Aussagen der Bürgermeisterkandidaten zur wirtschaftlichen Entwicklung

Unter Moderation von BdS-Vorstandssprecher Christian Hellriegel (links) stellten sich die Kandidaten den Fragen. Foto: Puck

Kronberg (pu) – Ein in mehrfacher Hinsicht einzigartiger Wettbewerb um die Nachfolge des nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidierenden parteilosen Bürgermeisters Klaus Temmen geht auf die Zielgerade. Am nahenden Ende dieses extrem von den Beschränkungen der Covid-19-Pandemie geprägten Wahlkampfs buhlen in exakt einem Monat, am Sonntag, 1. November, mit Kristina Fröhlich (FDP), Andreas Becker (CDU) und Christoph König (unabhängig) gleich drei Kandidaten um die Wählergunst. Ein volksnahes „Bad in der Menge“ ist unter den gegebenen Umständen selbstredend undenkbar. Nichtsdestotrotz sind die drei Kandidaten aktuell im Dauereinsatz. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion im Festsaal der Stadthalle mit coronabedingt lediglich 82 Bürger*innen fühlte ihnen der Bund der Selbstständigen (BDS) zur „Wirtschaft in Kronberg“ auf den Zahn.

Vor dem Einstieg in fünf von Vorstand und Fachgruppen zusammengestellten Themen befragte Vorstandsvorsitzender Christian Hellriegel das Trio zur Person, der Motivation für die Kandidatur, zum Rüstzeug und der Fähigkeit, Rückschläge einzustecken. Als Familienrichter muss Christoph König „Menschen zusammenbringen, um gemeinsam Lösungen zu finden, Kompromisse suchen und vermitteln, was nach meiner Ansicht auch viel mit dem Amt des Bürgermeisters zu tun hat.“ Kristina Fröhlich sieht sich nach 25 Jahren in der Wirtschaft und zehnjähriger Selbstständigkeit als eine Unternehmerin, die bereits viele Projekte unter ihrer Leitung meisterte und ihr Wissen und ihre Kraft künftig in das Großprojekt Kronberg einbringen möchte. „Das Schönste, was ich mir für meine Zukunft vorstellen kann, auch die Stadt ist ein Unternehmen, das eine gute unternehmerische Führung braucht.“ Andreas Becker, im Beruf Fachstellenleiter Finanzen in einer Stadtverwaltung in der Wetterau, will den Schritt weiter zum kräftezehrenden Beruf des Bürgermeisters machen, weil „die Kommunalpolitik seit über 25 Jahren mein großes Hobby ist, ich mein ganzes berufliches Leben im Bereich Finanzen tätig bin und mir nun vorgenommen habe, Hobby und Beruf zusammenzufügen.“

Fehlende Gewerbeflächen

Für eine der traditionell tragenden Säulen des Kronberger Lebens – die Handwerkerschaft – werden zwecks Standort- und Zukunftssicherung händeringend Expansionsflächen (circa 10.000 Quadratmeter) benötigt. Aktuell läuft die Prüfung vorrangig dreier Gebiete, die künftig für Gewerbe in den Flächennutzungsplan (FNP) für das Zieljahr 2030 aufgenommen werden sollen: die direkt an der Landesstraße 3005 gelegene circa 3,6 Hektar große Fläche „Kronberger Hang“ sowie alternativ das Gewerbegebiet „Am Auernberg“ (4,8 Hektar) und die Gewerbepotenzialfläche Oberhöchstadt Süd II (7,2 Hektar).

Der BDS-Vorstand hält die Fläche am Kronberger Hang für eine Umsetzung am wahrscheinlichsten, jedoch für Handwerker aufgrund eines angenommenen Quadratmeterpreises von 500 bis 600 Euro für zu teuer. Aus Christoph Königs Sicht „eignet sich der lange schmale Streifen sehr gut, ihn in unterschiedliche Parzellen zu unterteilen, um verschiedene Gewerbetreibende dort unterzubringen.“ Zwei Jahre, nachdem die Parlamentsmehrheit die Bitte an die Magistrat herantrug, den Flächenplan (FNP) ändern zu lassen, stehe der zähe mühsame Prozess, der nicht in Kronbergs Händen liege, noch ganz am Anfang. Erst nach Änderung des FNP könne man daher an die Entwicklung des Gewerbegebiets gehen und müsse in dieser Situation dann sehen, wer letztendlich Interesse an einer dortigen Ansiedlung habe.

Anders Kristina Fröhlich. Da man ihr nachsage, sie sei extrem beharrlich, hake immer wieder nach, suche Gespräche mit den richtigen Ansprechpartnern und Möglichkeiten, neue Menschen ins Boot zu holen, ist sie optimistisch, auch bei einem lange dauernden Thema wie dem klassischen Beispiel „Erschließung neuer Gewerbegebiete“ reale Chancen zu haben, etwas schneller voranzukommen. Das „in petto“-Gebiet am Kronberger Hang sieht sie definitiv als eine A-Lage für neue Unternehmen. Es gelte in der gebotenen Eile noch weitere Möglichkeiten für den 2022 fertig werdenden Flächennutzungsplan in Betracht zu ziehen. Sie brachte einen runden Tisch für eine Nachverdichtung in der Westerbachstraße ebenso ins Gespräch wie die hinter „KIA“, teils auf Eschborner Gemarkung liegende Fläche „Am Auernberg“ – „aus meiner Sicht tollste Lage für ein Handwerkerdorf“. Auch die Feuerwehr, die eventuell mehr Platz benötige, wäre dort in Kombination denkbar. Ihrer Überzeugung nach lohnen sich Gespräche mit dem neuen Eschborner Bürgermeister Adnan Shaikh (FDP).

Mit dem hat Andreas Becker, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Handwerkerschaft als verlässlicher Partner von Unternehmen in der Burgstadt halten zu wollen, schon gesprochen. Beim Treffen seien einerseits die seit langem bestehenden Verkehrsprobleme und mögliche Flächentausche erörtert worden, die so weit nicht hergeholt seien, da Eschborn weiterhin am Bau einer Musikschule an der L 3005 Abzweigung Kronberger Straße nach Niederhöchstadt interessiert sei. Das Grundstück ist zwar im Besitz der Stadt Eschborn, liegt aber auf Kronberger Gemarkung.

Der Korrektheit und Vollständigkeit halber in diesem die Gemüter bewegenden Punkt zum Stand der Dinge: Wie hoch die Preise für Gewerbeflächen in den aktuell untersuchten Bereichen einmal sein werden, ist abhängig davon, wo, wann und wie Flächen entwickelt werden könnten und in welchem Eigentum sie sich befinden. „Tatsache ist, dass gegenwärtig für die wenigen in Kronberg überhaupt verfügbaren bestehenden Gewerbeflächen bereits bis zu 500 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden. Dass diese Preise insbesondere von Handwerksbetrieben kaum zu bezahlen sind, ist Fakt. Umso wichtiger, gegebenenfalls durch Flächenumlegungen auch bezahlbare Flächen für den Mittelstand zu generieren“, erklärte der Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Andreas Bloching, auf Nachfrage. Bei der ins Spiel gebrachten Verlagerung des Baubetriebshofs, die ebenfalls das Finden einer passenden verfügbaren Fläche voraussetzt, würden gegebenenfalls Flächen für das Handwerk entstehen. Alle anderen Gewerbeflächen in der Westerbachstraße seien in Privatbesitz, etwaige dortige Erweiterungs- und Aufstockungspläne bedürften gegebenenfalls eines geänderten Bebauungsplans und politischer Beschlüsse.

Stadtmarketing

Das auf eine stärkere Verzahnung von Wirtschaftsförderung, Tourismus und Kultur zwecks attraktiverem Image und Zukunfts-Positionierung Kronbergs zielende, frisch vorgestellte integrierte Stadtmarketing-Konzept muss mit Leben erfüllt werden. Wohlwissend, dass viele bisherige Initiativen und Ideen im Sande verliefen und ein dickes Brett zu bohren ist, setzt Christoph König auf die Unterbringung dieser zentralen Funktion als hauptamtliche Stelle als Dreh- und Angelpunkt im Rathaus. Das Finden einer dafür geeigneten Person und deren Unterstützung sieht er als einen der Schwerpunkte für den künftigen Bürgermeister.

Dagegen tut sich die aus der Unternehmensbranche kommende Kristina Fröhlich „mit dem wenig konkreten Ideenansatz des Konzepts sehr schwer.“ „Wenn ich das lese, Kultur soll blühen, Stadt im Grünen, Menschen, die ihre Stadt lieben, das haben wir alles!“ Agenturen wollten definierte messbare Ziele, „ob ich beispielsweise 10 Prozent mehr Käufer will.“ Andreas Becker sprach vom „Ideensteinbruch“. Unter anderem Schönberg käme viel zu kurz. Seines Erachtens hätte es keines „teuren Gutachtens“ bedurft, Zusammenarbeit gebe es schon wie bei der Kooperation von Kronberg Academy und dem Vienna House. Er favorisiert „kleine Dinge voranzubringen und die Bürger mitzunehmen“. Diese Gesamtdarstellung geht Christoph König in die falsche Richtung. Das Schlüsselwort sei „integriert“. Er zeichnete das Bild von bisher nebeneinander gelegenen Fäden der drei Bereiche „Einzelhandel, Gewerbe und Handwerk“, „vorwiegend ehrenamtlich geleisteter reichhaltiger Kultur“, die von Dr. Eggers sehr deutlich als Alleinstellungsmerkmal für Kronberg herausgearbeitet worden sei, und dem „erstaunlich unterentwickelten Tourismus“, die künftig zu einem Strang verknüpft auf einen deutlichen Mehrwert für Kronberg zielen.

Wirtschaftsförderung

Der Bund der Selbstständigen setzt auf die im Raum stehende künftige Ankopplung der Wirtschaftsförderung an das Stadtmarketing aus dem entstandenen Eindruck heraus, durch die bisherige Konstellation Wirtschaftsförderung/Pressestelle gerate der erste Punkt manchmal ins Hintertreffen. Andererseits lägen wiederum Gefahren in einem sehr großen Bereich Stadtmarketing/Wirtschaftsförderung. Nach Überzeugung Kristina Fröhlichs „leistet die Wirtschaftsförderung viel Arbeit, die in den Bereich Stadtmarketing fällt“, demzufolge würden durch den Zugewinn der Stabsstelle Stadtmarketing wieder Kapazitäten für die Wirtschaftsförderung frei und davon würden wir profitieren.“ „Während woanders die Hauptarbeit darin liegt, Unternehmen zwecks Ansiedlung anzusprechen, haben wir hier das Luxusproblem, an unsere Tür wird geklopft und leider haben wir häufig keine Fläche.“ Für die hiesige Wirtschaftsförderung ginge es deshalb vorwiegend darum, die vorhandenen Wirtschaftsunternehmen zu unterstützen und stärken.

Lob gab es vonseiten Beckers zum „vorbildlichen Verhalten Kronbergs“ in der Corona-Zeit unter Regie des aktuellen Bürgermeisters. Explizit nannte er die Erweiterung der Außengastronomie oder den Verzicht auf die Sondernutzungsgebühr. Sein unabhängiger Kontrahent macht sich stark für die Transparenz von Fördermitteln für Unternehmen und Vereine und will diese beratende Hilfe in Händen eines festen Ansprechpartners wissen – vorzugsweise der Stabsstelle Wirtschaftsförderung. Wohlwissend um deren begrenzte Kapazitäten müsse man trennen zwischen der Person, die aktuell die Wirtschaftsförderung im Rathaus allein stemme und seiner Intention der organisatorischen Bündelung von Aufgaben. Umfang möglicher Umstrukturierungen und Personalstärke in den einzelnen Bereichen sei Aufgabe von Magistrat und Bürgermeister.

Thema Fachkräftemangel: Kristina Fröhlich sieht im fehlenden bezahlbaren Wohnraum eine der Ursachen. Des Weiteren „würde es Kronberg gut zu Gesicht stehen, wenn wir eine kleine feine qualitativ hochwertige Realschule ansiedeln würden, die die Jugend am Ort hält“ .Beckers Einwand, die Altkönigschule habe einen sehr guten Realschulzweig, konterte sie, ihres Wissens zögerten viele Eltern mangels reiner Realschule in der 5. und 6. Klasse. Der Ton wurde schärfer. Andreas Becker erneuerte seinen Vorwurf in Richtung Magistrat der Stadt, Kronberger Handwerker würden bei öffentlichen Ausschreibungen „nicht einmal zur Abgabe eines Angebots aufgefordert.“ Das sei bei allem Verständnis für die notwendige Einhaltung von Vergaberichtlinien ein Unding. Von seiner Idee eines Newsletters mit Veröffentlichung von allen Ausschreibungen auf einer informellen Plattform werde er nicht abrücken, „denn die Stadt erbittet so viel Hilfe von den Gewerbetreibenden, Hand- und Spanndienste für Feste, dann finde ich es nur fair, wenn sie bei öffentlichen Ausschreibungen zuerst an die Kronberger Handwerker denkt“.

Bezahlbarer Wohnraum

Als Hausnummer für Mietpreis für städtischen Wohnungsneubau peilt die liberale Politikerin Fröhlich circa 10 Euro pro Quadratmeter an. Beim Neubaugebiet Altkönigblick sei das nur durch Teilverkauf des Grundstücks zur Querfinanzierung stemmbar. Ihr geht es in puncto Schaffung bezahlbaren Wohnraums ebenso nicht schnell genug wie Christoph König, der fordert, bei den zur Verfügung stehenden Flächen „Altkönigblick“ und „Baufeld V“ im städtischen Eigentum unter städtischer Regie und mit Einfluss auf den Mietpreis bei aller Notwendigkeit der Beachtung der Verträglichkeit zu Nachbarschaft und Infrastruktur, „nicht zaghaft mit den Flächen umzugehen“. „Wir brauchen diesen Wohnraum dringend für Klein- und Normalverdiener, denn mit einem Durchschnittseinkommen von 4.000 Euro kommt man bei der Faustformel, ein Drittel des Netto für die Miete, bei einer Familie mit zwei Kindern und machbaren 800 Euro Netto-Miete auf dem freien Markt in Kronberg schnell an die Grenzen.“ Dass bezahlbarer Wohnraum benötigt wird, ist auch für den christdemokratischen Kandidaten unstrittig, allerdings dürfe dabei die Infrastruktur nicht außer acht gelassen werden. Bestes Beispiel sei Oberursel, wo man ein Jahr auf einen Kindergartenplatz warten müsse, weil die Infrastruktur hinter der jüngsten Wohnraumschaffung hinterherhinke. Becker präferiert das Einheimischenmodell, das Erzieherinnen oder Feuerwehrleute mit Bezug zu Kronberg bevorzugt, die Gründung einer eigenen städtischen Wohnungsbaugesellschaft als Eigenbetrieb „mit einem verwalterischen Wasserkopf, der den Bau teurer macht“ hält er dagegen für den falschen Weg. Man solle auf bestehende Wohnungsbaugesellschaften zurückgreifen. Königs Konter: Kronberg könne zum einen aus der Vergangenheit Erfahrung beim Bau von rund 200 Wohnungen vorweisen, zum anderen hält er schlanken Personalbestand für machbar.

Gewerbesteuer

Bei allen teils unterschiedlichen Meinungen in puncto Zuständigkeit und Krisenbewältigung einte die drei Kandidaten im Endeffekt der Gedanke, nach Möglichkeit den Gewerbesteuerhebesatz bei 357 Prozentpunkten belassen. Zur Verbesserung der Einnahmesituation wäre es Kristina Fröhlichs Wunschtraum, weitere Unternehmen aus dem IT-und Forschungsbereich anzusiedeln, weil sie „wenig Platz benötigen und profitabel arbeiten.“ Die bereits viel zitierten jeweiligen Positionen zu den Themen Steuerentlastungen trotz der extrem unsicheren Zeiten und Abschaffung der Straßenbeiträge, beide Forderungen einzig von Andreas Becker, – ein Bürger aus dem Publikum deklarierte sie als Wahlgeschenke mit fehlender Gegenfinanzierung – nahmen den erwartet breiten Raum ein. Bekanntlich sehen weder Fröhlich noch König aktuell finanzielle Spielräume. Letzterer machte ferner auf die noch laufende Prüfung der wiederkehrenden Straßenbeiträge aufmerksam. Seiner Meinung nach der fairere Weg.

Einzelhandel

Nach vorliegenden Analysen hat sich trotz gegenteiliger Befürchtungen der Kronberger Einzelhandel in der Corona-Krise belebt und diese Chance, dass mehr Menschen statt im MTZ oder auf der Zeil in der Burgstadt einkaufen oder die Gastronomie besuchen, soll genutzt werden. Neben der gefundenen Verantwortung und Liebe der Kundschaft zum hiesigen Handel hat Christoph König als zweiten positiven Effekt die im letzten Jahr realisierte Fußgängerzone ausgemacht. Weitere belebende Pluspunkte könnten seiner Meinung nach einheitliche Öffnungszeiten und sogenannte Pop-up-Stores als Probelauf für Start-up-Unternehmen (Beispiel Hanau) bringen. Am geplanten Poller am Berliner Platz scheiden sich die Geister. Ein eindeutiges „Nein“ dazu von Fröhlich und Becker. Der CDU-Kandidat hält vielmehr Spielangebote für Kinder auf dem Wochenmarkt als belebendes Element und kostenfreie Kurzzeitparkplätze für die richtigen Maßnahmen. „Jeder Autofahrer ist ein potenzieller Kunde und jeder Kunde bringt Umsatz!“



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