Musik aus der neuen Welt

Das Sinfonieorchester Bergisch Gladbach und Roman Salyutov am Dirigentenpult sowie als Solist begeistern im Kurtheater. Foto: Daria Heßler

Bad Homburg (abv). Für die Bad Homburger Schlosskonzerte begann am Sonntag, 18. Februar, die Zeit im Exil. Die Schlosskirche ist bekanntlich bis Ende des Jahres wegen Renovierung geschlossen, und so lange ist das Kurtheater die Ausweichspielstätte für die Orchesterkonzerte. Das Sinfonieorchester Bergisch Gladbach und Roman Salyutov am Dirigentenpult sowie als Solist am Klavier machten den Anfang.

Mit Antonín Dvoráks neunter Sinfonie, „Aus der Neuen Welt“ betitelt, stand eine der bekanntesten romantischen Sinfonien auf dem Programm. Dvorák, der 1892 Direktor am „National Conservatory of Music of America“ wurde, komponierte das grandiose Werk in New York. Inspiriert wurde er dabei durch Henry Wadsworth Longfellows Epos „The Song of Hiawatha“. Longfellows Gedicht beschreibt Episoden aus dem Leben von Hiawatha, einem Indianer, der im 16. Jahrhundert lebte. Mit Verve intonierten bestens aufgelegte Blechbläser das berühmte Anfangsthema, bevor sich ein breiter Streicherklang, dem man etwas mehr Differenzierung gewünscht hätte, ausbreitete.

Sehr gut einstudiert präsentierte sich das Orchester in den weiteren Sätzen. Die elegische Totenklage Hiawathas zum Tode seiner Frau Minnehaha prägt den zweiten Satz. Musikalisch klangschön vom Englischhorn vorgetragen und einfühlsam von den Streichern begleitet. Im dritten Satz, einem mit „sehr lebhaft“ überschriebenen Teil, greift Dvorák einen Festtanz des Stammes zur Vorbereitung der Hochzeit Hiawathas auf. Mit höchster Konzentration meisterte das Orchester die schnellen Passagen mit Bravour. Im Finale wusste Roman Salyutov, hier am Dirgentenpult, das Orchester umsichtig zu führen und die vielschichtige Partitur mit Themen und Motiven, oft schon bekannt aus den vorangegangenen Sätzen, musikalisch umzusetzen. Das Publikum spendete langanhaltenden Beifall.

Nach der Pause stand mit „Rach 3“, wie Sergej Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 in d-Moll op. 30 in Fachkreisen genannt wird, auf dem Programm. Die Regel ist, dass hier ein Dirigent oder eine Dirigentin am Pult steht und eine Solistin oder ein Solist den Solopart am Flügel übernimmt. Im gut besetzten Kurtheater übernahm an diesem Abend Roman Salyutov nicht nur den Solopart am Klavier, sondern auch die Leitung des Orchesters. Um es vorwegzunehmen, das Experiment gelang. In bestem Einvernehmen mit den Stimmführenden der einzelnen Orchestergruppen gelang das Zusammenspiel aller Beteiligten.

Rachmaninows drittem Klavierkonzert wird nachgesagt, eines der technisch schwersten Klavierwerke zu sein, die jemals geschrieben wurden. Sogar der Widmungsträger, der Pianist Józef Hofmann, soll das Konzert sein Lebtag nicht angerührt haben, weil es „zu schwer für mich ist“, wie er zugab. Uraufgeführt wurde es deshalb auch vom Komponisten selbst. Salyutov am Klavier machte zu jeder Zeit einen souveränen Eindruck, wechselte nahtlos vom Klavier zu dirigierenden Bewegungen und bewahrte die Einheit aller Musizierenden. Auch den schwierigsten Passagen war Salyutov gewachsen, wobei der beherzte Einsatz des Pedals einige Strukturen verdeckte. Man hatte das Gefühl großer Verbindung des Solisten zur Musik, die sich ganz auf die hervorragend getroffene Stimmung im Werk ausbreitete.

Auch die letzte Steigerung, die in gewaltigen Schlägen im Orchester und dem Klavier endete, wurde von allen Beteiligten ausgekostet und vom Publikum mit Jubel, vielen Bravi und tosendem Applaus bedacht – mit Chopins Prélude cis- Moll op. Posthum bedankte sich ein sichtlich bewegter Roman Salyutov beim Publikum.



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