„Wenn jeder eine Blume pflanzte …!“

Fotos: Puck

Falkenstein (pu) – Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens aus Bund, Land, Kreis und Stadt sowie zahlreiche Bürger folgten am Volkstrauertag der gemeinsamen Einladung von Hochtaunuskreis und der Stadt Königstein zur Teilnahme an der zentralen Gedenkstunde des Kreises an der Kriegsgräberstätte auf dem Friedhof in Falkenstein, um sich gemeinsam an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zu entsinnen.

In seiner Begrüßung betonte Bürgermeister Leonhard Helm die Unverzichtbarkeit, auch 76 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Erinnerung an die damaligen Schrecken hochzuhalten, der nachwachsenden Generation vor Augen zu führen, dass es an ihnen ist, „die Verpflichtung aus unserer blutigen Geschichte in eine hoffnungsvolle Zukunft zu tragen.“ Vor diesem Hintergrund wertete er das aktive Einbringen von Schülern in die Veranstaltung als „gutes und wichtiges Zeichen.“

Wenn jeder eine Blume pflanzte, jeder Mensch auf dieser Welt, und, anstatt zu schießen, tanzte und mit Lächeln zahlte statt mit Geld – wenn ein jeder einen andern wärmte, keiner mehr von seiner Stärke schwärmte, keiner mehr den andern schlüge, keiner sich verstrickte in der Lüge, wenn die Alten wie die Kinder würden, sie sich teilten in den Bürden, wenn dies WENN sich leben ließ, wär‘s noch lang kein Paradies – bloß die Menschenzeit hätt angefangen, die in Streit und Krieg uns beinah ist vergangen. Dieses von einem Schüler des Taunusgymnasiums Königstein vorgetragene bekannte Gedicht „Wenn jeder eine Blume pflanzte“ von Peter Härtling fasste treffend in Worte, wie einfach es im Prinzip wäre, wenn jeder seinen ganz persönlichen Beitrag für den Erhalt von Frieden, Freiheit und Demokratie leisten würde. Unisono sprachen die anwesenden Schülerinnen und Schüler von der großen Herausforderung, derer sie sich bewusst seien, und setzten individuelle Schwerpunkte durch die Wahl ihrer jeweiligen Gedichtpassagen. Darüber hinaus stellten sie angezündete Kerzen an die Kriegsgräberstätte.

In Vertretung des an diesem Tag wegen Krankheit fehlenden Landrats Ulrich Krebs hob der Erste Kreisbeiordnete Thorsten Schorr (CDU) in aller Eindringlichkeit heraus, es dürfe nicht in Vergessenheit geraten, dass das Fundament der alles andere als selbstverständlichen Grundpfeiler des menschlichen Zusammenlebens „Frieden, Freiheit und Demokratie“ auf den Schlachtfeldern, Friedhöfen und Beinhäusern des 20. Jahrhunderts gelegt worden sei. In diesem Zusammenhang machte er bewusst, dass in jeder der 70 Städte und Dörfer im Kreis mindestens ein Mahnmal als sichtbares Zeichen an diese Zeit steht. In diesem Wissen habe der Hochtaunuskreis 2020 damit begonnen, die jährliche Gedenkstunde am Volkstrauertag als nachhaltigen Beitrag, als zentrale Veranstaltung in jedem Jahr an einem anderen Ort durchzuführen.

Die Erinnerung an die Opfer früherer Kriege und das damit verbundene Leid in den Familien sei das eine, das andere die Gegenwart, in der sich Menschen auf der Flucht vor aktuellen gewaltsamen Auseinandersetzungen befinden. Während letzteres junge Menschen durch die Präsenz in den Medien tagtäglich vor Augen haben, fiele es ihnen im Gegensatz dazu schwerer, die Ereignisse der Weltkriege zu begreifen, weil bald keine Zeitzeugen mehr davon berichten könnten.

An diesen Punkt knüpften in ihrer Gedenkansprache zwei Vertreter des Kreisschülerrats Hochtaunus durch die Schilderung ihrer beklemmenden Gefühle beim Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald an. „Zu wissen, dass dort Menschen bis zum Tod gefoltert wurden, macht sprach- und fassungslos!“ Gleichzeitig spannten sie den Bogen zu den 115 seit 1996 in Ausübung ihrer Pflicht ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldaten. „Sie haben einen hohen Preis dafür bezahlt, damit wir weiterhin in Sicherheit und Frieden leben können!“

Ortsvorsteher Walter Schäfer erweiterte das Bewusstsein mit den Worten: „Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind. Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in unserem Land. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.“

Den Schlusspunkt setzte Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer mit einem Psalm, einem Gebet und der Botschaft, „mit Mut aus der Vergangenheit in die Zukunft zu gehen“. Gleichzeitig richtete sie die Aufmerksamkeit auf die fürchterliche Situation der Menschen an der Grenze zwischen Belarus und Polen. Die Gedenkstunde klang mit der gemeinsam gesungenen Nationalhymne aus.

An der Gestaltung der Feierstunde wirkten neben Kreis und Stadt unter anderem der Vereinsring Königstein, Feuerwehr, Schülerinnen und Schüler des Taunusgymnasiums Königstein, eine Bläsergruppe des Fanfarencorps Königstein und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit. Des Weiteren ließ der Hochtaunuskreis einen Baum pflanzen, um dadurch einen nachhaltigen Beitrag zur Pflege der Kriegsgräberstätte in Falkenstein zu leisten und ein Hoffnungszeichen für eine friedliche Zukunft zu setzen.

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