Anton Radl – Wegbereiter der Kronberger Malerkolonie. Vor 250 Jahren geboren

Kronberger Geschichtssplitter

Kronberg (war) Vor 250 Jahren – am 15. April im Jahr 1774 – kam in der Habsburger Metropole Wien ein Kind zur Welt, das posthum gesehen in seinem späteren Leben für Kronberg sehr bedeutsam werden sollte. Es handelt sich um den heute noch bekannten Landschaftsmaler Anton Radl, der in einigen Ansichten Kronberg und Schönberg festgehalten hat. Zunächst hatte Radl als so genannter Zimmermaler den Beruf seines früh verstorbenen Vaters ausgeübt. Ob er nebenher bereits die Zeichenakademie in Wien besuchte, ist umstritten. Als 16-Jähriger verließ er seine Vaterstadt, weil er nicht zum Militärdienst in den napoleonischen Kriegen eingezogen werden wollte, in denen bereits seine zwei älteren Brüder gefallen waren. Nach Zwischenstationen in Brüssel und Aachen kam er schließlich 1794 in Frankfurt an, um hier am Main bis zu seinem Tod im Jahr 1852 zu verbleiben. Hier fand er Aufnahme bei dem renommierten Kupferstecher und Kunstverleger Gottlieb Prestel. Bei diesem erwarb sich der Wiener vertiefte Kenntnisse auf dem Gebiet der Graphik, insbesondere im Erstellen von Druckvorlagen von Gemälden alter Meister. Auch fertigte er erste Bilder in der Gouache-Technik an, welche die Eigenschaften der Wasser- mit denen der Ölfarbe kombiniert. Später kamen noch Ölgemälde hinzu. Im Jahr 1800 erwarb er in Frankfurt das Bürgerrecht und heiratete wenig später. Die 7 Kinder des Ehepaares starben leider alle vor Erreichen des Erwachsenenalters. Rasch hatte der begabte Radl sein Auskommen, da seine Bilder, darunter viele sorgfältig erstellte Ansichten von Frankfurt und Umgebung, bei zahlungskräftigen Bürgern in der Messestadt auf große Nachfrage stießen bis hin zu Carl Theodor von Dalberg, dem damaligen Großherzog von Frankfurt. Dabei kam ihm sein durch die Druckgraphik geschultes Auge sehr zu gute. Auch bot er nebenher privaten Zeichenunterricht an und stand mit Goethe in Kontakt. Von Kronberg sind, wie eingangs schon erwähnt, eine Reihe von Abbildungen des Künstlers überliefert. Am bekanntesten ist die Ansicht vom Schafhof über das von Bäumen damals noch eingehüllte Kronberg zum Altkönig hin, welche heute im Landesmuseum in Darmstadt zu sehen ist. Im Frankfurter Städel-Museum wird Radls Bild verwahrt, das den kleinen Flecken Schönberg mit der Kronberger Burg im Hintergrund festhält. An den beiden Werken aus den Jahren 1823 und 1824 lässt sich sehr gut der Stil des Künstlers erkennen, der den „Umbruch zwischen idealistisch geprägter Landschaftsauffassung und realistischer Naturanschauung“ verdeutlicht. Darauf weist der Katalog hin, der 2008 anlässlich einer Retrospektive zu Anton Radl im Museum Giersch in Frankfurt publiziert wurde. Weiter heißt es dort: „Sein Sinn für getreue Naturerfassung weist in die Zukunft und bereitet der nachfolgenden Künstlergeneration der Kronberger Malerkolonie und ihrer Freilichtmalerei den Weg.“ Von daher gesehen kann Radl somit als „Spiritus rector“ dieser ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgreich in der Burgstadt agierenden Künstlergruppierung angesehen werden. Laut August Wiederspahn, der im Jahr 1971 mit „Die Kronberger Malerkolonie“ ein heute noch gültiges Standardwerk herausgeben hat, soll sich Radl sogar längere Zeit in Kronberg aufgehalten haben, als er bei dem Gelehrten, Sammler und Dichter Isaac von Gerning in dessen im Jahr 1802 in einem ehemaligen Turm der Stadtbefestigung eingerichtetem „Tauninum“ Gast war. Eine Gouache von Radl aus dem Jahr 1804 hält das „Tauninum“ fest. Radl gehört mit zu den ersten Künstlern, die den Taunus bildfähig gemacht haben. Im frühen 19. Jahrhundert hatte eine verstärkte Reisetätigkeit eingesetzt, nicht zuletzt gefördert durch die Aufwertung der freien Natur in der Romantik. Dazu passte der Aufenthalt in einem der zahlreichen Kurorte im Taunus, wie dem gerade aufblühenden Kronthal bei Kronberg. Dieses idyllisch gelegene Landstädtchen mit seiner alten Burg war aber bereits im 18. Jahrhundert ein beliebtes Ausflugsziel von Frankfurt aus, ließ sich der Ort doch an einem Tag per Kutsche gut aufsuchen.

Der Blick Anton Radls auf Kronberg, wie man ihn im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt betrachten kann. Foto: Ried



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