Den Bürgern auf den Zahn gefühlt

Bürger im Gespräch mit kompetenten Partnern bei der Befraguing auf dem St.-Avertin-Platz :Wie sicher fühlt sich der Steinbacher? Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Unter den gelben Schutzschirmen der Stadt haben Steinbacher vergangenen Samstag offenbart, was ihnen in ihrer Stadt missfällt, wovor sie sich fürchten und was sie von der Politik erwarten. Kommune und Polizei hatten zu einer Frngebogenaktion aufgerufen, die es in dieser Form noch nicht gab. Mehr als 80 Menschen haben auf dem St.-Avertin-Platz teilgenommen. Ohne der Auswertung vorzugreifen: Die Bürger sind im Großen und Ganzen mit ihrer Stadt im Reinen. Das schließt aber Kritik nicht aus.

Vorne standen die Kunden für Äpfel und Artischocken an. Sie verlangten Fleischwurst und Fleischsalat, Brot und Brezeln. Dahinter fragten die Abgesandten von Polizei und Stadt nach dem Wohlbefinden der Marktbesucher. Auf dem Podest des St.-Avertin-Platzes sollte das subjekltive Sicherheitsempfinden erkundet werden. Es war die Ouvertüre des vom Innenministerium aungestoßenen KommunalProgramms Sicherheitssiegel mit dem Kürzel „Kompass“, das Probleme offenlegen und partnerschaftlich lösen soll. Maßstab ist nicht die für Steinbach unauffällige Kriminalstatistik, sondern das Sicherheitsgefühl des einzelnen Bürgers. Nach den Erfahrungen von Bernd Miunske, dem „Schutzmann vor Ort“, gibt es keine drängenden Probleme. Der Beamte kommt alle zwei Wochen dienstags zur Beratung ins Rathaus, wartet jedoch gelegentlich vergeblich auf Kundschaft. Für ihn ist das ein gutes Zeichen. Kontakte ergeben sich beim Streifengang.

Frei von Kriminalität ist die Stadt an der südlichen Kreisgrenze freilich nicht. Eine 70-Jährige weiß von Einbrüchen in die Gartenhütten oberhalb der Steinbachaue. In Nachbars Garten sei ein Nussdieb erwischt worden. Die frühere Kindergärtnerin berichtete auch über einen unliebsamen Vorfall an der Grundschule. Dort hätten Schulkinder versucht, sie in ihrem Auto zu bestehlen.

Steinbach ist nicht Neapel

Auf die Frage nach den „dringlichsten Problemen“ in der Stadt wurde die Parkplatznot genannt und auf den S-Bahnhof verwiesen, dessen Unterführung zu den Schmuddelecken und potentiellen Angsträumen gehört. Unbehagen löst die Szene im Park am Grünen Weg aus. Dort machen Passanten schon mal einen Bogen um die Jugendlichen in den Kapuzenpullis, die zumindest als Störenfriede empfunden werden. „Die müsste mal jemand ins Gebet nehmen“, so mahnte eine ältere Dame regelmäßige Kontrollen durch die Stadtpolizei an. Der Ruf nach mehr Stadtpolizisten wird vermutlich ein Ergebnis der Bürgerbefragung sein. Ein junger Mann hingegen sah allen Anlass zur Zufriedenheit. Er sei gerade in Neapel gewesen und im Vergleich zur Stadt am Vesuv sei Steinbach eine Insel der Seligen.

Nach zweieinhalb Stunden wurden die Stehtische zur Seite gerollt und die Schutzschirme zugeklappt. Bürgermeister Steffen Bonk lobte die rege Beteiligung der Steinbacher, während Kriminaloberkommissar Thomas Lange aus dem Präsidium Westhessen in Wiesbaden die nächsten Schritte ankündigte. Im ersten Quartal 2021 sollen Präventionsrat, Vereinsvertreter, Kirchenleute und Aktive aus dem Projekt Soziale Stadt zur ersten Sicherheitskonferenz eingeladen werden. Der Projektbetreuer wird in diesem Forum mit 50 bis 70 Personen die Auswertung der Fragebögen präsentieren und daraus Vorschläge ableiten. Eine zweite Konferenz ist in einem Jahr vorgesehen, um eine Bewertung der eingeleiteten Schritte vorzunehmen und ergänzende Maßnahmen zu beschließen. Wenn alles glatt läuft, bekommt die Stadt Anfang 2022 das Sicherheitssiegel, die Plakette mit dem wehrhaften Hessenlöwen als Logo.

Gute Datenbasis

Thomas Lange zeigte sich mit der Resonanz zufrieden. Bei mehr als 80 ausgefüllten Fragebögen könne man von einer guten Datenbasis sprechen. Die direkte Ansprache garantiere authentische Antworten. Bei einer Postwurfsendung wisse man nicht, inwieweit bei der Beantwortung der Fragen Einfluss genommen wurde. .

Jetzt wollen die Steinbacher den kommenden Samstag überstehen, wenn Halloween angesagt ist und damit Erinnerungen an einen Vorfall wach werden, bei dem an der Haustür mit einem Pistolenimitat gedroht wurde, das wie eine scharfe Waffe aussah. Der Maigstrat hat an die Jugendlichen apelliert, vor allem ältere Menschen nicht in Angst und Schrecken zu versetzen. „Schellekloppe“ wird jeder akzeptieren. Das ist kein Thema, wenn es um „Süßes oder Saures“ geht.

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