Alegria auf Sparflamme

Die Samba-Tänzerinnen waren der Hingucker beim ersten Rio-Festival. Das täuschte jedoch nicht über die Tatsache hinweg, dass man echtes brasilianisches Flair an vielen Ecken vermisste. Foto: Sura

Eine zündende Idee, dem Sommer in Königstein mit Samba und Caipirinhas einzuheizen. So wurden schon in der Ankündigung alle Brasilien-Klischees bedient. Allerdings hielt sich der Andrang ab Freitagabend in Grenzen, was auch am mangelnden kulturellen und kulinarischen Programm liegen könnte. Eine aufblasbare drei Meter hohe Cristo-Statute, rhythmische Trommeln und leicht bekleidete Sambatänzerinnen, die in die gelb-grüne Flagge gehüllt waren, reichten nicht. Die typischen Gerichte an den einzigen zwei brasilianischen Ständen waren horrend teuer. Eine Familie hätte man hier nur für viel Geld satt bekommen. Dabei ist der nationale Bohneneintopf „Feijoada“ ein Armengericht. Der Caipirinha war mit sechs Euro zu teuer und taugte nicht zum Vorglühen. Da kam keine Stimmung auf. Alle anderen Stände boten Kirmes-Essen wie immer. Von Kartoffelpuffern bis Gemüsepfanne und Burger vom Foodtruck – eine eher ärmliche Auswahl. Vor dem größten Grill-Stand türmte sich sonntagnachmittags der Müll, der Appetit auf „Grillgut“ war vielen vergangen. Da half es auch nicht, den Würsten und Schweinenackensteaks brasilianische Namen zu verpassen. Verführung zum Genuss exotischer Speisen sieht ganz anders aus.

Die Sambatänzerinnen (zwei!) waren der Hingucker dieser Veranstaltung. Ihr Zauber wirkt eben immer. Die Trommler verbreiteten lautstark „Ritmo do Brasil“, definitiv ein Höhepunkt. Man hätte sich mehr davon gewünscht. Den ganzen Sonntag über blieben sie unsichtbar. Stimmung herrschte gar keine mehr, schon gar keine brasilianische „Alegria“, mitreißende Lebensfreude! Dem Organisator dieser Veranstaltung hätte mehr Liebe zum Detail gut getan. Es ist Etikettenschwindel, wenn man Donutständen und deutschen Foodtrucks noch ein brasilianisches Mäntelchen umhängt bzw. das alles als brasilianischen Lifestyle verkaufen will. Die Begeisterung und das Interesse der Besucher hielten sich in Grenzen – und das lag keineswegs am Wetter! Wie stimmungsvoll war damals zur WM 2006, als die brasilianischen Nationalspieler im Kempinski residierten, das kleine liebevoll ausgerichtete Marktfest in Königstein, das die Stadt einiges kostete. Die Königsteiner erschienen begeistert im Brasilien-Trikot und hatten ihren Spaß, obwohl die Fußballspieler kein einziges Mal vorbeikamen. (Sie gingen lieber in Frankfurt feiern!).

Die Idee eines Sommer-Festivals in Königstein sollte man weiterspinnen mit einer kleinen Bühne im Park, die man wöchentlich bespielen könnte mit jungen Musikern, die Königstein aus dem Dämmerschlaf wecken könnten. Gute unterhaltsame Musik, leckere Speisen und Getränke in pittoreskem Ambiente mit Blick auf die Burg, das hat Menschen hier schon immer begeistert. Ein bisschen feiern in Königstein täte dem staubigen Image der Stadt auch gut. Ein Sommer voller Lebensfreude, auch für Jugendliche und alle Junggebliebenen. Das machen uns andere Städte bestens vor wie Oberursel, Kronberg und Bad Homburg, seit Kurzem sogar Oberhöchstadt, wo viel getanzt und gelacht wird, mit Bands, die es wert sind entdeckt zu werden.
Anne Sura



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