Im Atelier von Gertrude Schneider

Eine fiktive Stadtlandschaft

Fotos: Muth_Ziebe

Kunstschaffende in der Stadt

Gertrude Schneider

Oberhöchstadt (hmz) – Atelierbesuche bei Kunstschaffenden haben ihren ganz besonderen Reiz. Nicht anders verhält es sich bei Gertrude Schneider, die einen Blick in ihre „Schatzkammer“ gewährt, wo ihre Bilder sorgfältig aufgereiht und übereinandergestapelt ein wenig von ihrer künstlerischen Vielfalt und Experimentierfreudigkeit verraten. Kein Bild, das nicht eine sehr persönliche Geschichte erzählt und wie es mit Geschichten so ist, bleiben sie wandelbar. Und so kommt es, dass einige ihrer Bilder übermalt sind und deren ursprüngliche Aussage einer neuen Idee gewichen ist. Keine statischen Festlegungen also, sondern variable kreative Prozesse, die für sich stehen.

Wenn sich ihre Kursteilnehmerinnen einmal in der Woche in ihrem Atelier treffen, dann vermittelt Gertrude Schneider bei jedem Malschritt das Erlebnis von Wachsen und Werden oder auch ein Zurück auf den Anfang. Vollendung braucht eben ihre Zeit. „Mir macht das große Freude, nach der Motivauswahl die weitere künstlerische Entstehung und Entwicklung zu begleiten, sowohl die auf den Leinwänden als auch bei den Frauen, die durch die hinzugewonnenen Fertigkeiten immer sicherer werden.“ Daneben vermittelt sie unterschiedliche Techniken, die sie sich im Laufe ihrer verschiedenen Ausbildungsstationen angeeignet hat. Ihre bevorzugte ist die Acrylmalerei, die die größtmögliche Veränderung in den Bildern zulässt. Sie selbst malt und aquarelliert, zeichnet und collagiert und schafft so spannende, abstrahiert übereinandergelegte Bildebenen. In ihren Bildern findet sich der Reiz des spontanen Bildeinfalls genauso wie der einer gezielt gesetzten Pointe. Oftmals zeigt sich ihr unbekümmerter Umgang mit Form und Farbe, einer gegenständlichen Figuration bis hin zur reinen Farbgeste, häufig mit ein wenig fabulierender Fantasie besetzt.

Mitten in einer gegenstandsfreien Farbenrhythmik dann ein kleines materielles Stück in das Bild eingearbeitet und die Dreidimensionalität ist geschaffen. Bewusst gesetzte Kontraste erreicht sie mit Spachtel- und Spritztechniken sowie mit unterschiedlichen Materialien je nach Bildthema, vor allem dann, wenn Hintergründe nicht begrenzt sind und die unterschiedlichen Ebenen wirken sollen. Paul Klee hat über sich und seine Kunst gesagt, sie mache sichtbar, was hinter den Erscheinungen der vordergründigen, täglichen Welt ans Licht dränge. Wenn Gertrude Schneiders Bilder zuweilen lyrisch wirken, gibt sie ein ganz kleines Stück ihrer eigenen Stimmungen preis.

Die Malerei habe sie immer begleitet, aber erst als ihre Kinder erwachsen waren und sie ihren Beruf als Erzieherin im Kindergarten „Schöne Aussicht“ beenden konnte, fand sie endgültig ihren künstlerischen Weg, den sie auch als jahrelange Kunsttherapeutin immer im Auge behalten habe. Es folgten zahlreiche Ausstellungen, zunächst mit Aquarellen und Kreidemalerei, bis sie dann die Acrylfarbe für sich favorisiert hat.

Auch wenn sie derzeit keine Ausstellung plant, ihr Schaffensprozess geht weiter, an Bildideen mangelt es ihr nicht. Wer Interesse hat, kann sich zum Kurs anmelden, allerdings ist die Warteliste lang. Es ist sicher nicht übertrieben zu behaupten, dass in so manchem Oberhöchstädter Haushalt eine echte „Schneiderin“ hängen dürfte.

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