Vom wahren Wert der Mitarbeiter: Die Wahrung der Menschenwürde im Arbeitsleben gilt auch für König Kunde

Königstein (hhf) – Wenn der Fokus im Königsteiner Forum auf die Arbeitswelt gelegt wird, kommt Moderator Professor Dr. Diether Döring natürlich keinesfalls drumherum, den Mitarbeitern der Volksbank für ihren regelmäßigen Sondereinsatz zu danken, der die Königsteiner Filiale mindestens zehnmal im Jahr zum Hörsaal umgestaltet. Eigentlich hätte das Unternehmen zu diesem Termin selbst einmal das Wort ergreifen können, doch hatte der Beirat bewusst ein „globalisiertes Unternehmen“ ausgewählt, das seine Wurzeln, seinen Beschäftigungsschwerpunkt aber nicht nur Freunde in der Region hat.

Die „Fraport“ stelle, so Döring, einen eigenen Vielvölkerstaat dar, in dem zwischen 50 und 60 Nationen zwar unter einem Dach, wohl aber an verschiedenen Standorten auf der Welt tätig sind. Als Arbeitsdirektor für die Bereiche „Bodenverkehrsdienste“, „Personalserviceleistungen“ sowie „Zentraler Einkauf und Bauvergabe“ gehört Michael Müller seit 2012 dem Unternehmensvorstand an. 1984 war der diplomierte Volkswirt zur damaligen Flughafen-Betreibergesellschaft FAG gekommen, fand dort Beschäftigung im „Zentralbüro Arbeitsdirektor“ und wurde 1997 Personalchef für das Gesamtunternehmen. Seit 1999 für die Flughafen-Stiftung „Pro Region“ in führender Rolle aktiv, engagiert er sich auch als Vorsitzender des Landesausschusses für Berufsbildung und ist seit 2007 ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Frankfurt.

So nahe am, wenn nicht im Thema, hatte er sich zunächst über die Einladung gefreut, über „Menschenbild und Menschenwert in den Arbeitsbeziehungen“ referieren zu dürfen, angesichts des Jahresthemas „Des Menschen Bild. Des Menschen Wert. Gewalt oder Menschenwürde?“ dann aber schnell einen Schreck bekommen: Gewalt, da ist er sicher, gehört nicht in seinen Bereich. Dort gilt vielmehr: „Die Menschenwürde endet nicht mit der Art der Tätigkeit, wichtiger ist, wie man arbeitet.“ Gleiche Würde steht allen zu, die gemeinsam als Dienstleister an einem Produkt werken, wenn auch zu unterschiedlichen Bedingungen. Dabei gibt es selbstverständlich starke Unterschiede zum Beispiel in Arbeitszeiten und -belastungen oder Höhe der Gehaltsschecks, umgekehrt setzt eine Gewinnbeteiligung in allen Arbeitsverträgen deutliche Zeichen, dazu kommt eine Reihe von Leistungen wie Jobticket, Weihnachtspaket, Betriebssport oder bei Bedarf sogar psychologische Beratung.

Respekt und Wertschätzung innerhalb der Firma wirken sich schließlich auch auf die Auftraggeber aus: „Auch der zahlende Kunde muss ein Mindestmaß an Freundlichkeit wahren“ und die Führungskräfte befinden sich natürlich „in einer moralischen Position“. Dennoch hat auch diese Verpflichtung ihre Grenzen: „Die menschenfreundliche Kündigung ist mir auch noch nicht gelungen“, „Everybodys Darling geht nicht“. Trotzdem reklamiert Müller die Menschenwürde auch für sich, möchte sich, wenn er eine unangenehme Entscheidung getroffen hat weder beschimpfen noch bedrohen lassen. Und an die Verhandlungspartner, vorneweg Gewerkschaften, hat er eine große Bitte: „sprachliche Abrüstung“, zu oft ist seiner Meinung nach die Rede von „unmenschlichen“ Arbeitsbedingungen oder Dienstplänen.

Konkret führte Michael Müller nach dem theoretischen Vorspann in die Arbeitsbedingungen der Fraport ein, zunächst mit einer allgemeinen Beschreibung der Luftverkehrsbranche: Früher war das Fliegen Luxus (es fiel kein Wort über das neue Interesse der Fraport an Billigfliegern), der Flugplan eines ganzen Monats passte auf die große Tafel im Terminal und die Betreuung der Gäste hatte sehr einfache, persönliche Strukturen. Die Frachtabfertigung hingegen war harte körperliche Arbeit, meist heuerte man dafür Bauern aus der Umgegend an.

Auch heute ist dieser Tätigkeitsbereich kein Zuckerschlecken, die Mitarbeiter „bewegen einige Tonnen am Tag“, wie der Direktor im Selbstversuch erfahren hat: „Ich packe seither meinen Koffer nicht mehr so voll.“ Natürlich muss der Betrieb trotz Nachtflugverbot rund um die Uhr laufen, und das bei 20 Grad Minus ebenso wie bei hochsommerlichen „Wüstentemperaturen“. Dabei macht den „Bodendiensten“ im Winter vor allem auch der Schneeräumdienst zu schaffen, da fällt auch bis zum Schieben von Gepäckwagen reichlich Handarbeit zusätzlich an: „Die Nachrichten zeigen immer die gestrandeten Personen, erwähnen aber nicht die Leistung, die anderen abzufertigen.“

Angesichts solcher Hürden hat auch der Personalchef „größten Respekt vor der Leistung der Mannschaft“ und hat für seine Beschäftigten (rund 23.000 allein in Frankfurt) ein Leitbild entwickelt: „Wir wollen Europas größter Flughafen sein und die Standards setzen.“ Dazu gehört neben dem Betrieb auch eine stetige Anpassung der Bausubstanz an die modernen Veränderungen wie größere Flugzeuge: „Manche bauen etwas länger an ihrem Flughafen“, wetterte das Vorstandsmitglied gegen die Konkurrenz in der Hauptstadt und schob nach: „Unser Terminal 1 ist alt, aber bezahlt.“

Ähnlich Berlin hat auch Frankfurt eine sehr lange Geschichte als Flugplatz, so kommt der Ortsname „Zeppelinheim“ nicht von ungefähr, hier wohnten die Haltemannschaften für die Luftschiffe, wenn sie nicht in den Seilen hingen. Mittlerweile hat sich das Unternehmen von einer Behörde zum Dienstleister gewandelt, ist 2001 als erster Airport-Betreiber an die Börse gegangen, eine Mehrheit der Aktien blieb wohlweislich in öffentlicher Hand. Eines hat sich über all die Jahre aber kaum geändert: „Flughäfen sind international.“ Seit jeher bedeutete das, Räume für interkulturelle Begegnungen zu schaffen, inzwischen stehen christliche, jüdische und muslimische Gebetsräume für Mitarbeiter wie Passagiere zur Verfügung.

Nicht nur die Bewohner des Umlandes fanden und finden hier Arbeit, die Mitarbeiter sind auch seit Generationen zu Bewohnern des Umlandes geworden. Ihnen will die Fraport zum Beispiel über Weiterbildungsmöglichkeiten „attraktive Lebenswege bieten“ und bemüht sich um die Vereinbarkeit von Schichtdienst und Familie. Im Gegenzug erwartet der Arbeitgeber, dass die Mitarbeiter „Botschafter des Unternehmens“ sein sollen, Werte wie Vertrauen, Offenheit oder Mut sind verbindlich und über jedes Problem kann gesprochen werden: „Wer Profis zu einem Team formen will, muss die Menschen gewinnen.“

Freute sich über die Einladung ins Königsteiner Forum: Michael Müller stellte trotz gewaltigen „Respekts“ vor dem Thema Menschenwürde die Arbeitsbedingungen eines internationalen Unternehmens wie der Fraport vor.
Foto: Friedel

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