Bundeswehr, ihrer inneren Führung und ihrem Wertesystem im Wandel der Zeiten.



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