Zum Finale eine Mazurka von Chopin für „die liebe Ilse“

Bürgermeister Hans-Georg Brum (links) und Rolf Kohlrausch nehmen Ilse Schwarz-Schiller nach der Verleihung der Plakette in ihre Mitte. Foto: bg

Oberursel (ow). Die diesjährige Chopiniade wird unvergesslich bleiben. Am 1. März wurde der berühmte Fryderyk Chopin geboren, und seit mehr als 30 Jahren erklingt in Oberursel zu seinem Gedächtnis in der ersten Märzwoche seine unsterbliche Musik – dank Ilse Schwarz-Schiller. Sie war die Seele und die bewegende Kraft der Chopin-Gesellschaft Taunus. 1985 hat die Klavierpädagogin die Gesellschaft gegründet und war von Anfang an als energiegeladene Präsidentin im Einsatz, seit einigen Jahren als Ehrenpräsidentin.

Nach 34 Jahren, die in der Rückschau wie im Flug vergangen sind, war jetzt die Zeit des Abschieds gekommen. Zu ihrem Abschied hatte sie noch einmal alle Kräfte mobilisiert und ein hochkarätiges Konzert mit dem weltweit renommierten Pianisten Kevin Kenner auf die Beine gestellt, dessen Aufstieg und Karriere sie seit vielen Jahren verfolgt und begleitet hat. Der Abend begann sehr emotional. Diese Chopiniade war eben nicht nur das übliche Klavierkonzert zu Ehren des großartigen polnischen Komponisten und Pianisten, sondern Ilse Schwarz Schillers ganz persönliches Finale. Vor dem musikalischen Beginn eilten Gratulanten auf die Bühne.

Den schier unglaublichen Einsatz der Ehrenpräsidentin würdigte Bürgermeister Hans-Georg Brum mit einer sehr persönlichen Laudatio. Danach bedankte sich die Erste Kreisbeigeordnete Katrin Hechler bei Ilse Schwarz-Schiller für die vielen Jahre, in denen sie für ihre Sache, die Musik, die Chopin-Gesellschaft gekämpft habe, und überreichte ihr die Ehrenplakette des Hochtaunuskreises. Zum letzten Mal begrüßte Ilse Schwarz-Schiller die Konzertbesucher, darunter den Schirmherrn der Veranstaltung, den Botschafter der Republik Polen Dr. Andrzej Przylebski, viele Ehrengäste und Wegbegleiter aus Kultur, Wirtschaft und Politik sowie Sponsoren und Förderer. Dann betrat der renommierte Kevin Kenner die Bühne und bedankte sich bei der „lieben Ilse“ für die Einladung.

Kenner kennt und mag Oberursel

Er gastiere bereits zum vierten Mal hier und fühle sich in Oberursel immer sehr wohl, erklärte er dem staunenden Publikum. Er sprach deutsch, denn während seiner Studienjahre lebte er einige Zeit in Europa, unter anderem in Hannover, wo er seine Ausbildung bei Karl-Heinz Kämmerling beendete. Heute hat er seinen Wohnsitz wieder im heimatlichen Florida. Der hochdekorierte Pianist, der mehrere große internationale Wettbewerbe gewinnen konnte, darunter den bedeutenden Internationalen Chopin-Klavierwettbewerb in Warschau, konzertiert als Solist mit Weltklasse-Orchestern wie dem Hallé Orchestra, dem BBC Symphony Orchestra und den Berliner Sinfonikern.

Der erste Teil des Abends stand im Zeichen von Fryderyk Chopin. Die Programmauswahl bot einen Streifzug durch vier repräsentative Gattungen im Werk des polnischen Komponisten. Gleich zu Beginn erklang die Polonaise fis-moll op.44, gefolgt von dem Walzer As-Dur op. 42, und dann die wunderbaren Mazurken, die unter den Händen von Kevin Kenner zu einem Gesamtkunstwerk verschmolzen. Seine ganz eigenen Akzente setzte der so sensibel wie virtuos aufspielende Künstler bei der Mazurka f-moll op. 68/4, die er als Einführung in die Ballade Nr 4 f-moll op. 52 nutzte. Den zarten Tönen, mit denen diese Ballade beginnt, folgten wechselnde Episoden bis zum dramatischen, wirbelnden Ende, das Kevin Kenner kraftvoll und meisterlich darbot. Obwohl die Konzertbesucher schon stehend Beifall klatschten, war damit der Höhepunkt des Abends noch lange nicht erreicht.

Stehende Ovationen und noch mehr

Nach der Pause widmete sich der sympathische Künstler dem polnischen Komponisten Ignacy Jan Paderewski. Eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die auf vielen Feldern Großes vollbracht hat. 1860 geboren, brillierte er, ähnlich wie Chopin, schon in jungen Jahren als Ausnahmepianist und Komponist. Neben seinem Leben als Musiker war er Patriot, Freiheitskämpfer und Politiker, der sich für sein Vaterland verdient gemacht hat. Nach dem Ersten Weltkrieg, als Polen als Staat nicht zuletzt durch seinen Einsatz wiedergegründet wurde, übernahm er das Amt des Ministerpräsidenten.

Kevin Kenner stellte von dem bedeutendem Komponisten das Nocturne B-Dur op. 16/4, das Stück Cracovienne fantastique op. 14/6 und die Sonate für Klavier es-moll op.21 vor. Mit seinen auftrumpfenden, virtuosen Interpretationen der Kompositionen von Paderewski schickte er das Publikum in ein Wechselbad der Gefühle. Besonders die feurige, aus drei Sätzen bestehende Sonate mit ihren rasanten Tonfolgen, bei denen seine Finger in atemberaubender Geschwindigkeit über die Tasten flogen, ergriff alle im Saal.

Nach einem langen, bewegenden Konzert setzte begeisterter Beifall für den großartigen Kevin Kenner ein. Es gab stehende Ovationen, der Pianist bedankte sich mit einer Zugabe und spielte für „die liebe Ilse“ noch eine Mazurka von ihrem Hausheiligen Fryderyk Chopin.

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