Opulente Fantasie und heitere Préludes

Bad Homburg (ks). Den Pianisten Bernd Glemser zu loben hieße, Eulen nach Athen zu tragen. Er ist noch immer der „deutsche Klaviermagier seiner Generation“; ein „Klavierdichter“, der in guter Balance zwischen technischer Perfektion und Sensibilität künstlerische Feinheiten integriert, die sein Spiel so „authentisch“ und überzeugend machen. Glemser behauptet sich schon lange an der Weltspitze, und das haben auch die Zuhörer in der Schlosskirche gespürt, die er mit Werken von Schubert, Skrjabin und am Schluss mit Frédéric Chopins Sonate in b-Moll begeisterte.

Begonnen hatte das Konzert in der Reihe „Meisterpianisten“ mit Franz Schuberts Impromptu in c-Moll, das mit seinem volksliedhaften Thema und dem einem Marsch ähnlichen Rhythmus an eine Ballade erinnert. Die folgende Schubert-Sonate in a-Moll folgte im ersten Satz dem balladenhaften Ton, ging dann liedhaft weiter, ehe im dritten Satz „drängende Unruhe“ aufkommt, die im vierten Satz voller Leidenschaft endet. Alexander Skrjabins Fantasie in h-Moll gehört zu den besonders anspruchsvollen Kompositionen des Russen. Er nutzt den gesamten Klangraum des Instruments und schichtet die Stimmen wie mehrstöckige Klanggebäude übereinander. Das erfordert außer der technischen Beherrschung auch Kraft. Skrjabin soll das Werk selbst nie öffentlich gespielt haben, weil er diesen Anforderungen nicht gewachsen war. Bernd Glemser hat es ohne sichtbare Anstrengung mit der ihm eigenen Souveränität bewältigt.

Mit Skrjabins fünf Préludes präsentierte der Pianist den Komponisten heiter und tänzerisch-elegant. Dieser soll ein Faible für Miniaturen gehabt „und viele Stücke so kurz wie ein Spatzenschnabel oder ein Bärenschwanz“ geschrieben haben, wie ein Kritiker einst bissig feststellte. Als „Zwischenspiel“ waren sie nach der opulenten Fantasie und vor Chopins Sonate Nr. 2 in b-Moll mit dem berühmten Trauermarsch im dritten Satz willkommen. Über diese Sonate hatte Robert Schumann folgendes Urteil gefällt: „So fängt nur Chopin an und so schließt nur er: mit Dissonanzen durch Dissonanzen in Dissonanzen.... So schließt die Sonate wie sie angefangen, rätselhaft, einer Sphinx gleich, mit spöttischem Lächeln“. Sie entspreche zwar nicht dem „ordentlichen Sonatenstil“, aber Chopin habe „vier seiner tollsten Kinder zusammengekoppelt“.

Die Begeisterung für den Pianisten war groß, der sich über anhaltendem Beifall und Bravorufe freuen durfte, für die er sich mit einer Zugabe revanchierte.



X