Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel

Christian Lozano arbeitet im Rahmen eines Bundesfreiwilligendienstes (Bufdi) im Laden der Schwalbacher Tafel.Foto: Ev. Dekanat Kronberg

Schwalbach (sn). Seit September ist Christian Lozano im Rahmen eines Bundesfreiwilligendienstes (Bufdi) bei der Schwalbacher Tafel im Einsatz. Jetzt endet sein Dienst, und er berichtet von seinen Erfahrungen. Für ihn wird ein Nachfolger gesucht.

Nach seinem Abitur an der Albert-Einstein-Schule in Schwalbach im vergangenen Jahr, bewarb sich Christian Lozano auf die Bufdi-Stelle. „Ich wollte das halbe Jahr bis zu meinem Studium nutzen, um praktische Berufserfahrung zu sammeln und mich gleichzeitig sozial zu engagieren. Was die Tafel macht, wusste ich schon und ich fand die Grundidee ziemlich überzeugend“, erzählt er. Die Entscheidung hat er nicht bereut. Seine Erfahrungen als Bufdi haben ihn gewissermaßen geerdet. „Wenn man aus einer reichen Gegend wie hier im Taunus kommt, bekommt man nur wenig von Menschen mit, die bedürftig sind. Es war mir wichtig, mich da zu engagieren und Praxiserfahrungen zu machen. Sonst scheinen diese Themen nicht so präsent und man kennt sie nur aus der Theorie oder dem Fernsehen“, so der Bad Sodener.

Berührungsängste hatte er nicht. „Ich hatte keine Vorbehalte und war ziemlich offen. Den Kundenkontakt hatte ich mir schwieriger vorgestellt und gedacht, dass man schon bestimmte Kompetenzen mitbringen muss. Denn es ist ja eine diskriminierungssensible Tätigkeit. Aber es lief gleich besser als ich es erwartet hatte. Inzwischen kenne ich die Kunden richtig gut und sie sind bis auf wenige Ausnahmen auch alle ziemlich freundlich und umgänglich. Es ist ein angenehmes Klima“, erzählt Christian Lozano. Die Hemmschwelle, Hilfe anzunehmen, sei ja überwunden, wenn die Kunden in den Tafelladen in Schwalbach kämen. „Wichtig ist dann, denke ich, dass man die Menschen wie Kunden behandelt und nicht wie Bedürftige und ihnen zeigt, dass es keinen Grund zur Scham gibt“.

Er hilft überall mit, wo er gebraucht wird. Ein bis zweimal die Woche fährt er mit dem Tafelbus zu den Supermärkten mit. Pro Tour werden von den Tafelmitarbeitenden zehn bis zwölf Märkte abgeklappert, um noch verwendbare Lebensmittel abzuholen. An drei Tagen hilft er gemeinsam mit den anderen Tafelhelfern zusätzlich sowohl bei der Vorbereitung der Lebensmittelausgabe also auch bei der Ausgabe selbst. „Die Tafel hier ist wie ein richtiger Supermarkt aufgebaut – nur ohne Selbstbedienung. Wir sortieren die Lebensmittel vorher nach Brauchbarem und nach Produktbereichen. Dann werden sie an verschiedenen Ständen ausgelegt und die Kunden können schauen, was sie haben möchten. Es gibt zum Beispiel einen Obst- und Gemüse-Stand, den Brotstand oder den Milchprodukte-Bereich“, erzählt Christian Lozano.

Aufgrund der Corona-Pandemie ist noch eine weitere Aufgabe für ihn dazu gekommen. Trotz eingerichteter Schutzmaßnahmen wie Spuckschutzwände, Einkaufswagen sowie eine reduzierte Personenzahl pro Ausgabe, kamen einige Senioren aus Angst vor einer Infektion nicht mehr in den Tafelladen. Daher startete das Organisationsteam der Tafel im September einen Lieferservice, der alle 14 Tage Lebensmittel zu ihnen nach Hause bringt. Immer mehr Kunden nehmen diesen Dienst gerne wahr – derzeit bereits rund 35. Nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind Christian Lozano die Begegnungen bei der Auslieferung der Lebensmittel. „Die Menschen sind sehr dankbar dafür und zeigen das auch. Oftmals stecken sie mir ein Stück Schokolade zu oder möchten mir Trinkgeld geben, das ich natürlich nicht annehmen kann. Wenn ich sehe, wie viel ihnen das bedeutet, bestätigt mich das in meiner Tätigkeit“, berichtet er. „Man merkt auch, dass die Senioren einsam sind und Redebedarf haben, weil sie isolierter sind. Sie würden mich gerne zu einem Kaffee einladen und noch etwas da behalten. Das würde ich gerne tun, aber aufgrund der Pandemie muss ich die Kontakte leider sehr kurz und auf Abstand halten“, ergänzt der 18-Jährige. „Berührend ist auch, wenn ich sehe, wie Kinder den Einkauf für die ganze Familie auf ihren Fahrrädern nach Hause transportieren. Sie übernehmen schon ganz schön viel Verantwortung für ihr Alter“, fügt er hinzu.

Er kann die Tätigkeit als Bufdi jedem vor dem Einstieg ins Berufsleben nur empfehlen. „Man lernt auf jeden Fall, in vielen Bereichen Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zu organisieren. Das soziale Miteinander ist bei der Tafel das A und O – also lernt man auch Teamfähigkeit, denn alleine funktioniert dort nichts. Diese wichtigen Kompetenzen für mein späteres Berufsleben habe ich hier in kurzer Zeit gelernt“, erzählt er.

Ab März sucht die Tafel wieder einen Bufdi für die genannten Tätigkeitsbereiche. Interessierte können sich an Judith Grafe, Leiterin der Schwalbacher Tafel, wenden unter Telefon 06196-560182 oder judith.grafe[at]dekanat-kronberg[dot]de.



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