Hausschlappenweitwurf nach dem traditionellen Tauchbad

Flankiert von den Kerbeburschen (weiße Shirts) und Mitgliedern des KBST (grüne Shirts) liest Paul Gerecht (links) den beiden klitschnassen Täuflingen Thomas Lieske (Mitte) und Christopher Janouscheck (rechts) die Bachrechts-Urkunde vor. Foto: fch

Oberursel (fch). Kleine Gassen, Kopfsteinpflaster und malerische Winkel rund um die katholische Kirche St. Sebastian machen den Charme des Stierstädter Zentrums aus. Dessen Mittelpunkt bildet die mächtige Dorflinde. Gleich nebenan steht seit 1893 der Wetebrunnen. Aus ihm holten sich die Stierstädter einst ihr Trinkwasser. Anlässlich der Stierstädter Kerb wurde der Brunnen 1979 renoviert und wieder in Betrieb genommen. Einmal im Jahr rückt der Wetebrunnen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Dann wird das Wetebrunnenfest auf dem Lindenplatz gefeiert.

Den Höhepunkt des Wetebrunnenfestes bildet die jahrhundertealte Bachrechtstaufe. Diese mussten früher alle Männer erlangen, die ein Stierstädter Mädchen freien wollten. Durchgeführt wird die Taufzeremonie heute von Stadtrat und Brunnenschultheiß Paul Gerecht. Bei diesem Ritual werden Stierstädter Neubürger, die sich in Vereinen engagieren und im Ort ihre Heimat gefunden haben, nach der Beantwortung von vier Fragen rund um Stierstadt im eiskalten Wasser des Wetebrunnens „getauft“ und damit offiziell in die Ortsgemeinschaft aufgenommen. In den vergangenen zwölf Jahren haben sich 45 Neubürger – in der Menge leicht zu erkennen an ihren weißen Shirts mit den Aufdrucken „Stierstadt macht nass“ und „Bachrechtstaufe“ – dem Ritual unterzogen.

Keine neuen Frauen in Stierstadt

Zum Bedauern von Paul Gerecht sind dieses Mal erneut keine Neubürgerinnen dabei. Ins eiskalte Nass stürzten sich wagemutig der gebürtige Oberurseler Christopher Janouschek, der mit seiner Familie zwar erst seit zwei Jahren in Stierstadt wohnt, aber auf 30 Jahre Mitgliedschaft im Fußballverein verweisen kann. Der zweite Täufling ist Thomas Lieske. Der Frankfurter ist seit 2011 in Stierstadt zu Hause und hier aktiv im Kerbe- und Brauchtumsverein. Beide sagen: „Die Gemeinschaft und der Zusammenhalt sind in Stierstadt gut, die Umgebung ist schön. Landwirtschaft, Tradition und Vereinsleben werden trotz der Nähe zu Frankfurt großgeschrieben. Mit 5287 Einwohnern ist der Oberurseler Stadtteil überschaubar.“ Paul Gerecht wollte von den Täuflingen unter anderem wissen, die wievielte Zeltkerb die Stierstädter in diesem Jahr feierten und auf welchem Dokument 1967 die Verlängerung der Sperrstunde bei einem Maskenball ausgestellt wurde.

Wiederbelebter Wettbewerb

Nach dem Taufbad gab es von einem der 16 Kerbeburschen einen Schluck Äppelwoi aus dem von Brunnenkönigin Pia I. gespendeten Zehn-Liter-Bembel. Danach folgte die vom Rat des Wetebrunnens verliehene Urkunde mit dem lebenslangen Bachrecht und das obligatorische T-Shirt. Mit Applaus der Menge und einem Lächeln von Kerbemädchen Annika Schneider belohnt wurde das Bekenntnis von Christopher Janouschek: „Ich bin Orscheler, aber im Herzen Stierstädter. Ich habe hier Fußball gespielt, fühle mich in Stierstadt wohl.“ Oberkerbebursch Graf Michi I., mit bürgerlichem Namen Michael Muschik, weist darauf hin, dass an der Kerb das Bachrecht nur jeweils für ein Jahr verliehen werde.

Organisator des Wetebrunnenfests ist Günter Geibel, Präsident der Wetebrüder. Für das leibliche Wohl der Besucher sorgten die Mitglieder des Kerbe- und Brauchtumsvereins. Für Gaudi sorgte in diesem Jahr erstmals der von Markus Ganser, dem Vorsitzenden Kerbe- und Brauchtumsverein Stierstadt, wiederbelebte Hausschlappenweitwurf-Wettbewerb. Erfunden hat ihn einst Peter Lauer, Organisator des von 1979 bis 2005 gefeierten Hintergassenfests. „Die Teilnehmer treten im Duo an und müssen ihre Hausschlappen zwischen ihren Beinen hindurchwerfen.

Als Meister unter den 34 Teilnehmern erwiesen sich Jens Bentert und Fabian Korf, die mit 26 Metern Gesamtweite den ersten Platz belegten. Auf Platz zwei landeten Michael Winter und Peter Hieronymi mit 24,90 Metern, gefolgt von Graf Michael Muschik und Metzger Patrick Thomas von den Kerbeburschen auf Platz drei mit 24.75 Metern. Die Sieger heimsten einen Fresskorb ein, die Zweit- und Drittplatzierten durften sich über Schoppedeckel mit Vereinslogo freuen.

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