Blick- und Hörachsen – Skulpturen im Park inspirieren Musiker

Nicht aus Holz, sondern aus Bronze gegossen sind die Teile des Cellos, das gegenüber dem Schillerweiher als erstes Kunstwerk der Blickachsen-Biennale Betrachter in seinen Bann zieht.

Foto: Wittkopf

Kronberg (pf) – Im zehnten Jahr ihres Bestehens hat sich die Skulpturen-Biennale Blickachsen, die inzwischen weit über die Rhein-Main-Region hinaus so bekannt ist wie die Documenta in Kassel, erstmals auch nach Kronberg ausgedehnt. Vier Werke von drei international renommierten Künstlern stehen im Victoriapark und geben dem Park neue Bezugspunkte – eröffnen neue Blickachsen. Dieser Begriff stammt von dem berühmten königlich-preußischen Gartenbaudirektor Peter Joseph Lenné (1789 bis 1866), nach dessen Entwürfen der Bad Homburger Kurpark im Stil eines klassischen englischen Landschaftsgartens angelegt wurde. Große Rasenflächen, malerische Baumgruppen, Weiher und ein Netz geschwungener Wege schaffen eine natürlich anmutende idyllische Landschaft. Besonders wichtig waren Lenné dabei die Sicht- und Blickachsen, die dem Besucher beim Spaziergang durch den Park immer wieder neue Ausblicke und Eindrücke vermitteln.

Einer gemeinsamen Initiative der Kronberg Academy Stiftung und der Stiftung Blickachsen ist zu verdanken, dass der Kronberger Victoriapark unter dem Motto „Blick- und Hörachsen“ in diesem Jahr erstmals in die alle zwei Jahre stattfindende Skulpturenschau einbezogen wurde. Dabei hat sich Academy-Leiter Raimund Trenkler etwas ganz Besonderes ausgedacht. Alle Skulpturen in Kronberg haben einen Bezug zu Musik – nicht nur das Werk mit dem Titel „Music Power“ des französischen Objektkünstlers und Mitbegründers des „Nouveau Réalisme“ Arman, das gleich an Eingang zum Park gegenüber dem Schillerweiher steht – ein Turm aus in Bronze gegossenen Cello-Teilen.

Bis zum Kronberg Academy Festival, das vom 26. September bis zum 3. Oktober stattfindet, werden sich Komponisten von den Skulpturen im Victoriapark inspirieren lassen, kündigte Trenkler an. Ihre Werke sollen zum Abschluss des Festivals in zwei Konzerten zu hören sein: Am Freitag, 2. Oktober, und Samstag, 3. Oktober jeweils von 17 bis 18 Uhr in Spielmanns Lokschuppen am Bahnhof. „Kunst trifft Kunst“ nennt er als Motto der künstlerischen Begegnungen und erinnerte daran, dass sich auch umgekehrt oft bildende Künstler von Musikwerken zu ihren Skulpturen und Gemälden haben anregen lassen. „Wir dürfen uns auf viele Entwicklungen und Entdeckungen freuen“, ist er sich sicher.

Zusammen mit dem Londoner Geigenbauer Florian Leonhard kam Trenkler Dienstagnachmittag in den Victoriapark zum ersten Rundgang zu den Skulpturen, den die Kunsthistorikerin und Kunstpädagogin Stefanie Bickel vom Blickachsen-Team in Kronberg anbot. Ein zweiter Rundgang mit ihr ist für den Nachmittag des 13. September geplant.

Kunst im Freien, meinte Stefanie Bickel, sei etwas ganz anderes als im Museum, etwas Besonderes. Im Zusammenklang mit der Natur eröffne sie den Betrachtern völlig neue Erlebnisse und Perspektiven. Bei der Erläuterung zu Armans Skulptur „Music Power“ kam ihr Geigenbauer Leonhard gerade recht, um die Einzelteile des Cellos zu benennen, aus denen der Künstler seinen Turm zusammensetzte.

„Nine Points“ heißt das Kunstwerk des Franzosen Bernar Venet auf der Wiese neben dem Schillerweiher, das zweiter Anlaufpunkt des Rundgangs war. Venet gehört zu den international herausragenden Bildhauern der Gegenwart, dessen Werke in vielen internationalen Museen und Privatsammlungen zu sehen sind und dessen riesige Stahlskulpturen Plätze auf der ganzen Werk prägen. Seine „neun Punkte“ aus rostrotem Stahl erinnern an unterschiedlich große und dicke Säulen oder durch die lebendige und poröse Oberfläche an überdimensionale Baumstümpfe. Venet, erzählte Stefanie Bickel, hat nicht nur Kunst, sondern auch Mathematik studiert und er besitzt ein eigenes Stahlwerk. In seinen Werken stellt er zumeist einen Bezug zur Linie her. Bei seinem in Kronberg ausgestellten Werk aber geht es ihm um den Punkt, der den Raum neu gliedert und von jedem Standpunkt aus neue Ausblicke eröffnet.

Dem Blick zum Altkönig gibt die Skulptur „Wheel 2014“ des deutschen Bildhauers Werner Pokorny einen völlig neuen Akzent. Den Künstler, der aus Mosbach stammt und als Professor an der Kunstakademie Stuttgart lehrt, beschäftigt vor allem das Haus, das er auf seine Grundform reduziert. Auch in das Rad hat er die Form des Hauses integriert und zwar so, dass es wie ein Pfeil auf den Altkönig deutet und den Blick des Betrachters dorthin lenkt.

Mehrere Häuser übereinander bilden seine Skulptur „Turm VII“, die als viertes Kunstwerk der Blickachsen im Victoriapark steht. Dieses Werk, meinte Stefanie Bickel, korrespondiert auf besondere Weise nicht nur mit den Häusern Kronbergs, die vom Park aus zu sehen sind, sondern vor allem auch mit dem Burgturm, der die Stadt überragt.



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