„Mit Impfstoff und Kerb hat Corona keine Chance mehr“

Mit vereinten Kräften und der Hilfe von Scherenstangen schaffen es die Orscheler Kerbeborschen und Kerbemädels, den 18 Meter hohen Kerbbaum samt Schlumpel und Flamingo aufzurichten. Foto: fch

Oberursel (fch). „In Orschel wird immer gefeiert, in Orschel ist immer was los“, freute sich eine Besucherin beim Blick auf das muntere Treiben auf dem Festplatz auf der Bleiche. Vier Tage lang feierten Orscheler und Besucher aus nah und fern wieder ihre traditionsreiche Taunuskerb.

Zum zweiten Mal nach 2019 fand nach einem Jahr Corona-Zwangspause die Kirchweih erneut auf dem Festplatz Bleiche statt. Festzelt, Fahr- und Belustigungsgeschäfte sowie zahlreiche Stände sorgten für Kurzweil und beste Unterhaltung der Besucher aller Generationen. Veranstalter der Taunuskerb sind der 2018 gegründete Verein zur Förderung des Brauchtums in Oberursel (FBO) und die Stadt.

Besucher schätzen den Programm-Mix aus Tradition, Party und Rummelplatz. Los ging die Taunuskerb am Freitag mit dem Start der Fahr- und Vergnügungsgeschäfte. In mehreren Kinderkarussells und Autoscootern drehten die jungen Kerbbesucher ihre Runden. Adrenalinjunkies kamen beim 17 Meter tiefen freien Fall im Fahrgeschäft „Drop-Zone“ auf ihre Kosten. Wer es ruhige mochte, der stürzte sich ins Abenteuer Bogenschießen oder probierte beim Dosenwerfen seine Treffsicherheit.

Abends fand im Festzelt die offizielle Eröffnung mit dem Fassbieranstich durch Stadtverordnetenvorsteher Lothar Köhler und Vereinsvertretern statt. Vorgestellt wurde mit Katharina „Katha“ Imfeld das Kerbemädel 2021. In den Taunus nach Oberursel verschlagen hat es die junge Frau aus Mackenbach im Landkreis Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz bereits 2018. Ihre Liebe zu einem der Orscheler Kerbeborschen brachte sie in Kontakt mit dem FBO.

Abgefeiert und getanzt wurde anschließend zur Live-Musik der Partyband die „Äppel-Quetscher“. Die 27 Aktiven aus den Reihen der 40 Orscheler Kerbeborsche und Kerbemädels trafen sich nach einer kurzen Nacht am Samstag pünktlich um zwölf Uhr mittags zum Beginn des Kerbeumzugs wieder. Angeführt von den Trommlern und Trompetern aus den Reihen der 19 Musiker der Brassband des Karnevalvereins Frohsinn Oberursel zog der Kerbumzug durch die Innenstadt. Bürgermeisterin Antje Runge ließ sich im Oldtimer-Chrysler, Baujahr 1929, von Jochen Schramm durch die Stadt kutschieren. An die Fersen der brandneuen Rathauschefin geheftet hatten sich die Orscheler Kerbeborschen und -mädels. Sie ließen zum Motto „Ja, ja, ja, wird’s lustig, sind wir da“, Bonbons auf die Schaulustigen entlang der Strecke regnen.

Kerbewagen und Kerbebaum sowie vier Oldtimer-Traktoren bauten zugleich symbolisch eine Brücke von heute in die Vergangenheit der traditionsreichen Kerb. Mit bunten Bändern in den Stadtfarben Rot, Weiß und Blau geschmückt, präsentierte sich die 18 Meter hohe Fichte aus dem Stadtwald den Bürgern als Kerbebaum. Unterhalb der Krone hat in ihren Ästen die Kerbelies, genannt „Schlumpel“, ihren Sitz. Und etwas weiter unten thront in einem Kranz ein rosa Flamingo. „Das ist unser dritter Flamingo. Den ersten rosa Plastikflamingo haben wir vor vier Jahren beim Umzug von der Firma Präsente geschenkt bekommen. Seither ist ein Flamingo auf der Kerb dabei“, informiert Kerbeborsch Florian Steden.

Nehmerqualitäten wies die von den Kerbemädels kreierte Schlumpel beim Aufstellen des Kerbebaumes auf dem Festplatz auf. Immer wieder landeten die von den Kerbeborschen zur Aufstellung des Baumes genutzten Scherenstangen in ihrem Gesicht. Mit vereinten Kräften schafften es die Orscheler Kerbeborschen nach mehreren Versuchen mit Ausschlägen in verschiedene Richtungen unter den Augen zahlreicher Schaulustiger den Kerbebaum samt Schlumpel und Flamingo aufzurichten. Fachkundig moderiert wurde das kräftezehrende Unterfangen von Julia Maass, dem Orscheler Kerbemädel 2003.

Danach stand die Segnung der Kerbefahne durch Pfarrer Andreas Unfried von der katholischen Gemeinde St. Ursula an. Mit drei Gläsern Äppler segnete der katholische Geistliche die von Lorena Zilles und Ina Kaltenbach gehaltene Kerbefahne. Mitten in der traurig-grauen Coronawelt befindet sich die bunte Orscheler Kerb. „Mit Impfstoff und Kerb hat Corona keine Chance mehr“, zeigte sich der Pfarrer zuversichtlich. Beim Blick auf die Kerbefahne entdeckt Kerbemädel Katharina „Katha“ Imfeld plötzlich im „O“ das Wappen von Mackenbach. „Ich bin ganz gerührt, das ist eine schöne Überraschung“, sagt das Kerbemädel.

Treffsicherheit bewies die Bürgermeisterin an ihrem zweiten Tag im Amt beim Anstich des Äppelwoifasses vor dem Festzelt. „Ich finde es toll, dass die Taunuskerb stattfindet. Ich werde alles dafür tun, dass die Kerb nicht wieder wackelt, sondern weiter Bestand in Oberursel hat. Ich danke den Orscheler Kerbeborschen, die mit Gründung des FBO die alte Tradition in unserer Stadt wieder haben aufleben lassen“, sagte Runge, bevor sie mit Moderatorin Julia Maass auf eine schöne Kerb anstieß. Für Stimmung im Festzelt sorgten abends mit Ohrwurm-Partyhits aus den 1990er Jahren die DJs Réne und Hubi.

Zwar fiel die Kinderolympiade in diesem Jahr aus, doch der vom Blasorchester des TV Stierstadt musikalisch umrahmte Frühschoppen wie auch der Festgottesdienst zogen sonntags erneut viele Orscheler an. Beim „Gickelschmiss“ der Kerborschen bewies Kerbemädel Katha trotz verbundener Augen Treffsicherheit. Das Zerspringen des Bembels symbolisiert zwar das Ende der Taunuskerb, doch die klang erst am Montag mit dem Familientag abends aus.

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