Reichlich Beifall für junge Ausnahmetalente

Die drei Solistinnen Karen Maria Wöllstein, Kim-Chi Stutzinger und Emma Josefine Mühlnickel (v. l.) begeistern mit anspruchsvollen Soli in Bachs Violinkonzert. Foto: jbr

Bad Homburg (jbr). Die Schlosskirche erstrahlte im Glanz der Musik alter Meister und wurde gleichzeitig von frischem Wind erfüllt, als die Musiker der Jungen Streicherakademie Mainz in Kooperation mit den „Young Mozart Players“ bei der Orchesterkonzertreihe der Bad Homburger Schlosskonzerte gastierten.

Als Eröffnung boten die jungen Ausnahmetalente zwischen zwölf und 19 Jahren unter der musikalischen Leitung der Gründerin der Akademie, Annette Seyfried, und dem Dirigat von Christian Rohrbach das 3. Brandenburgische Konzert aus der Feder Johann Sebastian Bachs dar. Nach einem erhabenen Beginn blieben die Celli in einer Stimme vereint, während lediglich Violinen und Violen die typisch barocke Mehrstimmigkeit verfolgten. Der zweite Satz des Stücks blieb im Anschluss an das Allegro jedoch nur durch zwei Akkorde in c- und e-Moll angedeutet, was klanglich eher an eine harmonisch irreführende Überleitung zum dritten Teil des Werkes erinnerte. Hier ließ der Komponist schlichtweg eine Lücke. Im finalen Satz des dritten Brandenburgischen Konzerts brillierten die außergewöhnlich begabten Jugendlichen mit schnellen Bogenschwüngen und passierten auch schnelle Wendungen, die sich in jenem zweiten Allegro häuften, sodass sich der barocke Glanz der Komposition im Saal entfaltete.

Nach einem kurzen Umbau kontrastierte das Streicherensemble Johann Sebastian Bachs durch und durch mathematisch aufgebautes Werk mit dem „Agnus Dei“ des zeitgenössischen Komponisten Krzysztof Penderecki. Mit diesem Teil des „Polnischen Requiems“ entwarf Penderecki eine geistliche Musik mit politischem Hintergrund. So verfasste der 1933 geborene Komponist das „Agnus Dei“ anlässlich des Todes von Stefan Kardinal Wyszynski, der als Persönlichkeit des Widerstands gegen das kommunistisch-atheistische Regime Polens bekannt wurde. Es erklang ein zunächst leises, schwebendes Tongebilde der verschiedenen Streicher, das eher einer Klangfläche glich als einzelnen feststellbaren Tönen. Die Düsternis des Stücks, das durch das stilistische Abheben von den anderen, an diesem Abend präsentierten Werken seinen Reiz gewann, zeichnete sich ebenfalls auf den Gesichtern der Musiker ab. Diverse Figuren und einzelne Einwürfe, zum Beispiel des Kontrabasses, schürten noch einmal mehr den Ausdruck des Leids, der hier musikalisch wiedergeben wurde.

Mit wiederum feierlicher Leichtigkeit setzte die Junge Streicherakademie ihre Darbietung mit dem Konzert in D-Dur für drei Violinen, ebenfalls von Bach, fort, wobei Maria Karen Wöllstein, Kim-Chi Stutzinger und Emma Josefine Mühlnickel die Soloparts übernahmen. Nach einem hell erklingenden Beginn wurden diese nacheinander eingeschoben. Die drei Violinistinnen spielten zweimal nacheinander auf beindruckende Weise ihre Soli und demonstrierten spätestens hier, dass sie erfahrenen Berufsmusikern in nichts nachstehen. Mit Präzision und ohne angestrengt zu wirken, begeisterten sie das Publikum in der Schlosskirche. In der Ausdrucksstärke tat sich besonders Maria Karen Wöllstein hervor, die mit besonderer Leichtigkeit und Freude zu musizieren schien. Auch der zweite Satz, ein eher molllastiges Adagio, war von den ergreifenden Soli und den auf den Punkt getroffenen Gegenphrasen des Ensembles gezeichnet. Die nun melancholischen Klänge verfielen im Gegensatz zum vorangegangenen Allegro in ein fast andächtiges Mezzopiano. Daher erschien der dritte Satz sehr erweckend, da nun wieder erst heitere Motive vorherrschten, die sich schließlich Stück für Stück hin zu dramatischeren Wendungen entwickelten. Mit weiteren drei Soli steigerten sich die Violinistinnen noch einmal sowie auch das Tempo zum Schluss des Konzerts anzog. Das Ende bildete ein prachtvoller D-Dur-Akkord, der jedoch schnell dem aufbrausenden Applaus der sichtlich begeisterten Zuhörer erlag.

Abschließend bot die Streicherakademie gemeinsam mit einer weiteren Solistin das Konzert in d-Moll für Violine und Streichorchester von Felix Mendelssohn Bartholdy dar. In diesem hochromantischen Werk lag der Schwerpunkt auf schweren Violin-Klängen, wobei alle Musiker zuletzt sichtbar mit Begeisterung bei der Sache waren. Liza Fediukova, Mentor-Stipendiatin der Stiftung Bad Homburger Schlosskonzerte, die nun den Solopart der folgenden drei Sätze übernahm, brachte bereits das Auftreten eines Stars mit in den ehemaligen Altarraum der Schlosskirche. Expressiv und treffsicher setzte sie die Passagen für eine Violine um. Ebenso eindrucksvoll spielten die restlichen Streicher wiederum unisono auf erhabene Weise dramatische Elemente. Wenn hier und dort Heiterkeit im Stück auftrat, wurde sie stets schnell wieder durch niederschlagende Melancholie oder Tragik vertrieben. Auf dieser Art begeisterte auch Mendelssohns Werk die Anwesenden.

Veranstalter Karl-Werner Joerg sollte Recht behalten: Junge Musiker können unter richtiger Anleitung genauso überzeugen wie etablierte Musiker, auch wenn diese oft ein höheres Maß an Erfahrung vorweisen. Ein langanhaltender Applaus im Anschluss an die Darbietung ließ sich als Bestätigung des Publikums verstehen.



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