Seine Tage sind ausgefüllt mit Gonzenheimer Geschichte

In seinem Arbeitszimmer stöbert Ernst Henrich in Fotos und Texten zur Geschichte des „Geschichtlichen Arbeitskreises Gonzenheim“ (GAG), der in diesem Jahr das 40-jährige Bestehen feiern kann. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). „Herr Henrich, wir müssen wieder fliegen!“ Der Aufforderung eines Stadtbaurats im Stadtplanungsamt Bad Homburg kam Ernst Henrich immer gerne nach: Schon in den frühen 1980er-Jahren schoss der gebürtige Gonzenheimer die ersten Luftbildaufnahmen der Kurstadt aus dem Kleinflugzeug. Wenn man Ernst Henrich, der mehr als 20 Jahre im Planungsamt für die Stadtentwicklung tätig war und vor Kurzem sein 80. Lebensjahr vollendete, nach Orten im Stadtgebiet fragt, rollt er im Kopf die Landkarte aus. Seine „persönliche Landkarte der Stadt“ verzeichnet aber noch viel mehr – auch für ihn selbst bedeutende Orte. Viele Jahre hat Ernst Henrich die Geschichte seines Geburtsorts Gonzenheim erforscht, kennt jede Straße, Häuser und Menschen. 1982 gründete er zusammen mit anderen Gonzenheimern den „Geschichtlichen Arbeitskreis Gonzenheim“ (GAG), der dieses Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert.

Zur Zeit ist der Vorsitzende des Gonzenheimer Geschichtsvereins dabei, hunderte Fotos zu sichten und Informationen zur Entwicklung des Geschichtlichen Arbeitskreises zuzuordnen; in seinem Arbeitszimmer stapeln sich Aktenordner, und für Ernst Henrich ist die Vorbereitung der Jubiläums-Sonderausstellung „40 Jahre Geschichtlicher Arbeitskreis Gonzenheim“ eine Reise in die Vergangenheit des Stadtteils und in die eigene Lebensgeschichte. Den Überblick behält der gelernte Modellbauer, der in Vermessungstechnik und Kartographie bewandert war, 25 Jahre bei Schmeer Modellbau in Ober-Eschbach arbeitete und dann vom Bad Homburger Stadtplanungsamt angeworben wurde. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Vereinsvorstands plant Ernst Henrich auch die große Jubiläumsfeier, die im Oktober 2022 mit einem Festakt im Vereinshaus Gonzenheim begangen werden soll.

„Und das war meine Schule“, sagt der 80-Jährige und zeigt auf ein Foto des alten Volksschulgebäudes, das früher im Gonzenheimer Ortskern nahe der heutigen Freiwilligen Feuerwehr stand. Im November 1941 im großelterlichen Haus in der Gotenstraße 14 geboren, ging Ernst Henrich acht Jahre lang zur Volksschule, und wenn die Schule auch heute nicht mehr steht, ist sie doch ein markanter Erinnerungspunkt auf seiner persönlichen Landkarte. Viele Orte in Gonzenheim sind für ihn mit eigenen Erinnerungen verknüpft, so die Gotenstraße in dem „Bauerndorf“, die er als Kind noch als unbefestigte Feldstraße erlebte, an der ein Graben zur Feldentwässerung entlanglief und auf der er mit anderen Kindern im Winter rodeln konnte. Von der Scheune gegenüber dem Haus durch die großen Obstbaum-Plantagen bis zum Flugplatz der Amerikaner am heutigen Zubringer zur A661 und bis zur „Gnade Gottes“ – so hieß im Volksmund das frühere Braunkohle-Bergwerk auf Gonzenheimer Gemarkung – reichte ihr Spielplatz. Viele Male dokumentierte Henrich später auf Luftbildern die Veränderungen im Stadtteil und auch im gesamten Stadtgebiet – ein Experte in Sachen Stadtentwicklung.

Im Jahr 1982, als die Bad Homburger Stadtverwaltung die 1200-Jahr-Feier der Stadt plante und Ansprechpartner in den Stadtteilen suchte, war dem Gonzenheimer Netzwerker Ernst Henrich schnell klar: „Wir machen etwas Geschichtliches!“ Gemeinsam mit Hobby-Geschichtsforscher Karl-Adolf Westerfeld, seiner Frau Karin Henrich und fünf weiteren Gonzenheimern aus den 15 Vereinen dort stellten sie die große Ausstellung „Gonzenheim im Wandel der Zeit“ auf die Beine, die im Oktober 1982 im Vereinshaus gezeigt wurde: „Ein ganzer Saal voll Geschichte“, schwärmt Henrich noch heute.

Die Historikerin Dr. Angelika Baeumerth hatte den Enthusiasmus und die beeindruckende Geschichtskenntnis der ehrenamtlichen Gruppe bemerkt und gab den Anstoß zur Gründung des „Geschichtlichen Arbeitskreis Gonzenheim“. In den 40 Jahren seines Bestehens sind nicht nur 25 umfangreiche Broschüren zur Gonzenheimer Geschichte und jährliche Sonderausstellungen entstanden, sondern 2013 auch das Heimatmuseum im Vereinshaus; dies war besonders dem Vorstoß Ernst Henrichs zu verdanken, der mit seiner Familie 30 Jahre in einer Wohnung des Vereinshauses gewohnt hatte, 2006 in sein Elternhaus an der Gotenstraße zurückzog und anschließend hartnäckig die Einrichtung des Museums in den freigewordenen Räumen voranbrachte.

Seit 1999 steht ihm außer seiner Frau besonders der Heimat- und Familienforscher Heinz Humpert zur Seite, seit vielen Jahren 2. Vorsitzender des Arbeitskreises, der heute die Arbeit im Museum und Archiv wesentlich organisiert. Das ehrenamtliche Trio arbeitet nun auch eifrig an der Sonderausstellung zum 40-jährigen Bestehen des Geschichtlichen Arbeitskreises. „Es ist viel Arbeit, Fotomaterial und Informationen aus unseren Archiv und weiteren Quellen zusammenzutragen und wo es geht, noch Gespräche mit Zeitzeugen zu führen“, sagt Ernst Henrich. Eine wichtige „Quelle“ ist dabei auch der Ehrenvorsitzende des Vereins, Karl-Adolf Westerfeld.

Für das Jubiläum sind nicht nur eine Broschüre über den GAG und die Sonderausstellung geplant, die bald ihre Pforten öffnen wird, sondern auch die Aufstellung des letzten noch ausstehenden Info-Schilds für den historischen Ortsrundgang durch Gonzenheim an der Grenzsäule zu Ober-Eschbach am Karfreitag 2022. Für Oktober ist dann der Jubiläums-Festakt im Vereinshaus am Kitzenhof geplant – „bis dahin sind meine Tage wieder gut ausgefüllt mit Gonzenheimer Geschichte“, schmunzelt Ernst Henrich.

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