Königstein (gs) – Ein einprägsames Bild entstand am Mittwoch der vergangenen Woche, als sich in der Königsteiner Innenstadt eine „Schülerkette“ aus den Schülerinnen der St. Angela-Schule und den Schülerinnen und Schülern der Bischof-Neumann-Schule bildete. Jeweils von ihren Schulen ausgehend, reihten sich die jungen Leute zu einer „Menschenkette“ auf, um mit ihrer Aktion auf einen Umstand aufmerksam zu machen, der die nachhaltige Finanzierung der beiden Königsteiner „Ersatzschulen in kirchlicher Trägerschaft“ bedroht.
Neuregelung der Schulfinanzierung
„Rettet die freien Schulen“ lautet der Appell des Bündnisses „Freie Schulen fair finanzieren“, in dem sich Eltern, Lehrkräfte und die Vertreter vieler katholischer Schulen zusammengeschlossen haben, um auf die prekäre finanzielle Situation der kirchlichen Schulen aufmerksam zu machen. Grundlage der betreffenden Finanzierung der Schulen ist das „Ersatzschulfinanzierungsgesetz“ aus dem Jahr 2013, das den Schulen eine Förderung von 85% der Personalkosten durch das Land Hessen zuweist. Die darüber hinausgehenden Kosten des Schulbetriebes müssen durch den Träger und das von den Schulen erhobene Schulgeld abgedeckt werden. Grundlage der Berechnung bildet ein Zahlenwerk aus dem Jahr 2011. Aufgrund der seitdem stetig gestiegenen Gesamtkosten deckt die Landeszahlung heute jedoch nur noch knapp 60% der entstehenden Kosten ab. Sinnvoller wäre es, so ist aus den Reihen der Unterstützer zu vernehmen, einen „dynamischen Bezugsrahmen“ in die künftige Regelung zur Finanzierung der betroffenen Schulen aufzunehmen. Vorgeschlagen wird, dabei die Kosten des jeweils vergangenen Jahres einer Analyse zu unterziehen und diese Zahlen als Grundlage für die 85% Finanzierung des Folgejahres zugrunde zu legen, wobei auch eine höhere Beteiligung des Landes an den baulichen Erhaltungsmaßnahmen wünschenswert wäre.
Petition übergeben
Ebenfalls am vergangenen Mittwoch – parallel zu der Aktion – wurde von einer Delegation, der sowohl die amtierende Elternvertreterin der BNS, Veronika Loch, als auch der Schulsprecher der Schule angehörten, eine entsprechende Petition im Landtag übergeben. Sollte betreffend der Schulfinanzierung keine akzeptable Lösung gefunden werden, so wären die Schulen früher oder später dazu gezwungen, ihr Schulgeld zu erhöhen, so Jens Henninger, Leiter der Bischof-Neumann-Schule.
Engagierte Schülerschaft
Die engagierten Schülerinnen und Schüler der beiden von der Neuregelung betroffenen Schulen wollten sich jedoch nicht alleine auf die politische Vertretung verlassen, sondern überlegten sich gemeinsam mit dem Lehrerkollegium und den Schulleitern Jens Henninger (BNS) und Michael Schuler (SAS), wie sie der Petition „ein Gesicht“ geben könnten – heraus kamen die Ideen zu einer Menschenkette und einem „außerschulischen Lernort“ auf dem Kapuzinerplatz, die am Mittwochmorgen sehr viel Aufmerksamkeit in der Bevölkerung erfuhren.
Menschenkette
Jeweils von den beiden Schulen ausgehend, bildeten mehr als 1.000 Schülerinnen und Schüler ab 10.30 Uhr eine „Schüler“-Kette, deren beiden Enden sich an der Ecke Hauptstraße/Frankfurter Straße zu einer gemeinsamen Kette vereinten. Die kreativen Plakate, die in der Kette als „Abstandshalter“ dienten, waren von den Schülern gestaltet worden und zeigten eindrucksvoll, wie sehr sich die jungen Menschen mit ihren Schulen verbunden fühlen. Mit Sätzen wie: „Wir halten zusammen“, „Unsere Schule ist unsere Zukunft“ und „… weil wir tolle Lehrer haben“ machten vor allem die Schülerinnen der SAS deutlich, dass sie bereit sind, für eine angemessene Finanzierung „ihrer“ Schule zu kämpfen.
Außerschulischer Lernort mit Pfiff
Ab ca. 11 Uhr fanden an dem „außerschulischen“ Lernort auf dem Kapuzinerplatz mehrere interessante Unterrichtseinheiten statt, bei denen auch die umstehenden Passanten ganz sicher noch etwas von der Jugend lernen konnten. Den Anfang machte die Bläsergruppe der Jahrgangsstufe 6 der SAS unter dem Motto „Wir blasen euch den Marsch“. Mit „cool spirit“ und viel Elan spielten die Schülerinnen unter der Leitung von Megami Roth schwungvolle Titel wie „When the Saints go marchin‘ in“ oder „Ode an die Freude“, um die Verantwortlichen in Wiesbaden ordentlich wachzurütteln, bevor Jens Henninger und Michael Schuler das Wort ergriffen. Henninger verwies in seiner Ansprache darauf, dass das Recht auf Ersatzschulen im Grundgesetz verankert und für die Bildungsvielfalt in Deutschland unerlässlich sei. Die Schulen in kirchlicher Trägerschaft seien dabei nur ein Baustein – auch andere Schulen seien von der Finanzierungslücke betroffen.
Michael Schuler merkte in seiner kurzen Rede die lange Tradition an, die sowohl die St. Angela-Schule als auch die Bischof-Neumann-Schule mit der Stadt Königstein verbinde. Diese gelte es, so Schuler, auch für künftige Generationen zu erhalten, wobei die faire Finanzierung der schulen die Grundlage bilde, auch den Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen, deren Eltern nicht „reich“ seien.
Unter dem Titel „Bildung in der Verfassung“ informierte der Leistungskurs Geschichte der BNS über die lange Tradition der deutschen Gesetzgebung (in der Zeit von 1849 bis 1949), den Bildungsanspruch als „Grundrecht“ in ihren jeweiligen Gesetzen zu verankern. Die Möglichkeit, das Ziel „Bildung“ demokratisch zu erreichen, ergebe sich u.a. über die Möglichkeit einer Petition, wie sie parallel in Wesbaden auch eingereicht wurde.
Im Anschluss hatten die Schulsprecherinnen das Wort, wobei sich die Anwesenden über den Besuch der Schulsprecherin der Kettler-LaRoche-Schule freuten, deren Schule ebenfalls zu den betroffenen Instituten gehört. Hier stand die Forderung im Mittelpunkt, dass es in Zukunft nur mit einer angemessenen Finanzierung zu gewährleisten sei, dass junge Menschen ihren Neigungen und Talenten entsprechend eine Schule wählen könnten. Eine Erhöhung des Schulgeldes würde vielen die Möglichkeit einer freien Entscheidung nehmen, da diese dann nicht mehr finanzierbar wäre.
Bildungsvielfalt erhalten
Unter dem Motto „Das Bildungssystem darf nicht auf den Kopf gestellt werden“ turnte die „Turn AG Fortgeschrittene“ der BNS bei Eiseskälte auf den Matten, um dem gemeinsamen Anliegen Ausdruck zu verleihen. Hier standen mal die Mützen – statt der Masken – im Mittelpunkt, was neben der sportlichen Leistung auch sehenswert war.
Birgit Czingota, stellvertretende Vorsitzende des Schulelternbeirats (SEB) der SAS sprach in ihrer Rede die Gründe an, warum Eltern für ihre Kinder den Besuch einer christlich geprägten Schule anstreben. Die Vermittlung christlicher Werte und eine humanistische Erziehung seien, so Czingota, die zentralen Anliegen der Eltern. Hierfür sei man auch bereit, ein angemessenes Schulgeld zu zahlen. Jedoch müsse dieser Beitrag für alle Interessenten erschwinglich sein und dürfe nicht dazu führen, dass sich Eltern den Besuch einer christlichen Ersatzschule nicht mehr leisten könnten.
Nachdem die Bienen AG der SAS unter dem Motto „Wir zeigen unseren Stachel“ über die Hege und Pflege von Bienen und – ganz wichtig – über die Honigernte an einem Lehr-Bienenstock informiert hatten, löste sich die Veranstaltung gegen 12 Uhr auf und alle Beteiligten gingen (nicht nur zum Aufwärmen) in ihre Schulen zurück. Dem „Zuschauer“ hatte die Aktion eine unglaubliche Verbundenheit der Schülerinnen und Schüler, aber auch der Eltern und des Lehrkörpers zu ihren Schulen vermittelt. „Alle waren von der Idee dieser Aktion sofort begeistert“, erklärte Jens Henninger das große Engagement der Schülerinnen und Schüler - „Wir wollten mit dieser Gemeinschaftsaktion Flagge zeigen. Auch Michael Schuler freute sich über den „vorbehaltlosen Rückhalt“ der Schulgemeinde zu dieser Aktion. „Alle waren sofort Feuer und Flamme“ und hätten den Gemeinschaftsgedanken hinter der Aktion mitgetragen - was die beiden Schulleiter aber eigentlich auch nicht anders erwartet hatten!
Turn AG der SAS im (farbenfrohen) Einsatz.
Michael Schuler (Schulleiter SAS), Sonja (stv. Schulsprecherin BNS), Eva (Schulsprecherin SAS), Tamara (Schulsprecherin Kettler-LaRoche-Schule Oberursel), Anna (Schulsprecherin SAS), Jens henninger und Birgit Czingota (SEB SAS) machten sich mit den Schülerinnen und Schülern für eine faire Finanzierung stark.