Nachwuchsmusiker begeistern mit großartigen Leistungen

Paul und Ana-Sofia Braica spielen vierhändig auf dem Klavier Chopins Variationen D-Dur und bereiten dem Publikum damit größtes Vergnügen. Fotos: Berthold Schinke

Oberursel (ow). Wunderbare Klänge erfüllten den Sitzungssaal des Rathauses. Neun junge Musiker im Alter von 16 bis 19 Jahren zeigten, dass klassische Musik auch in ihrer Generation noch einen Stellenwert hat. Der künstlerische Leiter der Konzertreihe des Kulturkreises Oberursel „ ProMusica“, der Pianist und Klavierpädagoge Rolf Kohlrausch, war bei verschiedenen Wettbewerben auf die Suche gegangen und hatte mit neun Preisträgern von „Jugend musiziert“ und des Mendelssohn-Wettbewerbs ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt.

Vinzent Reinisch aus Fulda begann den Reigen mit den 32 Klaviervariationen in c-Moll von Ludwig van Beethoven. Nachdem der junge Mann noch einige Erläuterungen über Beethovens Kompositionsweise zum Besten gegeben hatte, nahm er konzentriert vor dem Flügel Platz und breitete die mal rauen, mal poetischen Variationen vor den Ohren des gebannt zuhörenden Publikums mit äußerst variablem Anschlag aus.

Ihm folgte die Geigerin Emma Mühlnickel, die mit einem Allegro-Satz aus Beethovens erster Violinsonate ebenfalls den 250. Geburtstag des Jubilars würdigte. Mit sicherer Intonation und ohne Scheu erwies sie dem großen Komponisten ihre Reverenz. Ihr stand am Flügel die Pianistin Yona Sophia Jutzi kongenial zur Seite und zeigte im Dialog mit der Geige, dass hier zwei gleichberechtigte Partnerinnen miteinander musizierten. Mit der Solosonate „Obsession“ des berühmten Geigers und Komponisten Eugène-Auguste Ysaÿe demonstrierte Emma Mühlnickel noch deutlicher, wie souverän sie sich ihr Instrument bereits zu eigen gemacht hat.

Malin Goslar, von deren Können man sich bereits vor einigen Monaten in der Stadthalle hatte überzeugen können, brachte mit Schumanns Fantasie op. 17 eines der anspruchsvollsten Werke der Klavierliteratur zu Gehör. Mit großem Einfühlungsvermögen und Herzenswärme spürte sie den Gefühlen Schumanns zu seiner späteren Frau, zu der Zeit aber noch unerreichbaren Clara Wieck, nach. Durch Verwendung des Beethoven-Lieds „An die ferne Geliebte“ offenbarte er musikalisch seine unerfüllte Liebe zu Clara.

Der zweite Teil des Konzerts stand ganz im Zeichen der Romantik. Ana-Sofia und Paul Braica gaben die selten gespielten Variationen D-Dur von Chopin im präzisen Zusammenspiel zum Besten und ließen die Chopin’schen Melodiebögen nur so tanzen. Leuchtend und glitzernd perlten die Fiorituren nur so dahin, dass es eine Freude war. Der sich anschließende ungarische Tanz von Brahms bereitete den Spielern wie den Zuhörern sichtlich Vergnügen.

Anemone Hoffmann hatte sich Lalos Cellokonzert vorgenommen. Auf dem soliden Fundament, das ihr die Pianistin Karen Tanaka bot, konnte sie sich den schwelgerischen Melodiebögen hingeben. Mit einem sicheren Bogenstrich schuf sie satte glühende Klänge, was die Zuhörer mit intensivem Beifall quittierten.

Ein außerordentliches Ereignis

Den Schluss bildete Pauline Meisel mit dem hochvirtuosen Scherzo h-Moll von Chopin. Die großen technischen Anforderungen meisterte sie souverän. Unbeirrt stellte sie sich den zum Teil ziemlich vertrackten Passagen. Der Mittelteil, in den Chopin ein polnisches Volkslied eingearbeitet hat, rührte die Seele.

Der Applaus des Publikums war enthusiastisch und lang anhaltend. Hatte es doch gespürt, welch außerordentlichem Ereignis es beigewohnt hatte. Als den jungen Musikern Blumen überreicht wurden, war ihnen die Freude anzusehen. Rolf Kohlrausch bedankte sich bei den jungen Künstlern für ihre großartigen Leistungen, aber auch beim Publikum, das durch sein zahlreiches Erscheinen die Arbeit und Leidenschaft der jungen Leute gewürdigt hatte. Der Erfolg der Veranstaltung war so ermutigend, dass es wohl im nächsten Jahr eine Fortsetzung geben wird.

Pauline Meisel setzt mit Chopins Scherzo h-Moll einen eindrucksvollen Schlusspunkt.

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