Flucht aus dem Alltag in die Steinzeithöhle

Oberförster Waldmann versteht keinen Spaß, wenn es um seine Frau Marlene geht und „rettet“ sie kurzerhand aus den Fängen ihres vermeindlichen Entführers. Foto: jbr

Bad Homburg (jbr). Einfach raus, weg, nicht umdrehen und in die einsame Wildnis des Taunus flüchten! Und dann trifft man ausgerechnet auf der schönsten Lichtung irgendwo im Nirgendwo einen Leidensgenossen. Detlev Duster (Oliver Ernst) staunt nicht schlecht, als ihm Ewald Kramer (Philipp Ernst), alias Machnix, in ein Fell gehüllt gegenübersteht. Auch diesem war es zu Hause zu viel geworden, sodass er auf dem Weg zum Zigarettenautomaten in den Wald abgebogen war und ein steinzeitliches Leben in einer Höhle begonnen hatte.

Kurzerhand richtet sich Detlev Duster, nun unter dem kreativen Namen „Tunix“, in der nebenliegenden Höhle ein. Doch kurze Zeit später soll es das mit dem idyllischen Leben im Taunus gewesen sein, als auf einmal diverse andere Personen den Weg auf die schöne Lichtung vor den Behausungen der Ausreißer finden beziehungsweise sich dorthin verirren.

Die Kolpingfamilie Kirdorf hatte an zwei Abenden zu ihrer neuen Bühnenproduktion „Freizeit in der Steinzeit“ ins Bürgerhaus eingeladen, das zu den Aufführungen beinahe bis in die letzte Reihe gefüllt war. Von Beginn an zeigte sich das Publikum bester Stimmung, lachte herzhaft über köstliche Dialoge und Gags. Die mit Liebe zum Detail ausgewählten Kostüme amüsierten die Kirdorfer zusätzlich. Und wenn die Schauspieler, die ihre Rollen durchweg glaubhaft und sicher präsentierten, doch mal eine Zeile vergaßen, sahen die Zuschauer es jenen gerne nach und schmunzelten über das ein oder andere Durchbrechen der sogenannten „vierten Wand“.

„Mit Papa wäre das nicht passiert!“, seufzte Tina Kramer (Veronika Heid), als sie mit ihrer Mutter Verena, deren neuem Lebensgefährten und seinem Sohn Benno durch den Wald stapfte. „Der ist seit zwei Jahren beim Zigarettenholen“, warf Carsten Stein (Stefan Kozubik) ein, kurz bevor seiner Freundin Verena auffiel, dass sie sich nicht nur verlaufen hatten, sondern auch der Picknickkorb am Auto geblieben war. Da standen die vier nun auf der dem Publikum wohl bekannten Lichtung – unweit von dem verschollen geglaubten Vater entfernt. Plötzlich erklang das Brüllen eines Bären aus der Höhle. „Vielleicht ist einer aus dem Zoo entlaufen“, vermutete Benno, woraufhin die Wanderer sicherheitshalber die Beine in die Hand nahmen und das Weite suchten. „Damit habe ich schon viele vertrieben“, prahlte Machnix einen CD-Player in der Hand haltend.

Im Laufe des ersten Akts stellte sich heraus, dass Tunix nach einem Streit mit seiner Frau von zu Hause geflohen war. Jedoch nicht etwa wegen irgendwelcher Bagatellen im Hause Duster, sondern, weil Detlev Duster so gerne die Unterwäsche seiner Frau Sophie anziehen wollte. Darüber musste nicht nur das Publikum, sondern auch Ewald Kramer laut lachen. Niedergeschlagen fügte der in Anzug im Wald stehende Banker hinzu: „Frauen und Krawatten haben viel gemeinsam: Man sucht sie bei schlechtem Licht aus und dann hat man sie sein Leben lang am Hals.“

Ausgerechnet Sophie Duster, die von Daniela Pohlen verkörpert wurde, die zudem auch Regie führte, kam ihrem Ehemann sehr nahe, als sie mit ihrer Bekannten Liese (Anna Denfeld) beim Pilzesuchen zum zentralen Handlungsort, der Lichtung mit den zwei Höhlen, gelangte. Dort trafen die beiden auf Oberförster Waldmann (Klaus Ernst), der sich über den Verlust seiner Frau Marlene (Bianca Bickel) beklagte. Es schien etwas in der Luft zu liegen. Nach und nach verschwanden dann auch noch Verena und wenige Szenen später Liese. Im dritten Akt jagte ein Höhepunkt den nächsten, als Stück für Stück die Entflohenen in ihren Verstecken gefunden wurden und die durch Entführung und schlichtes Verlaufen Verschwundenen durchs Unterholz zurückgelangten. Und Vorsicht! Wer im Wald eine Affäre mit der Frau des Oberförsters anfängt, sollte sich vor dessen Gewehr in Acht nehmen. Dies lernte Machnix, als Waldemar Waldmann seine Frau Marlene bei den Höhlen entdeckte und völlig außer Rand und Band mit der Flinte herumzufuchteln begann. Scheinbar war Marlene gar nicht, wie der Förster fest vermutet hatte, entführt worden, sondern davongelaufen.

Schließlich fanden auch Detlev Duster und seine Frau Marlene zusammen, und Ewald Kramer leitete seine Rückkehr in die Zivilisation noch gerade rechtzeitig ein, um die Verkündigung der Verlobung seiner Tochter Tina und ihrem Zukünftigen Benno mitzubekommen. So wurden am Ende alle wiedervereint, und das Publikum applaudierte bestens amüsiert für die wunderbare Vorstellung, bei der es außergewöhnlich viel zu lachen gab.



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