Stillstand der Bauarbeiten am Bahnhof erregt viele Gemüter

Menschen mit Handycap, Rollator, Rollstuhl, Gehhilfen, aber auch Menschen mit Kinderwagen, Fahrrädern, Rollern oder schwerem Gepäck wird das Bahnfahren am Friedrichsdorfer Bahnhof durch DB-Verschulden jetzt noch länger extrem erschwert bis unmöglich gemacht. Vielen kommt das wie eine Farce vor. Allerdings lachen kann hier keiner darüber. Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Wer mit der Deutschen Bahn (DB) von Friedrichsdorf nach Frankfurt oder Friedberg sowie von dort nach Friedrichsdorf fahren möchte, sollte um in die Züge ein- oder aussteigen zu können, sportlich sein. Um auf die entsprechenden Bahnsteige der Gleise 4 und 5 im Bahnhof Friedrichsdorf zu kommen, müssen die Reisenden eine rund zehn Meter hohe provisorische Überführung mit vielen Stufen erklimmen. Haben die Pendler oder Reisenden Kinderwagen oder Gepäck wie Koffer oder schwere Taschen dabei, sind sie auf Rollatoren oder Rollstühle angewiesen oder mit Rädern unterwegs, dann ist für viele der Auf- und Abstieg nicht zu schaffen. Zu denen, welche die körperliche Herausforderung meistern, gehört Leon Nemes: „Ich fahre täglich morgens mit dem Fahrrad von Friedrichsdorf nach Karben. Für die Heimfahrt nehme ich die Bahn.“ Gerade hat er sein Rad wieder wie eine andere Pendlerin auch, viele Stufen hinauf und dann wieder heruntergetragen. „Man gewöhnt sich daran. Mit Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen oder schweren Koffern ist die Überquerung ebenso körperlich anstrengend wie mit dem Rad. Viele sind auf die Hilfe von Mitreisenden angewiesen“, sagt der junge Mann. Und fügt hinzu: „Es ist unsicher. Vor allem im Winter, weil da nicht gestreut wird. Ich bin auf der Treppe schon zwei Mal ausgerutscht und hingefallen.“

Zu den hilfsbereiten Mitmenschen auf dem Bahnhof Friedrichsdorf gehört Mansoul Solizai vom Sicherheitsdienst. Er hilft beispielsweise allein mehr als dreißig Mal am Tag „Leuten mit Kinderwagen“. Das schwer zu überwindende Hindernis am Bahnhof der Hugenottenstadt besteht bereits seit Anfang 2022. Seither laufen Bauarbeiten zur Modernisierung und dem barrierefreien Ausbau der Station für inzwischen mehr als 17 Millionen Euro. Die DB informiert auf ihrem DB Bauinfo Portal: „Um die Station barrierefrei auszubauen, sind verschiedene Arbeiten notwendig. Unter anderem werden wir zwei neue Aufzüge installieren und eine neue Rampe an der Ostseite der Station errichten. Gleichzeitig werden wir den Bahnsteig 1 auf 97 Zentimeter erhöhen, damit die Reisenden komfortabler in die Züge ein- und aussteigen können. Des Weiteren statten wir die Bahnsteige mit Informationsvitrinen und -monitoren, einem taktilen Leitsystem für Blinde und Sehschwache sowie neuer Beleuchtung aus. Außerdem wird den Reisenden durch Fahrkarten- und Snackautomaten, neue Sitzbänke und ein Wetterschutzhaus pro Bahnsteig mehr Komfort sowie eine bessere Aufenthaltsqualität geboten. Anschließend werden wir die Bahnsteigbeläge sowie die Bahnsteigdächer erneuern.“ Verbunden sind diese Arbeiten und das Überqueren der provisorischen Personenüberführung wie geschildert mit großen Einschränkungen für die Reisenden. Erst kürzlich informierte die DB die Stadt Friedrichsdorf, dass sich „Modernisierung und barrierefreier Ausbau der Verkehrsstation Friedrichsdorf weiter verzögern werden.

Maßloser Ärger über Verzögerung

„Die geplanten Arbeiten an der neuen Personenunterführung können leider nicht wie geplant ab dem 15. Juli stattfinden“. Damit wurde bereits zum zweiten Mal der Einschub einer unter den Gleisen verlaufenden Betonröhre, durch welche die Reisenden künftig zu den Zügen gelangen, verschoben. Verzögerungsgrund vor einem Jahr waren falsche Annahmen zur Bodenbeschaffenheit, die fehlerhafte Berechnungen der Unterführung zur Folge hatten. Jetzt sollte Mitte Juli die neue Unterführung unter den Gleisen eingeschoben werden. Die DB gab als Gründe für die erneute Verzögerung an: „Da sich bereits im letzten Jahr gezeigt hat, dass die im laufenden Jahr zur Verfügung stehenden Sperrpausen für einen konventionellen Bau nicht ausreichend sind, wurde im Sinne der Baubeschleunigung und in enger Abstimmung mit dem Bauauftragnehmer entschieden, die gesamte Personenunterführung und deren Zugänge (Treppen, Aufzugsschächte und Unterfahrten) in Fertigteilbauweise zu erstellen, teils am Ort und teils in einem Betonwerk. Hierzu war eine umfangreiche und komplexe Umplanung nötig, die hinsichtlich Regelwerkskonformität und technischer Umsetzung im Betonwerk mehrfach angepasst werden musste. Leider gab es aufgrund der engen Terminschiene, ausgelasteten Firmen und der komplexen Geometrie keine fristgerechte Lösung aller auftretenden Herausforderungen. Da die Abläufe im Projekt eng aufeinander abgestimmt sind, wird die Baumaßnahme während der Sommersperrpause nicht in Gänze umsetzbar sein.“ Bürgermeister Lars Keitel (B90/Die Grünen) sagt: „„Ich ärgere mich maßlos über die Art der Kommunikation und wie mit den Nutzern umgegangen wird. Die Bahn hat sowohl uns als auch die Öffentlichkeit im Glauben gelassen, dass es bald weitergeht. Die Deutsche Bahn steht in der Verantwortung, diese katastrophalen Zustände am Friedrichsdorfer Bahnhof endlich zu beseitigen, das Projekt zu einem zügigen Abschluss zu bringen und eine schnelle Verbesserung für die Nutzer zu erreichen.“

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