Schützender Mantel für ganzheitliche integrierte Palliativversorgung

Blick in eines der neun Einzelzimmer Fotos: S. Puck

Oberhöchstadt (pu) – „Wissen wir eigentlich noch, dass wir uns als Menschen brauchen in unserer durchorganisierten Welt?“ Diese provokante Frage warf Stadträtin Erika Pfreundschuh (CDU) anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Wohnbereichs „Pallium“ (lateinisch Mantel) im Seniorenstift Hohenwald in den Raum. Wie die stellvertretende Seniorin des Pflegeamts der Frankfurter Stiftung Hospital zum Heiligen Geist, zu der die Kronberger Seniorenstifte Hohenwald und Kronthal zählen, weiter in ihrem Grußwort ausführte, weichen die meisten dem Gedanken an hilflose Situationen, an Momente, in denen man nicht mehr „Herr im eigenen Haus“ ist und Sterben, aus und hoffen vielmehr auf einen schnellen Tod.

Diese Idealvorstellung vom letzten Atemzug im Schlaf in den eigenen vier Wänden sei jedoch alles andere als gängige Realität, führte Stiftungs-Direktor, Tobias Gottschalk, vor Augen und erklärte mit Nachdruck: „Menschenwürdiger Umgang mit Sterben und Tod ist Herausforderung für die Gesellschaft.“ Vor diesem Hintergrund erinnerte er an den Beitritt der Stiftung zur Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen bereits vor einigen Jahren und lenkte den Blick auf den neuen Wohnbereich, der nach sechsmonatiger Umbauphase des Erdgeschosses des Wohnbereichs 5 seiner Bestimmung übergeben wurde. Im Rahmen der vollstationären Pflege- und Betreuung hat das Haus damit sein Angebot durch ein ganzheitliches integriertes Konzept für schwerkranke und sterbende Menschen verbessert, die einer ergänzenden palliativen Versorgung bedürfen, die den Wunsch haben, „ihre letzte Lebensphase in einem geborgenen, zugewandten Umfeld zu verbringen, weil eine Pflege zu Hause nicht möglich oder ein Krankenhausaufenthalt nicht mehr gewünscht wird“, so der Bereichsleiter der Seniorenstifte Kronthal und Hohenwald, Frank Peter Egerer.

Die neun modern und wohnlich eingerichteten Einzelzimmer sind alle mit barrierefreien Bädern ausgestattet. Außerdem stehen den Bewohnern und Angehörigen großzügige Gemeinschafts- und Begegnungsbereiche mit Küche, Sitz- und Entspannungsecken, einer Terrasse und Blick in den hauseigenen Park zur Verfügung. Im Zuge der Sanierungs- und Umbaumaßnahmen wurde außerdem ein neuer, geräumigerer Aufzug als weitere Verbesserungsmaßnahme eingebaut. „Nun können wir im Gegensatz zu vorher auch Betten im Aufzug transportieren, eine erhebliche Erleichterung im täglichen Arbeitsprozess“, informierte Gottschalk die Gäste, die sich während eines Rundgangs persönlich ein Bild von den Veränderungen machen konnten, die mit rund 150.000 Euro Baukosten zu Buche schlagen.

Der Wohnbereich Pallium kooperiert mit dem spezialisierten Palliative Care Team (PCT) des Krankenhauses Nordwest und des Hochtaunuskreises, dem ambulanten Hospizdienst „Betesda“ und den Hausärzten aus Kronberg und Umgebung. Bewohner, die an einer unheilbaren Erkrankung leiden, werden durch diese Kooperation medizinisch und schmerztherapeutisch engmaschig betreut. Darüber hinaus gibt es ein umfassendes psychosoziales und seelsorgerisches Angebot, sowie Ergo-, Musik-, Kunst- und Tiertherapie.

„Jeder möchte Geborgenheit, warmherzige Menschen und wir sind zwingend gefordert ,Alternativen zur Sterbehilfe aufzuzeigen“, unterstrich Erika Pfreundschuh und ergänzte: „Wie ein schützender Mantel sollen sich die Angebote ergänzen.“ Die neue Gesetzgebung weise zwar Wege auf bei der Beratung und Vorsorgeplanung, unverständlicherweise „macht das Gesetz allerdings vor der vollstationären Pflege halt, wir können nur auf Besserung hoffen.“

Die Ärztliche Direktorin des Krankenhauses Nordwest, Prof. Dr. Uta Meyding-Lamadé, machte anhand eines Beispiels aus ihrer eigenen Familie auf das vorwiegend in Asien gelebte „Extendid Family System“ aufmerksam, um aufzuzeigen, dass auch Schwerstkranke noch schöne Momente und sogar Ausflüge mit der Familie erleben können, sofern man das Leben stärker unter dem Aspekt der Begegnung und Gemeinschaft begreife. Daher freute sie sich, dass sie eine Überraschung mit im Gepäck hatte – einen funkelnagelneuen BMW X 3, eine Spende der Angehörigen, der im August verstorbenen Großaktionärin und Stifterin Johanna Maria Quandt. Das Fahrzeug war nach den Worten der ärztlichen Direktorin ursprünglich noch für die BMW-Erbin und Unternehmerin selbst angeschafft worden, nun wird das für den Transport Schwerstkranker geeignete Fahrzeug dazu dienen, Kronberger Palliativpatienten Ausflüge zu ermöglichen.

Stadträtin Pfreundschuh abschließend: „Im Seniorenstift Hohenwald werden Menschen in ihrer Lebensphase qualifiziert und würdevoll von Mensch zu Mensch begleitet und die Angehörigen sind eng eingebunden.“ Die Pflegeeinrichtung schließe mit dem neuen Wohnbereich eine Lücke, mit der sich viele Pflegeeinrichtungen konfrontiert sehen: „Besonders Menschen im hohen Lebensalter benötigen geeignete Versorgungsangebote, die auch palliative Gesichtspunkte berücksichtigen.“

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