Sankt Martin ist nur eine Randfigur

Allerhand Spielleute und Musikanten kommen beim Martinsmarkt auf dem Marktplatz vorbei, mittendrin auch die „Papperlabarden“, die allerhand musikalisch untermalte Geschichten aus uralten Zeiten zu erzählen haben, die seltsamerweise auch heute noch Gültigkeit haben. Jedenfalls wenn es um Trinklieder geht. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel (js). Voller Erfolg, Ziel erreicht, melden die meisten Marktbeschicker und die Mitmacher aus der Geschäftswelt. Der „Historische Martinsmarkt“ ist nach einjähriger Pause zurück in der Stadt und mit ihm die Menschen, die sonst am Wochenende leere Räume zwischen Epinay-Platz, Rathausplatz und der Altstadt mit ihrem zentralen Marktplatz an zwei Tagen ordentlich gefüllt haben.

Auch die zweite Generalprobe für den Weihnachtsmarkt dürfte in der Säule Handel im „fokus O.“, dem Forum der Selbstständigen Oberursel, positiv abgehakt worden sein. Kaum ist der Duft vom Herbstmarkt verflogen, konnten die Menschen zum Martinsmarkt pilgern, in nur zwei Wochen lockt schon der Weihnachtsmarkt zum Schlemmen auf die Straße, zum Shoppen an Holzbuden und natürlich auch dann wieder mit Mittelaltermarkt auf dem historischen Marktplatz, stets ein Frequenzbringer bei solchen Veranstaltungen. Der Weihnachtsmarkt ist laut einer Meldung aus dem Rathaus fest eingeplant, mit 70 Ständen in gelockerter Anreihung von der City ins historische Zentrum, mit Dampfbahn rund um die Pyramide, mit Kunsthandwerkermarkt in der Stadthalle und Konzerten in der Hospitalkirche.

Mittelalter oder so ähnlich geht immer, das bewahrheitete sich einmal mehr am vergangenen Wochenende. Der Kollege „Wappenherold“, machte gute Geschäfte mit seinen nackten Holzschwertern, die Kinder bemalen durften, auch bei der Schatzkisten-Bemalung mangelte es nicht an Kundschaft. Met und Whiskey und alles Essbare mit mittelalterlichem Anstrich waren heiß begehrt und manchmal erst nach Schlangestehen zu haben, die „Spielleute“ mit ihren teils skurillen Instrumenten wie einem Dudelsack mit aus- tralischem Büffelhorn, die sich „Papperlabarden“ oder „Viesematenten“ nennen, verdienten sich das Handgeklapper des Volkes redlich, danach klapperte es auch meist ordentlich in der Büchse, im Schatzkästlein oder im Hut. Der Marktplatz also, ganz klar, ein Epizentrum beim nunmehr neunten Martinsmarkt in gewohnter Form. Kleine Genüsse hier und da, der spazierende Mensch mit Kind und Hund und Kegel war’s zufrieden. Und Geschäftsleute freuten sich über mehr Frequenz als sonst in ihren Läden und bei netten Rabatten meist um die 20 Prozent auch über mehr Umsatz am Samstag. Und am verkaufsoffenen Sonntag sowieso, da haben sie ja sonst geschlossen.

Dem eigentlichen Patron des Marktes wurde allerdings kaum gehuldigt, zu weit weg vielleicht noch, Martinstag ist ja erst heute. Vielleicht auch zu sehr versteckt, bis auf die an neun Frequenzpunkten aufgehängten Plakate der katholischen Gemeinde St. Ursula, die den Heiligen Martin von „unterwegs“ erzählen ließ. Von seinem Ritt nach Amiens durch Schnee und Wind, von der Begegnung mit dem armen, frierenden Mann und der berühmten Mantelteilung durch einen beherzten Schnitt mit des Soldaten Schwert, der ihn zum Helden und späteren Heiligen machte. Oben an der Kirche St. Ursula war der fein bebilderte Martinsweg mit Station neun auf dem Kirchhof zu Ende und gerade Stadtführerin Marion Unger mit einer Gruppe unterwegs. Von ganz oben auf dem Kirchturm durften die Auserwählten auf das muntere Gewimmel da unten schauen. Ein bisschen zu früh für das große Glockengeläut um kurz vor 18 Uhr am Samstag, in das sich auch die Glocken der Christuskirche weiter unten im Tal einmischten. Da war schon fast der Zauber des Weihnachtsmarkts zu spüren, der stets aufflackert, wenn Posaunen und Trompeten beim Turmblasen auf St. Ursula an den Adventssonntagen den Ton angeben.

Auch eine schöne Idee, das von der Musikschule inszenierte Volkssingen auf dem Rathausplatz am Samstagnachmittag in zwei Schichten. Mit Schulleiter Holger Pusinelli am flugs aufgestellten E-Piano als Takt- und Tongeber und vielen Sängern, die spontan zu den verteilten Liedtexten griffen und einen schönen improvisierten Chor formten. Am Sonntag dann an gleicher Stätte Musikkabarett vom Feinsten mit dem legendären „Duo Camillo“, in dem ein früherer Oberurseler Pfarrer eine von zwei Hauptrollen spielt, und der Gospelchor „Moving Spirits“ mit seinen bewegenden teils geistlichen Liedern.

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