„Hammering Woman“ mahnt in der Allee zur Abrüstung

Im „Orscheler Sommer“ hat die „Hammering Woman“, die hämmernde Frau, an mehreren Stationen im Urselbach zwischen Hohemark und Bleiche Station gemacht, stets angetrieben von einem eingebauten Wasserrad. Für den Friedesaktivisten Robert Kommraus steht sie symbolisch für die stetige Mahnung, dass Schwerter zu Pflugscharen werden sollen. Foto: js

Oberursel (js). Es sind noch Grabsteine frei zum Beschriften auf dem Friedhof der möglichen Kriegsursachen. Neben Hass, Neid, Missgunst, Gier, Machtmissbrauch und vielen anderen. Schwarze Platten, eine wie die andere wie so oft auf Soldatenfriedhöfen. Im Park der Adenauerallee wird der „Orscheler Sommer“ politisch. Der Kunstgriff-Vorsitzende Dirk Müller-Kästner ruft zum Mitmachen bei der symbolischen Aktion auf. „Wenn wir den voll haben, wenn alle Kriegsursachen beerdigt sind, dann haben wir es geschafft.“ Mit einer kleinen Gedenk- und Kulturveranstaltung wurde die „2. Oberurseler Friedensmeile“ am Antikriegstag eröffnet – als Ersatz für das eigentlich geplante und angekündigte Friedensfest zum Abschluss der sommerlichen Kulturreihe.

Zu groß wäre der Aufwand gewesen, den Park am Kriegerdenkmal und an der an Ostern frisch gepflanzten Friedenslinde in einen coronakonformen Veranstaltungsort zu verwandeln. Es ist ein Ort geworden, der auffällt, der zehn Tage lang zum Hingucken auffordert. Immer wieder bleiben Menschen an dieser zentralen Achse stehen, werden aufmerksam auf das, was das Friedensbündnis da als Ort der Erinnerung und Mahnung aufgebaut hat. Eine analoge interaktive Collage, in der Passanten eine kleine Spur, eine Notiz, ein Zeichen hinterlassen können. „Menschen machen Frieden, macht mit“, spricht Lucia Zenker zu den Anwesenden. Sie ist gebürtige Russin, in Oberursel gehört sie dem Vorstand des Städtepartnerschaftsvereins (VFOS) an.

Er steht thematisch im Mittelpunkt der „Friedensmeile 2“, der 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die damalige Sowjetunion. Die trockene Bilanz der Toten führt 27 Millionen Opfer des folgenden Kriegs in Russland auf, 6,3 Millionen in Deutschland. Ungezählt diejenigen, die noch heute an den Folgen leiden, die Generation der Kinder und Enkel, die mit einem Trauma aufgewachsen sind, weil die Väter es mitbrachten und nie wieder loswurden. Antje Runge von der Peace AG, wie sie das Friedensbündnis auch nennen, hat so eine Geschichte eines Oberurselers mitgebracht und vorgelesen. Es war still im mit blau-weißem Flatterband abgesperrten Geviert, auch die Geräusche drumherum von Straße und Fußweg waren plötzlich verschluckt. Verzeihen, erinnern, gemeinsam erinnern, es ist die Aufgabe auch noch nach 80 Jahren. Für ein partnerschaftlich gelebtes Europa warb der VFOS-Vorstand, vertreten durch seinen Vorsitzenden Helmut Egler. „Völkerverständigung und Partnerschaften sind der Kitt Europas, die Kommunen haben Grenzen und Schlagbäume überwunden, es geht um ein partnerschaftlich gelebtes Europa, ein europäisches Wir-Gefühl.“

Begehbare Wege zum Frieden sind gleich mehrere angelegt auf der Friedensmeile. Rüstungsausgaben, symbolisiert durch einen großen Sandhaufen, im vergangenen Jahr waren es in Deutschland 52,8 Milliarden Dollar, können umverteilt werden, gesammelt und bunt geschrieben auf einem großen Transparent werden Übersetzungen für das Wort Frieden in allen Sprachen. Ziel und Mittelpunkt ist die Kernbotschaft im Zentrum der Meile, drei riesige Buchstaben, das russische Wort für Frieden. Und ewig arbeitet die aus rostigem Eisen zusammengeschweißte und -geschraubte „Hammering Woman“, die der Oberurseler Friedensaktivist Robert Kommraus geschaffen hat. „Schwerter zu Pflugscharen“ lautet die Mahnung, eine ewige Mahnung zur Abrüstung.

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