EKHN: Männer und Frauen seit 50 Jahren gleichgestellt

Oberursel (ow). Heute ist es bei den Protestanten ganz normal: Pfarrerinnen stehen auf der Kanzel und predigen, genau wie ihre männlichen Kollegen. Und Pfarrer können Elternzeit in Anspruch nehmen und sich um den Nachwuchs kümmern, genau wie eine frischgebackene Mutter. Vor 100 Jahren konnten sich das nur sehr wenige Menschen vorstellen. Es waren mutige Schritte nötig, bis die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ein Gesetz verabschiedete, dass die völlige rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern im Pfarrdienst regelte.

In Oberursel und Umgebung gibt es heute gleich viele Männer und Frauen auf der Kanzel. Noch vor einem halben Jahrhundert sah aber auch hier die Welt ganz anders aus. Deshalb war es ein Meilenstein in der Geschichte der EKHN, als 1971 erstmals gleiche Rechte für alle Menschen im Pfarramt Geltung hatten. Und es war ein Meilenstein für die ganze Bundesrepublik Deutschland. Erstmals wurden in einem Beamtenrecht Frauen und Männer bei allen Rechten und Pflichten gleich behandelt. Das hieß, Frauen wie Männer konnten sich bei familiären Verpflichtungen beurlauben lassen oder eine Stelle in Teilzeit übernehmen.

Mit der Publikation einer kleinen, aber informativen und inspirierenden Ausstellung würdigt die EKHN diese Ereignisse. Zu sehen ist sie im Rahmen der „Offenen Kirche“ vom 27. Februar bis zum 14. März in der Kreuzkirche im Goldackerweg. Unter anderem enthält sie 14 Roll-Ups, auf denen die Geschichte nachgezeichnet wird. Viele Ehren- und Hauptamtliche mussten für die Erarbeitung und den Beschluss des Gesetzes mutig sein. Sie mussten sich von vertrauten Vorstellungen lösen, theologische Traditionen und alltägliche Konventionen hinterfragen.

Die Gültigkeit des Grundgesetzartikels 3 – „Männer und Frauen sind gleich“ – musste in der Gesellschaft, aber auch in der Kirche in allen Bereichen erst durchgesetzt werden. Über Jahrzehnte hinweg bezweifelten viele Männer und auch recht viele Frauen, dass es eine Gleichwertigkeit der Geschlechter gibt und dass Gleichheit in allen Belangen möglich ist. Frauen mussten sich daher mühsam den Zugang zu Bildung und Berufen erarbeiten.

In der Kreuzkirche ist außerdem ein Videoclip zu sehen, der einen schnellen Zugang zur Thematik ermöglicht. Schließlich können insbesondere Kinder und Jugendliche sich interaktiv mit „mutigen Schritten starker Frauen“ auseinandersetzen und staunen, wie viele Beispiele es dafür in der jüngeren Geschichte gibt. Mit Sicherheit findet sich die eine oder andere Betrachterin, die in ihrem Leben mutig auftritt, starke Leistungen erbringt und sich dafür heute schon inspirieren lassen kann.

Alle gewählten Präsentationsformen zeichnen auf eigene Weise den Weg nach von der Zulassung von Frauen zum Theologiestudium Anfang des 20. Jahrhunderts über die Verabschiedung des gleichen Dienstrechts bis hin zu den Auswirkungen auf die heutige Rolle von Frauen in der EKHN.

Passend dazu feiert die Kreuzkirchengemeinde an den kommenden drei Sonntagen Gottesdienste zum Thema „Mutige Schritte starker Frauen“. Am 28. Februar steht Esther im Mittelpunkt, eine persische Königen, der im Alten Testament ein ganzes biblisches Buch gewidmet ist. Ihr mutiges Handeln verhindert den Untergang ihres Volkes. Sie redet, obwohl sie als Frau nichts zu sagen hat, und kann auf diese Weise Unheil abwenden. In welcher Weise Frauen und Männer auch heute aufgefordert sind, mutig zu sein und zu reden, auch wenn andere behaupten, dass sie nichts zu sagen hätten, das zeichnet der Gottesdienst nach, der um 10.30 Uhr beginnt und vorbereitet wurde von einem starken und mutigen Team, bestehend aus Claudia Heidemann, Carola Borrmann und Pfarrer Ingo Schütz. Die Gottesdienste an den folgenden Sonntagen widmen sich Maria Magdalena aus dem Neuen Testament und Maria Prean, einer starken und mutigen Frau der Gegenwart.

Die Kreuzkirche ist montags und mittwochs von 9 bis 17 Uhr, an den anderen Werktagen von 9 bis 13 Uhr, samstags von 17 bis 19 Uhr geöffnet, wobei die Besucher um 18 Uhr zu einer musikalischen Passionsandacht eingeladen sind. Am Sonntag ist die Kirche rund um den Gottesdienst von 10 bis 13 Uhr offen.



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