Oberhöchstadt (pu) – Mit Näherrücken des Endausbaus des Baugebiets „Am Henker“ im kommenden Frühjahr rückt auch die Gestaltung der Spielplatzanlage in den Fokus. Trotz der Vielzahl der aktuell zu bewältigenden Aufgaben hat sich die Stadtverwaltung dazu entschlossen, nach den positiven Erfahrungen mit dem städtischen Projekt mit Bürgerbeteiligung „Spielraum Victoriapark“, ein weiteres Sonder-Projekt in Angriff zu nehmen, wie Erster Stadtrat Jürgen Odszck (parteilos) zum Auftakt des Planungsworkshops „Naturnahes Spielgelände am Amselweg“ im Feuerwehrgerätehaus informierte. Obwohl es bequemer gewesen wäre, einfach nur einen Planer für die Gestaltung der Spielfläche zu beauftragen, lägen die Vorteile der Einbindung der Familien, die später das Gelände auch nutzen, auf der Hand: „Der Dialog und das Abgleichen der Vorstellungen machen bereits Spaß, die Identifikation wird deutlich gefördert, was auch für den Erhalt und Pflege der Spielfläche von Vorteil ist“, unterstrich der Baudezernent. Ein naturnaher Spielplatz biete sich angesichts der „charmanten Lage am Rand von Wiesen und Gehölzen geradezu an. „Das ist unsere Ausgangsvorstellung mit der wir ins Rennen gehen wollen und mit Diplom-Ingenieurin Dorothee Dernbach haben wir eine ausgewiesene Expertin für sensiblen ökologischen Umgang mit Natur-Erlebnis-Räumen an der Hand.“
Modell der Zukunft
Die selbstständige erfahrene Planerin orientiert sich am sogenannten „Dillinger Modell“, eine Anfang der 2000er-Jahre an der bayerischen Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen entwickelte Umsetzungsmethodik in Form der naturnahen Gestaltung von Schulhöfen, Kindergärten und Spielplätzen, die nun auch Schritt für Schritt den Weg nach Hessen findet. „Für mich ist es das Modell der Zukunft, denn man kann durch die Einbindung der späteren Nutzer viel mehr mit dem Budget erreichen“, so Dernbach. Mithilfe einer Bilderreise gab sie den zwölf zum vierstündigen Projektauftakt erschienen Erwachsenen und zehn Kindern zunächst Anschauungsunterricht, richtete den Blick auf einen typischen, pflegeleichten Spielplatz mit ein paar gängigen Spielgeräten inmitten einer Rasenfläche ohne Versteck- und Erlebnismöglichkeiten und dem Erfahrungswert, dass Kinder nach zehn Minuten Aufenthalt nörgeln: „Mir ist langweilig“.
Artgerechte Kinderhaltung?
„Ist das noch zeitgemäße artgerechte Kinderhaltung?“, warf Dernbach provokant in den Raum und zitierte Alexander Mitscherlich (1963): „Der junge Mensch braucht seinesgleichen, nämlich Tiere, überhaupt Elementares, Wasser, Dreck, Matsch, Gebüsche, Spielraum. Man kann ihn auch ohne das alles aufwachsen lassen, mit Teppichen, Stofftieren oder auf asphaltierten Straßen und Höfen. Er überlebt es, doch soll man sich dann nicht wundern, wenn er später bestimmte soziale Grundleistungen nie mehr erlernt, zum Beispiel ein Zugehörigkeitsgefühl zu einem Ort und einer Initiative“. Aus dieser Erkenntnis heraus wolle man am Amselweg mit einer naturnahen und fantasievollen Geländemodellierung mit Verwendung heimischer Wildpflanzen, die Schmetterlinge und vieles mehr anlocken, Erlebnisraum schaffen, der einerseits die geistige, motorische und seelische Entwicklung der Kinder anrege sowie die Aufenthaltsqualität der Eltern und Großeltern steigere, andererseits allerdings auch entsprechender Pflege bedürfe, um nachhaltig und lebendig zu bleiben. „Bleiben Sie dran, pflegen Sie gemeinsam“, riet Dernbach daher den Familien. Um von Anfang an ein gemeinsames Band zu knüpfen, waren neben Mitarbeitern des städtischen Umweltreferates auch die Landschaftsgärtner Jörg Schneider und Andreas Di Bernardi beim Samstags-Workshop dabei.
Favoriten stehen fest
Bevor die Familien mit ihren eigenen Kreationen loslegten, stand die Besichtigung der 800 Quadratmeter großen Fläche auf der Agenda. Zurzeit stehen dort lediglich ein paar Bäume, der Boden ist bedeckt mit Laub und Brombeergestrüpp, doch das wird sich ändern. Nach einem vom Verein „Heckstadt – Freunde Oberhöchstadts“ vorbereiteten kleinen Kuchenimbiss – ob die Heckstädter sich später auch an der Pflege beteiligen, steht noch nicht fest – legten die Workshop-Teilnehmer los, ließen mit Sand und Steinen Landschaften in flachen Kartons entstehen, bastelten aus Stöckchen und Wolle Spielgeräte wie Schaukeln, Brücken, Baumhäuser, Klettergerüste, Rutschen und Baumstämme zum Balancieren, sahen Wasserstellen zum Plantschen und Matschen vor und vergaßen sogar Naschbäume nicht und Ruheplätze, die durch Korken dargestellt wurden. Neben zwei Kindergruppen hatten sich auch zwei Erwachsenengruppen gefunden und den „Großen“ machte es sichtlich Spaß, an ihre eigenen Kindheitstage erinnernd, Spielgeräte für ihren Nachwuchs auszutüfteln, aber auch die eigenen Befindlichkeiten nicht zu vergessen. „Das ist eine Boule-Bahn“, zeigte beispielsweise Miriam Mozer auf eine mit kleinen Steinchen ausgelegte Fläche.
Obwohl jeweils unterschiedlich in den Kisten variiert, zeigten sich zum Abschluss doch gewisse Parallelen. „Berg, Wasser, Gebüsch, Baumhaus, Schaukel, Rutsche, Bäume und Naschen kam bei allen Vorschlägen vor, deshalb werden das unsere Grundbausteine sein, die sich sicherlich in der Endfassung auch wiederfinden werden“, verkündete Dorothee Dernbach das Tagesergebnis. Je nachdem, inwieweit das Budget dann ausgereizt sei, könne man unter Umständen die eine oder andere Ergänzung vornehmen. Sie wird alle per Foto festgehaltenen Modelle auf Machbarkeit überprüfen und eine Planung erstellen, die wahrscheinlich im Februar vorgestellt wird. Weitere Mitstreiter, insbesondere auch zum Baubeginn im Frühjahr, seien ausdrücklich gewünscht. „Je mehr mithelfen, desto schneller wird die Spielfläche fertig!“
Für die Gestaltung des naturnahen Spielgeländes am Amselweg stehen laut Jürgen Odszuck rund 80.000 Euro zur Verfügung.