Ernste Blicke, festliche Kleidung und ein Maiglöckchenstrauß

Das von der Mutter selbstgenähte Konfirmationskleid aus schwarzem Chiffon von Marion Hille aus dem Jahr 1973 ist eines der Ausstellungsstücke, die Heinz Humpert (l.) und Ernst Henrich vom Geschichtlichen Arbeitskreis Gonzenheim in der Ausstellung über Konfirmation und Erstkommunion im Heimatmuseum präsentieren. Foto: Bergner

Bad Homburg (a.ber). Ernst ist der Blick in die Kamera, die Hand umklammert ein schwarzledernes Gesangbuch oder einen kleinen Maiglöckchenstrauß: Aber nicht nur an der langen Belichtungszeit, die die Kameras Anfang des vergangenen Jahrhunderts noch hatten, liegt die Ernsthaftigkeit der abgelichteten Konfirmanden an ihrem Ehrentag – Konfirmation war und ist heute noch ein Ereignis, an dem Jugendliche mit ihrem Erwachsenwerden konfrontiert werden, an dem sie ein Glaubensbekenntnis ablegen, das sie zu vollwertigen Mitgliedern einer Kirchengemeinde macht. Etwas kecker schauen da doch die Erstkommunionskinder aus ihren Anzügen und weißen Kleidern heraus: Mit neun Jahren sieht man die Welt noch eher von der spielerischen Seite.

Die mehr als 260 Fotos für die Sonderausstellung „Bilder zur Konfirmation und Erstkommunion aus Gonzenheimer Familien“, die das Gonzenheimer Museum im Kitzenhof derzeit zeigt, sind durchaus reizvoll. Reizvoll deshalb, weil sie ein Schlaglicht werfen auf eine lange Tradition menschlichen Glaubenslebens.

Während die katholische Kommunion schon im Frühmittelalter bei oder direkt nach der Taufe üblich war – hier erhielt der Täufling zum ersten Mal die Heiligen Sakramente Brot und Wein –, wurde die evangelische Konfirmation als Wiederholung des Taufbekenntnisses und Segenshandlung mit der Austeilung der Sakramente im 16. Jahrhundert durch pietistische Kreise eingeführt. 1666 fand in Frankfurt-Bonames die erste Konfirmation in Hessen statt. Die katholische Kirche verschob den Erstkommunionstermin später auf das sogenannte „Vernunftalter“ von neun Jahren, während die Evangelischen ihre Jugendlichen mit 14 Jahren zum Glaubensunterricht schickten. Wie die Ausstellung im Heimatmuseum zeigt, sind Erstkommunion und Konfirmation in jedem Fall ein Festtag für die ganze Familie.

Auf dem ältesten Foto der Ausstellung von 1913 ist der evangelische Pfarrer Theodor Paulus mit einer großen Gruppe Gonzenheimer Konfirmanden vor der Kirche zu sehen. Die feierliche Kleidung spielte und spielt heute noch eine große Rolle an diesem Festtag. Schwarz waren die Kleider der Mädchen bis in die 1970er-Jahre; danach bewiesen die Konfirmandinnen mit oft farbigen Kleidern mehr individuellen Mut. An den schwarzen Anzügen der Jungen hat sich durch mehr als 100 Jahre hin nichts geändert; 1927 trugen manche noch Hut oder Studentenmütze dazu. Hier ist es interessant, die Gruppenfotos mit den Pfarrern Dekan Schmidt, Merten, Mosebach, Bergner und Pfarrerin Spory hintereinander zu betrachten – die Ernsthaftigkeit der Konfirmierten nach der Segenshandlung ist den Gesichtern immer wieder abzulesen. Die Organisatoren der Ausstellung, Heinz Humpert und Ernst Henrich vom Geschichtlichen Arbeitskreis Gonzenheim, haben zur besseren Anschauung auch einige große Puppen mit Konfirmations- und Kommunionskleidern aufgestellt.

Marion Hille trug 1970 ein von der Mutter selbstgenähtes schwarzes Konfirmationskleid mit weißem Spitzenkragen, und Angela Jäschke hatte sich zur Kommunion für ihr weißes Spitzenkleid unbedingt schwarze Schuhe gewünscht – die Eltern kamen damals diesem ungewöhnlichen Wunsch tatsächlich nach.

Geschenke gab es auch vor 100 Jahren schon zum Festtag: Gesangbücher, Spitzentaschentücher und Blumen aller Art waren üblich. Auch viele bunte Glückwunschkarten haben die Ausstellungsmacher zusammengetragen, ebenso wie Konfirmationsurkunden, die älteste von 1876. „Natürlich wünschten wir uns zur Konfirmation auch Geld – ich habe meines dann in den Kauf eines Fahrrads gesteckt“, erinnert sich Ernst Henrich.

Dass nach der Konfirmation erstmals auch offiziell Alkohol getrunken werden durfte, darüber lächelt vielleicht der eine oder andere 14-Jährige heute. Der Findigkeit und Hartnäckigkeit von Heinz Humpert ist es zu verdanken, dass die Gonzenheimer Bevölkerung für die Ausstellung so viele Einzelfotos von Konfirmanden und Kommunionskindern zur Verfügung stellte: Ganze Familien mit ihrer Glaubenstradition sind so auf den Schautafeln mit Namen und Datum zu sehen. Auch Gruppenfotos von Goldenen Konfirmationen in der Gonzenheimer Kirche sind dabei. Beinahe wie Gemälde sehen die gestellten Fotos der Erstkommunionskinder aus, wie das von Roman Janzen mit seiner großen weißen Kommunionskerze in der Hand oder jenes Bild von Rosa Marie Fraile aus Gonzenheim, die 1969 in Spanien zur Kommunion ging „und aussah wie eine Braut“, so Humpert.

!Wer die Sonderausstellung „Bilder zur Konfirmation und Erstkommunion aus Gonzenheimer Familien“ sehen möchte, kann das Museum, Am Kitzenhof 4 in Bad Homburg-Gonzenheim, sonntags von 15 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung besuchen. Der Geschichtliche Arbeitskreis Gonzenheim bietet für Schulklassen und Konfirmandengruppen auch Führungen an, Kontakt Heinz Humpert unter Telefon 06172-450134.

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