Herzen für eine Neue Welt ist hessische Stiftung des Jahres

So bunt wie das Leben und die Kultur in Peru sind, waren auch die Tänze zum 17-jährigen Bestehen des Vereins „Herzen für eine neue Welt“, die von Lebensfreude zeugten.

Foto: Schemuth

Falkenstein
(el) – „Dein ist mein ganzes Herz“ – eine ergreifende Melodie, am Klavier vorgetragen von Alice Arnold, Witwe des verstorbenen Gründers des Vereins „Herzen für eine neue Welt“, Dr. Dieter Arnold. Der Einstieg über die sanften Töne bildete am vergangenen Freitagabend den Einstieg in den Patenabend im Bürgerhaus Falkenstein. Dieser stand ganz im Zeichen von 17 Jahren Projektarbeit im peruanischen Chicontal. „Unser Herz schlägt stets für den Gründer des Projekts“, stellte der Vereinsvorsitzende Gerhard Benner, stets im Bild bleibend, eingangs des Abends fest, der auch ein sehr emotionaler werden sollte. Zahlreiche Freiwillige, die vor Ort im Projekt tätig waren, feierten hier ihr Wiedersehen mit Gleichgesinnten und für anwesende Paten wurde anhand von Bildern die Nähe zum Projekt hergestellt.

Es sollte ein bunter Abend werden, farbenfroh, gespickt mit peruanischen Tänzen und Eindrücken direkt aus den Anden, projiziert auf die Leinwand. Gleich zu Beginn gab es auch eine Sensationsnachricht, die nur zwei Tage vor dem Patenabend selbst die Mitglieder der noch jungen Herzensstiftung überrascht hat. Die nämlich waren an besagtem Mittwoch vergangener Woche beim Hessischen Stiftungstag vor Ort in Wiesbaden, um die Herzensstiftung an einem Informationsstand vorzustellen. Diese war bereits im Dezember 2014 zur Stiftung des Monats erklärt worden und wurde somit ins Rennen um die Hessische Stiftung des Jahres 2015 geschickt. Irgendwann beim Löffeln seiner Gulaschsuppe dämmerte es Jan Daneke von der Stiftung, dass man ja tatsächlich gewinnen könnte und dass man für diesen Fall besser ein paar Dankesworte vorbereiten sollte. „Ich war wie erstarrt und hatte eine Gänsehaut“, schildert Daneke die ersten Momente, nachdem verkündet wurde, dass es die Herzen aus Königstein tatsächlich geschafft haben. „Wir sehen das auch als Startschuss für einen Impuls in der Stiftung, der sich auf alle überträgt, so Daneke weiter.

Zukunftsvisionär Dr. Dieter Arnold hatte die Stiftung noch selbst initiiert, um das Projekt zu unterstützen. Stiftung und Verein sollten eng miteinander verbunden sein. Joachim Reif und Jan Daneke von der Stiftung sind überzeugt: „Wir brauchen diese Stiftung neben dem Verein, um das Projekt langfristig auf gute finanzielle Beine zu stellen.“ Beide sehen die Auszeichnung auch als wichtiges Vehikel, das noch weitere Türen öffnen könnte. Schließlich bringt so ein Prädikat hohes Ansehen mit sich und die Aussicht auf Spenden. Ausgestattet mit einem Anfangskapital von 60.000 Euro hat sich das Kapital inzwischen dank einer Spende auf 100.000 Euro erhöht. Die Stiftung sei ein Leuchtturm für die Zukunft, so Jochim Reif und gleichzeitig das Vermächtnis von Dieter Arnold. Auch Bürgermeister Leonhard Helm beglückwünschte alle, die sich für das Herzensprojekt und seine Stiftung einsetzen und ist erfreut darüber, dass die Energie, mit der das Projekt vorangetrieben wird, auch nach dem Tod seines Gründers nicht nachgelassen hat.

Das lässt sich auch an den Neuigkeiten direkt aus dem Projekt ablesen, die Gerhard Benner im Detail überbrachte. Eine wichtige Zahl schickte er schon mal vorweg, die an sich schon eine Hausnummer ist: 40.000 Euro bedarf es im Monat, um alle laufenden Kosten des Projektes zu decken. Dem gegenüber stehen feste Einnahmen durch das Patensystem und Spenden. Auch hier ist die Entwicklung eine positive. Man kann derzeit 401 Pateneltern verzeichnen, sowohl für Kinder-, Lehrer- Schulpatenschaften sowie für die Schulspeisung.

Im April hatte Benner erst zusammen mit weiteren Vorstandsmitgliedern dem Projekt einen Besuch abgestattet und hatte natürlich zum Patenabend in Falkenstein viele Eindrücke mitgebracht, die nicht zuletzt auch Lust auf einen Besuch im Chicontal, in der Nähe der nächst gelegenen Stadt Urubamba, machen.

Allerdings ist der Weg dahin kein ganz so leichter. Von Lima wird zunächst Cusco angeflogen.

Letztere Stadt sei laut Benner ziemlich gewachsen, da von hier aus viele Touristen in Richtung „Machu Picchu“ ziehen. Von Cusco aus geht es weiter nach Urubamba und ins Chicontal-Projekt mit seiner Schule „Corazones“, unter anderem gesponsert vom Königsteiner Reiseveranstalter Ikarus Tours. Das Unternehmen organisiert übrigens auch Patenreisen mit Besichtigung des Kinderdorfes. Letzteres besteht aus acht Häusern vor der Kulisse des beeindruckenden Chicon-Gletschers. Jedes Haus verfügt über eine Mutter und zehn Kinder wohnen hier. Es gibt Spielplätze und sogar eine Fußballwiese.

Eine neue Errungenschaft, zu der man dank einer Spende des Unternehmens Bosch kam, ist die Warmwasser-Aufbereitung für die Kinderhäuser mit Solar-Energie. Darüber hinaus spendete das besagte Unternehmen 21.000 Euro für die Schulspeisung. Für 2016 stehen Gasherde für die Schulspeisung auf der Liste, so dass die Frauen, die das Essen zubereiten, nicht ständig den Rauch eines offenen Feuers einatmen müssen.

Es gibt auch ein Kreativzentrum. Von hier aus erhalten so manche Pateneltern selbst gefertigte Bilder von ihren Schützlingen. Auch das Agrarzentrum „Santa Rosa“ ist wichtig für die Eigenversorgung inklusive der Meerschweinchenfarm. Und für alle, die es noch nicht wissen: Das Meerschwein gilt als Delikatesse in Peru. Außerdem im Bestand: Drei Becken, in denen Forellen zum Verkauf gezüchtet werden sowie eine Hühnerfarm und eine eigene Imkerei. Ziel ist es auch hier, die Eigendeckung des Projektes so hoch wie möglich zu fahren.

Mittlerweile sind auch zehn Schulen an das Netzwerk der Herzen angeschlossen. Das bedeutet ein warmes Mittagessen für 1.100 Kinder jeden Tag. Vor zehn Jahren wurde dank einer Spende der Haubenstock-Stiftung auch ein Computerzentrum in der Chiconschule eingerichtet. Nun hat man 10.000 von derselben Stiftung dafür erhalten, die mittlerweile veralteten Computer auszutauschen.

Im Gesundheitszentrum in Hajuk helfen auch die Freiwilligen mit, die in einer großen Gruppe jedes Jahr und jeweils für ein Jahr ins Projekt gehen, um hier neue Erfahrungen zu sammeln und die eigene Persönlichkeit weiterzubilden. Die Erfahrungen, die sie machen, sind sehr vielfältig. Es gibt sogar ein Behindertenprojekt, das vom Verein ausgeht und einmalig in dieser Gegend ist. Die Produkte aus der eigenen Fischzuchtanlage werden auf Märkten in der Region verkauft. Dazu gibt es noch ein eigenes Fischrestaurant, das von Touristen, die das Projekt besuchen, frequentiert wird.

Auch Kleinkredite für Existenzgründer zu vergeben, stellt eine der Säulen des Herzens-projektes dar. Auf diese Weise wird das Konzept „Hilfe zur Selbsthilfe“ angewandt und die Menschen können sich eine Existenz, beispielsweise als Schreiner oder aber mit einer Hühnerzucht aufbauen.

Auch wenn man kein Pate ist, gibt es viele Möglichkeiten das Projekt direkt oder indirekt zu unterstützen. So hat Dr. Dieter Arnold schon vor Jahren die so genannte „Herzensmauer“ entstehen lassen, die in Arztpraxen oder anderen Einrichtungen aushängt, so dass jeder die Möglichkeit hat, diese Mauer der Liebe mit einem weiteren „Baustein“ in Form von einem kleinen monetären Obolus zu unterstützen.

Oder aber man „feiert für Peru“ und schlägt seinen Gästen vor, für das Projekt zu spenden. Es gibt viele Wege zu helfen. Man muss sich nur dazu entscheiden.

Zum Patenabend nutzten auch der Vorstand des Vereins sowie die daran angeschlossene Stiftung die Gelegenheit, sich und ihre Arbeit vorzustellen. „Corazones para Perú“ das sind: 1. Vorsitzender Gerhard Benner (re.), 2. Vorsitzende Angelika Kilb, Sandra Seltmann, Claudia Jeckel, Hildegard Wagner, Dr. Walter Leidinger, Dr. Jan Daneke, Joachim Raif.

Weitere Artikelbilder



X