Kronberg (cw) – Strahlendes Sommerwetter, gut gelaunte Menschen und ein buntes Programm internationaler Straßentheater-Kunst.
Das „Da Capo“-Festival, welches dieses Jahr zum xten Mal Kronbergs Gassen in eine große Bühne verwandelte, brachte das Publikum zum Staunen, zum Träumen und zum Mitmachen.
Bürgermeister Christoph König erklärte in seiner Eröffnungsrede, dass das „da capo“ in der Musik zwar eine Wiederholung bedeute, beim Kronberger Straßentheaterfestival aber nie das Gleiche passiere. In der Tat hatte Dorothee Arden vom Kronberger Kulturkreis, welche die Festivalleitung innehatte, eine gelungene Mischung aus altbekannten Künstlern mit neuem Programm und noch unbekannten Gesichtern in die Burgstadt geholt. Sie betonte, wie wichtig ihr „ein bunter Mix für die ganze Familie“ sei. Dabei gab es in dem sommerlichen Ambiente an jeder Ecke etwas zum Staunen: Mademoiselle Prrrr, das luftige Wetterphänomen, schwebte, trotz ihrer Tuba, scheinbar schwerelos über den Boden und entlockte dem schweren Instrument zarte Piepstöne zur Kommunikation.
Monsieur Calbuto hätte sich vielleicht ihre Leichtigkeit gewünscht: Er war mit einer 320 Kilogramm schweren Eisenkugel verbunden und konnte sich nur in Bewegung setzen, wenn Passanten ihm einen ordentlichen Schups versetzten. Dann war das lebende Spielzeug ein wahres Stehaufmännchen, dessen Schwanken die Menschen bestaunten und die Hunde misstrauisch beklefften.
Unermüdlich unterwegs durch die Altstadt war auch Pere Hosta, der seine „Open Door“ geschultert hatte, auf der Suche nach Mitspielern, die sich in seine Improvisationen hineinziehen ließen. Über das holprige Kopfsteinpflaster rumpelten aber noch andere Kunstwerke. Kinder und Eltern liehen sich begeistert eines der phantasievollen Treibholztiere aus, die auf dem Platz vor der Zehntscheune auf mutige Reiterinnen und Reiter warteten. „Brut de Bestioles“ vom Théatre del la toupine heißt der Reigen von Fabeltieren, die aus dem angeschwemmten Holz des Genfer Sees geschaffen werden. Verziert mit Fell, Wolle und Sätteln aus Leder ist jedes der Tiere ein eigenes Kunstwerk und die Kinder auf den Tieren wurden zu Figuren einer Märchenwelt.
Kein Treibholz, sondern klassisches Lindenholz, benutzt Albert Völkl, wenn er die Protagonisten für seine Stücke schnitzt. Über 180 Puppen habe er daheim, verriet der Bayer, und 12 hatte er für sein Stück „Der kleine Prinz und das rote Ross“ mit nach Kronberg gebracht. Das Theater um einen mutigen Prinzen und eine außerordentlich emanzipierte Prinzessin überraschte mit seiner poetisch-traditionellen Erzählweise und seinem erstaunlich modernen Inhalt. Kinder und Erwachsene saßen gleichermaßen begeistert in der prallen Mittagssonne und ließen sich von dem Puppenspieler, seinen Figuren und dem sanften Flow seiner Erzählweise verzaubern. Etwas schattiger war es im Recepturhof, wo allerdings „The Beez“ fast stündlich mit ihren fröhlichen Songs der Menge einheizten. Die multinationale Band covert sich seit mehr als 25 Jahren gemeinsam durch verschiedenste Stilrichtungen, nicht ohne allerdings jedem Stück ihre ganz eigene Prägung mitzugeben und nicht ohne auch ganz eigene Kompositionen zu präsentieren.
Auch Fans des klassischen Clownstheaters kamen an diesem Sonntag voll auf ihre Kosten: Kaspar und Gaya leben das Klischee von roten Nasen und viel zu langen Schuhen – sie klamaukten, musizierten und schlängelten sich mit Artistik, Mimik und beredten Körpern durch ihr verträumt lyrisches Programm. In ihrer clownesken Revue war immer wieder die zupackende Hilfe des Publikums gefragt.
Im Schulgarten kamen alle Besuchenden auf ihre Kosten, die selbst Musik machen und Teil des Festivals werden wollten. Etienne Favres „Klanginstrumente“ lockten nicht nur die Kleinen an, sondern auch zahlreiche Eltern drehten begeistert an Klangrädern oder klopften das „Elefantenklavier“.
Auf dem benachbarten Berliner Platz zog derweil die Performance „Schachmatt“ des Akrobatik Duos „Elabö“ die Gäste in ihren Bann. Atemlos und mit offenen Mund bestaunten sie den in Artistik gegossenen Kampf der Geschlechter beim Schachspiel, hielten den Atem an bei den virtuosen Verfolgungsjagden und jubelten bei jeder der gelungenen waghalsigen Figuren.
Wer noch Puste hatte, machte sich durch die bespielten Gassen auf den Weg zur Burg. Dort wartete mit Stefan Sing und Liam Wilson das vielleicht derzeit modernste Jonglage Duo. Die klassische Disziplin bekommt bei den beiden Akteuren, nicht nur durch die virtuose Erhöhung des Tempos, fast etwas roboterartig maschinenhaftes. Wilsons eigentlicher Beruf, als Experte für Künstliche Intelligenz, scheint sich in dem expressiven Programm widerzuspiegeln. Subjekte werden zu Objekten und Objekte entwickeln ein Eigenleben.
Große Inszenierungen, außergewöhnliche Nischenkunst, atemberaubende Aktionen und Theater zum Mitmachen. Wie gut, dass das „Da Capo“ einen festen Platz im Reigen der Kronberger Feste hat.
Brett auf dem Kopf: Pere Hosta war mit seiner Tür in Kronberg unterwegs.
Das Akrobatik Duo „Elabö“ in Aktion
Eine besondere Form von Resilienz: Stehaufmännchen Monsieur Calbuto Fotos: Weber