Wenn ein „Schlippche“ Schlampagner kaufen geht

Schauspielerin Katarina Schaaf sorgt für einen unterhaltsamen Nachmittag in der Rolle des jungen „Frankforter Schlippche“. Mit hessischem Dialekt und lustigen Anekdoten aus dem Jahr 1910 bringt sie das Publikum zum Lachen. Foto: nel

Friedrichsdorf (nel). Am vergangenen Samstag war für beste Unterhaltung gesorgt – und das nicht wie geplant im Garten des Anwesens Hugenottenstraße 90, sondern in der Evangelischen Kirche daneben. An diesem Tag war nämlich „das Frankforter Schlippche“ zu Besuch. Die Musisch bildnerische Werkstatt (MbW) lud zum unterhaltsamen Nachmittag ein.

Wegen des unsteten Wetters musste die ursprüngliche Gartenlesung nach drinnen verlegt werden. Da weder das „Schlippche“, noch das gebannt zuhörende Publikum während der Lesung „gebadet“ werden wollten, mussten sich die Anwesenden den Garten also mit viel Fantasie vorstellen. Fantasie war jedoch sowieso nötig, denn die Geschichten des Schlippchens mussten sich die Zuhörer bildlich vorstellen, um sie vollständig auskosten zu können.

Schauspielerin Katarina Schaaf, die von Heinz Küttner, dem Vorsitzenden der MbW, als „echtes Frankfurter Mädchen“ vorgestellt wurde, schlüpfte in die Rolle eines aufgeweckten, fast sechsjährigen Kindes. Schaaf ging in Frankfurt zur Schule, studierte dort und an einer Schauspielschule in London und entführte das Publikum an diesem Tag in die Zeit von 1910.

„Schlippche“ hießen zu der Zeit die kleinen Mädchen, die viele Schleifchen am Haar und am Kleid trugen. Aus kindlicher Sicht, mit vielen Versprechern und Wortwitz erzählte Schaaf, wie der Alltag damals ablief und was an besonderen Anlässen so alles schiefgehen konnte. Natürlich auf Hessisch! Und auch ihr „Bärsche“ war dabei, der Teddy half dem „Schlippche“ seine Schüchternheit gegenüber all dem fremdem Menschen zu überwinden. Ihre Requisiten waren schlicht, außer ihres Kostüms und des Kuscheltiers hatte die Schauspielerin nur noch ein Buch mit passenden Zeichnungen dabei, zur Verdeutlichung mancher Dinge, sowie in Poesie-Album, in das die Familie des Schlippchens etwas geschrieben hatte. Mit nüchternem Wortwitz und authentisch kindlichem Unverständnis sorgte sie für schallendes Gelächter in der Kirche.

Chronologisch führte Schaaf durch die Monate des Jahres, beginnend mit Silvester. Alle Vorbereitungen für den Jahreswechsel mussten getroffen werden, viel wurde eingekauft. Sie bezog sich in ihrer Lesung auf bekannte Orte in Frankfurt, beispielsweise auf die „Fressgass“, auf der Delikatessen für Neujahr besorgt wurden. Das Schlippchen verwechselte Wörter, bezeichnet Kaviar als Klavier und Champagner als Schlampagner. Ihre aufgeweckte Art sorgte für eine heitere Stimmung. Viele ältere Zuhörer erinnerten sich an ähnliche Situationen und konnten genau nachvollziehen, von welchen Dingen das „Schlippche“ erzählte. Ihre „bleede“ Cousine zum Beispiel, oder ihr Geburtstagsgeschenk, eine Laterna Magica. Auch berichtete sie davon, wie sie sich einmal im Palmengarten verlaufen hatte oder in den Teich gefallen war. „Wieso sind immer die Sachen, die gut schmecken ungesund für Kinder?“, wollte sie frustriert wissen. „Und warum ist die Schürze mit Lochstickerei der Tante schön, aber sie selbst bekommt Ärger, wenn Löcher in der Kleidung sind?“ Ob das Schlippche wohl verstanden hatte, warum die Erwachsenen über diese Fragen schmunzeln mussten?



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