Geduld und ein waches Auge führen zum sicheren Strich

Die Steinbacher Künstlerin Carola Biermann posiert vor einer ihrer Zeichnungen. Insgesamt elf ihrer Werke stellt sie derzeit in der Stadtbücherei aus. Foto: HB

Steinbach (HB). Sie wird den Werkstattkreis ohne Zweifel bereichern, dem sie seit Kurzem angehört und der sich auf die Herbstausstellung im Bürgerhaus vorbereitet, die unter dem Motto „Brücke“ stehen wird. Doch diese Ausstellung gehört Carola Biermann und ihren Zeichnungen allein. Die Steinbacher Künstlerin stellt ihre Werke gerade in der Stadtbücherei aus. Ihre Arbeiten werden noch zwei Monate lang zu sehen sein.

Mit elf Zeichnungen, die im Schaufenster, hinter der Ausleihe und über das Treppenhaus hinauf bis in den ersten Stock verteilt sind., präsentiert sich Carola Biermann dem Publikum. Sie tragen die Handschrift einer Frau, die ein halbes Leben lang mit Bleistift und Kreide arbeitet und dennoch weiter dazu lernt.

Seit 1966 wohnt sie in Steinbach. Hier hat sie neun Mal an den Ausstellungen unter dem Motto „Kultur vor Ort“ in der Bildungsstätte IG Bauen-Agrar-Umwelt in der Waldstraße teilgenommen, in dem 72 Bilder ihrer Lehrmeisterin Elisabeth Reichert als Dauerleihgabe hängen.

Als der Werkstattkreis vergangenes Jahr die Verbindung Kunst und Buch einging, war sie noch kein Mitglied und deshalb nicht dabei. Jetzt hat sie Büchereileiterin Nicole Kaluza in die Stadtbücherei in der Bornhohl 4, eingeladen. Zwischen den neuen Titeln in der Auslage steht eine Staffelei mit einem kolorierten Stillleben, das sie aus Tontopf, Vase, Kugel und Holzlöffel komponiert hat. Als sie eine kleine Gruppe durch die Ausstellung führte, sprachen die Besucher die Ruhe an, die von diesem Motiv ausgehe. „Die tut der Seele gut“, stellten die Besucher fest.

Carola Biermann, Diplom-Sozialpädagogin, mit 82 Jahren aber längst im Ruhestand, hat ist über viele Jahre ihrem Mann in seiner Druckerei zur Hand gegangen. In der Bücherei , zwischen ihren Werken, gibt sie sehr persönliches preis. Mit filigranem Strich stellt sie zum Beispiel die Profile ihrer beiden Kinder hautnah gegenüber und in Erinnerung an diese verflixte Pandemie sieht man sie mit Maske, Brille und hochgezogenen Augenbrauen im Spiegel, als ihr eigenes Modell. Sie hat mit feiner Feder einen Strohhut gezeichnet, rückt einen toten Wald düster in den Vordergrund und hat im Hintergrund ein Stück blauen Himmel gemalt, der Hoffnung auf die Regeneration der Natur macht. Mit Buntstift ist ein weiteres Stillleben mit einem Stein, Zigarettenkippen und abgerissenen Kinokarten entstanden.

Das Malen in der Gruppe ist für sie unverändert wichtig, sagt sie. Den Dialog mit kongenialen Menschen sucht sie in Oberursel und nun auch im Werkstattkreis. Konstruktive Kritik sei ihr durchaus willkommen. Bisweilen fixiert sie ein Sujet eine halbe Stunde lang, bevor sie zum Stift greift. Ein waches Auge und viel Geduld sind die Voraussetzungen für den sicheren Strich, sagt sie. Heutzutage übermalt sie alte Zeichnungen, die sie aus prall gefüllten Schubladen hervorholt, mit Farbe und macht daraus abstrakte Kunst.

Vor 25 Jahren gründete Carola Biermann den Selbsthilfeverein „Die Brücke“, war lange dessen Vorsitzende und macht heute noch gelegentlich Telefondienst.

Wer die Werke der Steinbacherin anschauen möchte, kann dies zu den Öffnungszeiten der Bücherei tun. Diese sind montags und donnerstags von 15 bis 17 Uhr, dienstags von 15 bis 19 Uhr sowie freitags und samstags von 10 bis 12 Uhr.



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