Pflege der Streuobstwiesen liegt den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins am Herzen

Der Obst- und Gartenbauverein Mammolshain lud zum traditionellen diesjährigen Obstbaumschnitt ein. Mitglieder und Interessierte trafen sich an der Kelterhalle des OGV, um nach theoretischer Einweisung in den Streuobstwiesen praktisch tätig zu werden.

Foto: Fuchs

Mammolshain (efx) – Die Pflege der Streuobstwiesen in und um Mammolshain liegt den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins Mammolshain (OGV) am Herzen. Der Stadtteil Königsteins ist im wahrsten Sinne des Wortes „fest verwurzelt“ mit seinen traditionsreichen Streuobstwiesen. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, ist die kontinuierliche Pflege der Obstbäume eine wichtige Aufgabe, der sich die Mammolshainer verpflichtet fühlen. Nicht jeder Natur- und Pflanzenliebhaber weiß, wie man einen Baum richtig pflegt und welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind. Deshalb lud der OGV interessierte Bürgerinnen und Bürger zum diesjährigen Obstbaumschnitt ein, um hilfreiche Tipps in Theorie und Praxis rund um das Thema Obstbaumpflege weiterzugeben.

Nach einer theoretischen Einweisung in die Thematik auf dem Platz vor der OGV-Kelterhalle sah man sich die Bäume vor Ort auf den Streuobstwiesen an und konnte aktiv beim Schneiden mithelfen. „Wir wollen wieder ein Stück weit zurück zu unseren alten Gewohnheiten“, erklärt OGV-Vorsitzender Werner Plescher. Deshalb hat man sich bewusst für den Baumschnitt während der kalten Jahreszeit entschieden. Denn ein Baum kann bis zu einer Außentemperatur von minus drei Grad ohne Weiteres geschnitten werden. Im Winter zieht sich die gesamte Kraft des Baumes in die Wurzeln, so dass beim Astschnitt keinerlei Energie entweichen kann.

Die frostigen Temperaturen machen dem geschnittenen Holz nichts aus, denn die Kallusbildung, also der Prozess der natürlichen Wundheilung nach dem Schnitt, sorgt für den notwendigen Schutz an der Schnittstelle. Hinzu kommt, dass auch in der Historie die Bauern bereits um die genannten Umstände wussten und deshalb im Winter, wenn nur wenig Arbeit auf dem Feld anfiel, dem Obstbaumschnitt nachkamen. Für den Mammolshainer Verein ist die Wahrung der althergebrachten Gepflogenheiten wichtig, die darüber hinaus mit den heutigen Kenntnissen der modernen Baumpflege verknüpft werden sollen.

Dabei steht nicht nur die Ertragsoptimierung im Vordergrund. Johannes Schießer, stellvertretender Vorsitzender des OGV und von Berufswegen als Inhaber des Meisterbetriebs Gartengestaltung Schießer mit der Materie bestens vertraut, erklärt: „Der Altbaumschnitt bildet einen Schwerpunkt in unserer Gemarkung. 70 bis 80 Prozent der Bäume sind Altbestand.“ Diese zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie in einem Jahr extrem ertragreich sein können, während in anderen Jahren kaum ein Apfel am Baum zu finden ist. Dann treten ökologische und naturwissenschaftliche Aspekte in den Vordergrund. So möchte man in diesen Fällen die Bäume im Sinne des Naturschutzes weiterpflegen. „70 bis 80, sogar 100 Jahre kann ein Baum alt werden. Danach hat er aber auch als Öko-Baum für Insekten und andere Tiere einen Nutzen“, weiß Schießer. Da die Gemarkung viele alte Bäume besitzt, müssen diese, weniger aus Ertragsgründen als vielmehr zur Förderung des Ökokreislaufs Wald und Wiese, entsprechend gepflegt werden. Prinzipiell unterscheidet der Fachmann verschiedene Baumschnittphasen, die entsprechend der Alterskategorie der Bäume Anwendung finden. Frisch eingepflanzte Bäume unterliegen dabei zunächst dem Jungbaumschnitt. Sie sollen anwachsen und sich in ihrer Umgebung entfalten. Die ersten fünf bis sieben Jahre unterliegt ein Obstbaum dann dem sogenannten Erziehungsschnitt. Hier konzentriert sich der Kenner auf das Wachstum des Astwerks und legt die Grundlagen für die spätere Optik des Baumes. Mit diesem Gerüst steht und fällt ein Baum, denn ein gut ausgebildetes Astgerüst garantiert eine gute Ernte und sichert die Kraft und Standfestigkeit eines Baumes. Sobald der Baum ausgewachsen ist, wird er durch Erhaltungsschnitte, auch Überwachungs- der Auslichtungsschnitte genannt, weiterbetreut. Erst hier steht das Ziel, das wertvolle Fruchtholz freizuschneiden und eine gut belüftete Krone zu erhalten, im Vordergrund. Dies ist besonders für die Apfelernten wichtig, denn nur so können besonders schmackhafte, große Äpfel heranreifen.

Ältere Bäume erhalten mit Hilfe des Verjüngungschnitts noch einmal eine Frischzellenkur. Die Ausdünnung der Krone fördert dabei die Licht- und Sonneneinstrahlung, was das Triebwachstum noch einmal positiv beeinflusst und dem Baum Vitalität zurückgibt. Gerade ältere Bäume haben, bei geringer Pflege, kaum noch eine Chance zur gleichmäßigen Fruchtausbildung.

Der Verjüngungsschnitt verhindert, „dass nur noch oben Früchte hängen“, so Werner Plescher. Glücklicherweise gibt es heutzutage verschiedene Werkzeuge und HiIfsmittel, die die Arbeit am Obstbaum erleichtern und darüber hinaus zu besseren Ergebnissen führen. Die klassischen Werkzeuge wie Baumsäge, Petzte und Handschere, werden zwar immer noch eingesetzt. Viele nützliche Helfer wie Stangen-, Teleskopscheren oder Akkusägen, erweitern aber das Sortiment. Im Bestand des OGV ermöglichen sie den Helfern eine kontinuierliche Pflege der über sechs Hektar großen Obstwiesenäcker. Ein Baum muss alljährlich ganzheitlich beurteilt werden.

Man achtet unter anderem auf Wachstumsart, abgestorbene oder abgebrochene Äste sowie die Statik des Baumes. Davon konnten sich naturinteressierte Bürgerinnen und Bürger dann vor Ort ein Bild machen und selbst Hand anlegen. Vor dem Schnitt wird die Stammverlängerung, auch Mitteltrieb genannt, identifiziert, was dem Laien nicht immer einfach fällt. Drei bis vier günstige Leitäste sollten bei der Beurteilung im Blickpunkt bleiben. Um ein gesundes Wachstum zu fördern, ist das regelmäßige Auslichten notwendig. Alle toten, kranken, nach unten oder nach innen wachsenden Äste sollten entfernt werden. Licht und Luft von der Krone bis zu den unteren Fruchtästen ist wichtig, weshalb der Baum oben eher stark, unten jedoch vorsichtig zu kappen ist. Der schwächste Leitast sollte zuerst geschnitten, die Seitenäste der Leitastspitze untergeordnet sein und auf drei Seitenäste pro Leitast begrenzt werden.

Die kleinen Fruchtäste müssen den Seitenästen untergeordnet sein. Den Rückschnitt der Stammverlängerung richtet man an den Leitästen aus. Der Baumschnitt unter professioneller Anweisung zeigte den Besuchern, dass in der Baumpflege so manches zu beachten und eine gewisse Routine erst nach mehrmaligem Üben zu erwarten ist. Was aber jeder Obstbaumliebhaber mitnehmen konnte: Der regelmäßige Baumschnitt ist für Obstbäume zwingend erforderlich. Denn nur so können diese veredelten Bäume große, saftige Früchte tragen und eine lange Lebensdauer erreichen. Intensive Pflegemaßnahmen bewirken, dass der Baum dann auch durchaus die erwähnten 100 Jahre alt werden kann. Der Obst- und Gartenbauverein Mammolshain steht für Fragen oder Auskünfte jederzeit gerne zur Verfügung.



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