Bad Homburg (hw). Ein Kino für alle schaffen – diese Aufgabe hatte die Klasse 6cF der Gesamtschule am Gluckenstein (GaG) als erste hessische Klasse zu lösen. Ein Kino für alle? Was ist mit sehbehinderten und blinden Menschen? Wie ist es möglich, auch für sie einen Film erlebbar zu machen? Eine Beschreibung der Geschehnisse in den Dialogpausen der Darsteller nennt man „Audiodeskription“. Das lernten die Schüler als erstes von dem Medienpädagogen Christian Kosfeld, der für einen mehrtägigen Workshop extra aus Duisburg an die Schule gekommen war.
Bevor es an die Aufnahme der Audiodeskription für den Kurzfilm „John und Karen“ ging, waren einige Vorarbeiten nötig. Viele Fragen mussten beantwortet werden. Was genau sehe ich auf einem Bild? Wie beschreibe ich es? Was muss ich beschreiben, damit man hörend den Film versteht und miterlebt? Und was wird bereits durch Geräusche, Töne und den Film-Dialog erzählt? Zu dieser Frage passte auch die Hausaufgabe: Jedes Kind sollte ein Geräusch für die Mitschüler aufnehmen und es am nächsten Tag der Klasse vorspielen. Die Klassenkameraden mussten dann erraten, um was es sich handelt.
Schließlich ging es an die eigentliche Arbeit: Sekunde für Sekunde wurde der Kurzfilm immer wieder von der Klasse angeschaut, und gemeinsam wurden Sätze formuliert, die Sehbehinderten und Blinden die bisher nur sehbare Handlung und wichtige Bildinformationen wie Blicke und Bewegungen erlebbar machen sollten. Diese Sätze mussten so gesetzt werden, dass sie in die Sprechpausen der Darsteller des Films passten. Da es sich bei dem Kurzfilm um einen animierten Film handelte, in dessen Mittelpunkt ein Eisbär und eine Pinguindame stehen, die sich nach einem Konflikt wieder vertragen, durfte der Hinweis nicht fehlen, dass es sich um einen Trickfilm handelt. In einem professionellen mobilen Tonstudio in einem dafür eingerichteten Raum der Schule durften die Schüler das Erarbeitete aufnehmen.
Die Mädchen und Jungen waren mit großer Motivation dabei. So fragte der zwölfjährige Razak sogar: „Dürfen wir auch die Pause durcharbeiten?“
Und dann war es geschafft: Christian Kosfeld konnte mit über einer Stunde Tonmaterial zurück nach Duisburg fahren, wo er nun den Ton zum Film zurechtschneidet. Der komplette Kurzfilm wird als Vorfilm vor allen etwa 250 Schulkinowochen-Vorstellungen zu sehen sein. Denn Schulklassen in ganz Hessen freuen sich schon darauf, bei den 16. Schulkinowochen wieder das Klassenzimmer gegen den Kinosaal tauschen zu können.
Überall in Hessen finden vom 21. März bis 1. April Kinovorstellungen statt, vor denen dann der Kurzfilm mit der Audiodeskription der Klasse 6cF läuft.
Die Schüler freuen sich dabei ganz besonders über die Einladung zur Auftaktveranstaltung am 21. März um 9.30 Uhr im Deutschen Filminstitut & Filmmuseum, wo sie dem Premierenpublikum des Kurzfilms mit ihrer eigenen Filmbeschreibung von ihren Erfahrungen beim Workshop berichten dürfen.
Und damit sich die Klasse 6cF noch weiter mit dem Thema beschäftigen kann, hat Klassenlehrerin Antje Klaus bereits einen Termin im DialogMuseum in Frankfurt gebucht.