Turbulente Weltumrundung mit grandiosen Darstellern

Ein Ausbund an groteskem Humor: Johannes Welskop als Chief Inspector Fix (l.) und Frederick Wolff als Sergeant Looney (r.) erheitern die 300 Zuschauer in der Aula. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). „Und schalten Sie bitte Ihre Smartphones auf Flugmodus!“ Dieser Aufforderung der Technik-AG des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums am Theaterabend mit dem Stück „In 80 Tagen um die Welt“ kamen die Zuschauer nach – natürlich hatte die Mehrzahl der 300 anwesenden Schüler und deren Angehörige ihre Smartphones dabei. Wer die derzeitige Diskussion über die Schädlichkeit des Smartphone-Gebrauchs für Kinder und Jugendliche verfolgt, dem fiel auf, welche Leistung die Leiterin der Theater-AG des KFG, Lehrerin Silke Herrmann, erbringt, indem sie mehr als 20 junge Menschen für das Theaterspielen begeistert – weg von den digitalen Medien, hin zu Spielfreude, Gedächtnisleistung und persönlichem Einsatz.

Entspannt und selbstsicher, mit Witz und Charme agierten die Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 12 bei dem Theaterstück nach dem von Jules Verne 1873 erstmals auf Französisch veröffentlichten Roman. Im selben Jahr auch auf Deutsch erschienen, eignet sich die Geschichte um den britischen Gentlemen Phileas Fogg und seine Weltreise bestens für eine Theater-Adaption.

Selbstbewusst kündigt der penible Phileas Fogg (Henrik Hamann) an, eine Wette mit drei Herren der Londoner Upperclass einzugehen: Er werde die Welt in 80 Tagen einmal umrunden. Dass Fogg gemeinsam mit seinem Diener Passepartout (David Sachunsky) und der Köchin Mrs. Potts (Leonie Sticher) die Reise „von London nach London“ bewältigt und die unmöglich erscheinende Wette gewinnt, ist keine ausgemachte Sache: Denn Chief Inspector Fix (Johannes Welskop) und Sergeant Looney (Frederick Wolff), englische Polzeibeamte, jagen Phileas Fogg, den sie irrtümlich für einen Bankräuber halten, um die ganze Welt. Während Fogg und seine Begleiter in Ägypten, Indien, Hongkong, Japan und Amerika viele Abenteuer bestehen und stets darum bangen müssen, rechtzeitig ein Schiff oder anderes Transportmittel zur Weiterfahrt zu erreichen, und Phileas Fogg sich unterwegs auch noch in die schöne Prinzessin Aouda (Maggie Hu) verliebt, schmieden die beiden Polizisten einen Plan nach dem anderen, um die Reise zu stören.

„Mr. Fogg ist kein Mensch, sondern eine Maschine!“ So umschreibt seine energische Köchin Mrs. Potts die überkorrekte Lebensart ihres Herrn – doch im Verlauf der turbulenten Weltumrundung nimmt der englische Gentlemen, der auch seinem Diener Passepartout mitunter das Leben schwer macht, sehr menschliche Züge an. Packende Wendungen und faszinierende Einblicke in die kulturelle Vielfalt der Welt fesseln die Zuschauer.

Dass das Theaterstück so ungemein unterhaltsam war, verdankte es der immensen schauspielerischen Leistung aller beteiligten Schüler. Nicht nur die Hauptrollen waren glänzend besetzt, auch die übrigen Rollen hatte Regisseurin Silke Herrmann mit viel Gespür für die Charaktere der Spieler vergeben: Maggie Hu als Prinzessin Aouda, die auch als Sängerin hervortrat, und die mit viel Esprit agierende Annika Bertsch als Lady Ensworth und Lady Pickwick legten große Schauspielkünste an den Tag, ebenso Henrik Hamann als Phileas Fogg und der aus der 9. Jahrgangsstufe stammende David Sachunsky. Glanzlichter des Humors und der Groteske setzten Johannes Welskop und Frederick Wolff als Polizisten und als Frauen verkleidete englische Damen dem Stück auf: grandioses Spielvermögen und beeindruckende Mimik zeichneten ihre Auftritte aus.

Immens viel Text gelernt

Ausgestattet mit detailreichen und liebevoll ausgesuchten Kostümen und großartigen Bühnenbildern, die Familie Herrmann in Eigenarbeit entworfen hatte, schafften es die jungen Schauspieler, die immens viel Text auswendig gelernt hatten und in Tanz- und Gesangseinlagen glänzten, die mehr als 100 Jahre alte Romanvorlage lebendig werden zu lassen. Und der „englische Suppenkasper“ – wie Rinderbaron Stenton (Edwin Peng) den Gentlemen Fogg in San Francisco bezeichnet – kommt am Ende überpünktlich von seiner Weltreise zurück in die feixende Londoner Gesellschaft: Er düpiert und überrascht seine Wettpartner. „Im Eiltempo um die Welt – und dabei die Frau des Lebens gefunden, das nenn’ ich ökonomisch!“.

Silke Herrmann hat gemeinsam mit ihren zahlreichen Helfern hinter den Kulissen und den großartigen jungen Schauspielern auf der Bühne des Gymnasiums bewiesen: Jenseits der digitalen Euphorie und Langeweile gibt es im Bereich Schauspiel für junge Menschen ein großes Feld der sinnvollen Beschäftigung zu entdecken.



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