Morgens um 7 Uhr ist das Bad noch frisch

Bei sommerlichen Aktivitäten wie hier beim A-Bomben-Contest kann es voll werden im Taunabad. Deshalb kommen sportliche Genießer lieber in den ruhigeren Morgenstunden. Foto: Archiv

Von Jürgen Streicher

Hochtaunus. Ausschlafen, in Ruhe frühstücken, Zeit mit der Familie verbringen, Aufregendes erleben, das schöne Wetter genießen – kurz gesagt: Sommerferien. Endlich bleibt Zeit für das, was man gerne macht, für Radtouren durch den Taunus, für ausgedehnte Joggingrunden, für einen sommerlichen Tag im Schwimmbad oder eine Partie Minigolf mit Freunden. Unsere Sommerserie „Sportlich durch den Taunus“ zeigt, wo Sport so richtig Spaß macht. Im dritten Teil der Ferienserie geht es mit Wonne ins Wasser.

Still ruht das im Viereck eingepferchte Wasser, kaum ein Hauch bewegt seine Oberfläche. Reines Blau, noch unbenutzt, im abgetrennten Nichtschwimmerbereich wirkt es heller, türkisfarben. Stille Klarheit, sauber, durchsichtig, noch eine Minute Unberührbarkeit, da sind Lucia Janceková und ihre Kollegen streng. Mit dem Glockenschlag von St. Ursula um 6.30 Uhr beginnt der Oberurseler Badetag, keine Sekunde früher. Aber dann. Minuten später sind in diesen schönen Sommertagen schon zwei Dutzend Männer und Frauen im Wasser unterwegs, sich hin und her bewegend auf der begrenzten 49,70-Meter-Bahn, mit den Armen rudernd und den Beinen schlagend. Die meisten im Vorwärtsgang, andere auf dem Rücken gleitend, wieder andere mit einem Gürtel um den Bauch „aquajoggend“.

Der frühe Morgen passt zum eher introvertierten Schwimmer, dem Schwimmbadlärm und dichtes Gedränge im Wasser und an Land ein Graus sind. Der nicht den Trubel sucht, sondern das sportliche Vergnügen. Abtauchen in die Stille unter Wasser, durchs ganze Becken kann man um diese Zeit noch mit der Schwimmbrille sehen. Frühsport im Taunabad, jeder für sich, aber irgendwie alle mit dem gleichen Gedanken, den Tag frisch zu beginnen und sich Gutes zu tun durch Bewegung. In Ruhe dahingleiten, auch mal richtig mit Tempo zur Sache gehen, jeder wird hier nach seinem Gusto selig und fit, für was auch immer. Außer dem Schlagen des Wassers ist um diese Tageszeit meist kaum etwas zu hören, manchmal ein gemurmeltes oder auch freundliches Guten Morgen. Die nebeneinander schwimmenden „Schwatzbacken“ kommen eher später, wenn die erste Schicht bereits schweigend mit einem stillen Gruß abgezogen ist. Nach 1000 Metern „Kacheln zählen“, wie die Schwimmer sagen, oder 2000 Metern, oder … die Skala ist je nach Motivation offen nach oben. Schummeln ist natürlich erlaubt, kann eh keiner kontrollieren, ob die persönliche Tagesvorgabe erreicht wurde.

Mit Disziplin zum Ziel

Im Frühtau zu Wasser kommen Menschen, „die noch Disziplin haben“. So sieht das Miguel Perez, der um kurz vor 7 Uhr auf andere Art fleißig ist und die Filter des Wassersaugers am Beckenrand reinigt. Damit das kühle Nass täglich neu frisch ist. Ohne Disziplin würde die Welt aus den Fugen geraten, denkt Perez. Herrlich lässt es sich philosophieren, wenn die Gedanken noch nicht allzu sehr durchgequirlt sind von der Hitze des Sommers. Lufttemperatur 18 Grad, Wassertemperatur 25 Grad, notiert Lucia Janceková vom Taunabad-Personal um 7 Uhr. Die Welt ist noch frisch und ziemlich in Ordnung, nach ungefähr 46 Bahnen im Nichtschwimmerbecken kann ich guten Gewissens beschließen, das Tagesziel erreicht zu haben.

Sie sind eher der Badewannen-Typ? Der zum Chillen kommt, zum lässigen Abhängen mit zwischenzeitlicher Kurzdusche oder gar mal ein, zwei Bahnen im Schwimmmodus? Zum Sehen und Gesehenwerden mit der hart antrainierten Bikini- oder Badehosen-Figur? Auch Sie sind gut aufgehoben im Freibad an der Altkönigstraße mit dem Blick hinunter auf St. Ursula. Wenn die Sonne steigt, kommt das Bade-Volk, belegt die kostenlosen wasserblauen Liegestühle oder eben die mitgebrachten Handtücher. Nun gut, das frühere „Liebestal“ im unteren Bereich des Freigeländes ist durch Hallenbad-Neubau und Parkplätze reichlich geschrumpft und liegt viel offener da, aber wir sind ja hier, um sportlich durch den Sommer zu kommen. Stählen schon im Kleinkindalter auf dem schön beschatteten Spielplatz im oberen Bereich die Muskeln am Klettergerüst, damit sie später fit sind für den Arschbomben-Contest vom Dreier im adoleszenten Lebensalter. Planschen im luxuriösen Babybecken auf zwei Ebenen und halten dadurch Mama und Papa fit und haben es von dort aus ein paar Jahre später nicht weit bis zu den Beachvolleyball-Plätzen. Und zu den Pommes mit Ketchup und Mayo für die Bikini-Figur.

Sport, Spiel, Spannung

Wer bei Schwimmbad an mehr als an Schwimmen und Baden denkt, könnte seinen Blick auf das Freibad in Friedrichsdorf richten. Mal abgesehen vom moderaten Eintrittspreis hat das wirklich ansehnliche Terrain an der Dr.-Friedrich-Neiß-Straße im Hauptprogramm neben seinem 50-Meter-Sportbecken auch ein Abenteuerbecken mit Strömungskanal und Wasserrutsche zu bieten, neben Beachvolleyball auch ein Basketballfeld und Tischtennis sowie ein separates Sprungbecken mit Aussicht auf den besten Wasserklatsch aus fünf Meter Höhe. Das Freibad als Bühne für die zahlenden Gäste, aber auch für andere Höhepunkte. Da lässt sich die Zwiebackstadt im Vergleich mit den Nachbarkommunen auch im Nebenprogramm nicht lumpen. „Die kleine Weltbühne“ bringt Theater für Kinder ins Bad, die Friedrichsdorfer „Sommerbrücke“ lädt außerdem an ausgesuchten Abenden zum Open-Air-Kino. In Kooperation mit dem Kino Köppern werden unterm Sternenhimmel lustige, spannende und dramatische Filme gezeigt, bis zum Beginn gegen 22 Uhr kann das Schwimmbecken genutzt werden. Fünf Euro für Bad mit Film, da kann man nicht meckern.

Eher defensiv in dieser Hinsicht die anderen Kommunen, Bad soll Bad sein ist hier die Devise. Das Taunabad hält sich dieses Jahr aus dem „Orscheler Sommer“ raus, kein spätes Schwimmen, keine Live-Musik, keine große Party in der offenen Luft. Nur beim Sommerfest am 18. August ist „Kinderanimation“ mit Spielen am, im und auf dem Wasser geplant, dazu gibt’s dann auch Musik. Das Seedammbad in Bad Homburg setzt auf die Highlights seiner Ganzjahresbelustigung, das Kronberger Waldschwimmbad mit Quellwasserversorgung aus dem Bürgelstollen auf seine traumhafte Lage, in der jeglicher Firlefanz unnötig ist. Das Königsteiner Freibad im Woogtal punktet mit seiner bezaubernden Atmosphäre im Stil der 1930er-Jahre. In der grünen Oase am Stadtrand hat der Begriff „Sommerfrische“ noch seine ureigene Bedeutung. Wir tauchen ein mit Kind und Kegel im Baby-Planschbecken, im Schwimmer- und im Nichtschwimmerbereich und verschwimmen ungebremst von jeglicher Ablenkung im Hier und Jetzt des Sommers.

Am Abend können wir es dann noch einmal sportlich haben am Ausgangspunkt unserer Schwimmtour durch den Hochtaunuskreis. Wenn die Sonne langsam sinkt und das Tagespublikum sich auf den Heimweg macht, gehört das Taunabad wieder dem ambitionierten Sportsgeist. Dienstags kommen die Kanuten des TV Bommersheim zum Üben, freitags die Taucher in die Sprunggrube unter dem Dreier, montags und mittwochs die Triathleten, um ordentlich Kilometer zu schrubben. Die Korrekten ziehen beim Zusammenrechnen bei jeder Bahn und ihrer Zielzeit die knapp 30 fehlenden Zentimeter zu den 50 Metern ab. Ein Konstruktionsfehler aus der Frühzeit des Bades, „Schwimmprofis“ wissen das und protzen nicht mit Rekorden.

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