Stadtbus oder On-demand-Verkehr? Infoveranstaltung gibt ersten Überblick

Die derzeitige Abdeckung mit den bestehenden Buslinien in Hornau. Fotos: IGDB

Kelkheim
(ju) – Stadtbus oder On-demand-Verkehrssystem oder beides – das ist hier die Frage?! Antworten, oder zumindest einen Ausblick auf das was kommen könnte, gaben am vergangenen Montag Birgit Hartmann, Prokuristin bei der Main-Taunus-Verkehrsgesellschaft (MTV) und Lutz Sebbesse vom beauftragten Büro IGDB Verkehrsplanung und Beratung auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Rathaus. Mit Bedauern stellte Bürgermeister Albrecht Kündiger fest, dass nur wenige Bürger den Weg in den Plenarsaal gefunden hatten. Dafür waren Vertreter fast aller Fraktionen anwesend, um sich die zwei möglichen Bus-Systeme für Kelkheim vorstellen zu lassen und Fragen stellen zu können. Das Parlament hatte vor einiger Zeit beschlossen, eine solche Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs zu prüfen. Eines vorweg: Eine Beschluss-Empfehlung gab es von Birgit Hartmann nicht, dazu sind die Erfahrungswerte gerade in Bezug auf das On-demand-System noch zu gering. Dazu später mehr.

Stadtbus-Projekt

Der Status quo in Kelkheim sieht derzeit so aus: Aktuell wird das Grundangebot im Stadtgebiet von Kelkheim mit einer SPNV-Linie (RB12) und drei lokalen Buslinien (263, 804, 805) erbracht. Dreh- und Angelpunkt ist dabei der Busbahnhof Kelkheim-Mitte. Das Projekt würde die Erschließung der einzelnen Stadtteile mit kleinen Bussen des Typs „Sprinterklasse“ vorsehen. Dabei handelt es sich um Busse mit 13 Sitzplätzen, die behindertengerecht mit einem Rollstuhl- bzw. Kinderwagenstellplatz ausgerüstet sind. Die Dieselfahrzeuge sollen die Verbindung zur Regionalbahn schaffen und drei Strecken befahren: Blau erschließt die Stadtteile Fischbach, Ruppertshain und Eppenhain, Rot wird durch Hornau fahren und Lücken schließen und die Linie Grün würde Kelkheim-Mitte und den nördlichen Teil von Münster einbinden. Im 30-Minuten-Takt von 7 bis 20 Uhr würden insgesamt 4 Fahrzeuge die Strecken befahren, wobei die Linien Rot und Grün 20 Minuten unterwegs wären und die Blaue Linie für ihren Weg in die Bergdörfer 50 Minuten benötigen würde. Das Ganze hat natürlich seinen Preis. Die Planer veranschlagen 760.000 Euro im Jahr.

Gleichzeitig sollten die Fachleute auch prüfen, ob es eine Möglichkeit gibt, den Stadtbus an die MTK-Klinik in Bad Soden anbinden zu können. Auch dies wäre möglich, würde aber nur auf Kosten des 30-Minuten-Taktes umsetzbar sein. Die Linien Rot und Grün müssten dabei kombiniert und die Mehrkosten von 6.000 Euro dabei berücksichtig werden. Die Strecken mit dem Stadtbus wären jederzeit mit den Tickets des RMV sowie mit dem eventuell im April nächsten Jahres startenden 49 Euro-Ticket befahrbar.

On-demand-Projekt

Neben dem Stadtbus-Konzept prüften die Fachleute auch die Umsetzung eines On-demand-Verkehrs wie er derzeit in Hofheim angelaufen ist. Die Mischung zwischen Taxi und ÖPNV kann wie folgt beschrieben werden: Die Fahrt findet unabhängig von einem Fahrplan oder einem Linienweg statt, wobei unterwegs Fahrgäste ein- und aussteigen dürfen und das Fahrzeug nicht alleine genutzt wird. Das App-basierte Modell verfügt über einen Algorithmus, der die Routen plant und optimiert. Genutzt werden bestehende Haltestellen, sowie virtuelle, die von Stadt und MTV festgelegt werden. In der Praxis sieht das wie folgt aus: Der Fahrgast bestellt über die Handy-App das Fahrzeug zu einem Haltepunkt in seiner Nähe. Nach Aussage von Hartmann dauert es dann in der Regel zehn Minuten, bis der Bus da ist und den Fahrgast aufnimmt. Auch hier werden bestehende RMV-Tickets mit angerechnet.

Das Konzept des On-demand-Verkehrs wird derzeit in Hofheim getestet. Der „Colibri“, ein Kleinbus mit maximal acht Sitzplätzen, ist der Nachfolger des Anruf-Sammeltaxis (AST) und läuft seit Juni als teil des Pilotprojekts „Frankfurt-Rhein-Main-On-demand Verkehr“. Die ersten Eindrücke sind gut, erklärt Hartmann, belastbare Ergebnisse gebe es aber noch nicht. Was auffällt: Gerade junge Leute würden den Modellversuch gut annehmen. Nach einem halben Jahr wolle der MTV erstmals Bilanz ziehen, auf diese Ergebnisse könnte dann auch Kelkheim zurückgreifen.

Für die Stadt hat der MTV die Strecken, die auch der Stadtbus abfahren soll, geprüft, allerdings von den frühen Morgenstunden bis 1 Uhr nachts. Angedacht ist der Einsatz von vier Elektrobussen mit sieben Sitzen, ein Bus wird barrierefrei umgebaut. Kosten für die Stadt bei einer Laufzeit von 10 Jahren – 830.000 Euro pro Jahr. Gestartet werden könnte frühestens zum Fahrplanwechsel 2024. Hinzu kommt, dass die nötige Infrastruktur mit Schnell-Chargern etc. geschaffen werden müsste.

Und noch ein Problem tauchte bei der Präsentation auf: der unterdimensionierte Busbahnhof in Kelkheim-Mitte, der schon jetzt an seine Grenzen stößt. Weitere drei Busse, auch wenn sie klein seien, könnten hier nicht mehr aufgenommen werden. Dessen ist sich die Stadt bewusst, das Gesamtrojekt Kelkheimer Bahnhof, mit Unterführung, drittem Gleis und barrierefreiem Busbahnhof ist schon seit einiger Zeit im Fokus.

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