Gemeinschaftsunterkunft „Grüner Weg wird gebaut

Kronberg (mw) – Kaum war die Tagesordnung der jüngsten Stadtverordnetenversammlung im Kronberger Rathaus eröffnet, lag Spannung in der Luft: Gleich zwei Sitzungsunterbrechungen und einige Zeit mehr dauerte es, bis sich die Stadtverordneten – schließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit – bei der Wiederholung der Abstimmung des Antrags „Gemeinschaftsunterkunft Grüner Weg – Beendigung des Projektes“, über das rechtliche Prozedere geeinigt hatten. Der Knackpunkt: Bürgermeister Klaus Temmen war bei den vergangenen Abstimmungen zu diesem Antrag aufgefallen, dass es Stadtverordnete gegeben hatte, die zunächst aus Befangenheit den Rathaussaal zur Abstimmung verließen, bei einer erneuten Abstimmung zu demselben Thema jedoch sitzen blieben und mitstimmten. Aus diesem Grund hatte er Widerspruch gegen die Abstimmung eingelegt, beziehungsweise eine erneute Abstimmung gefordert. Daraus entbrannte eine kabarettistisch anmutende Diskussion um die Rechtslage zweier CDU-Stadtverordneter, ob sie nun befangen seien oder nicht und ob der Stadtverordnetenvorsteher darüber zu entscheiden habe. Normalerweise ist es üblich, dass, wer in unmittelbarer Nähe eines Bauvorhabens ein Grundstück besitzt, als befangen gilt und den Saal verlässt. An diesem Abend jedoch rechnete sich die CDU anscheinend noch eine kleine Chance aus, mit allen ihren Vertretern und gemeinsam mit der KfB das Projekt GU Grüner Weg zu kippen. Letzten Endes durfte einer der besagten CDU-Stadtverordneten abstimmen, während der zweite für befangen erklärt wurde und den Saal zur Abstimmung verließ. Mit 14 Ja- und 16 Neinstimmen wurde beschlossen, das Projekt GU Grüner Weg weiterzuführen. Schließlich wurde auch der überfraktionelle Dringlichkeitskeitsantrag der Grünen, FDP, SPD und UBG, das Bauvorhaben Gemeinschaftsunterkunkt Grüner Weg zu realisieren, angenommen.

„Zutiefst unehrlich“

Doch zuvor hagelte es harsche Kritik seitens der CDU und der KfB. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Becker behauptete: „Was hier gemacht werden soll, ist zutiefst unehrlich. Ein Baurecht im Grünen Weg soll sich hier auf zweifelhaftem Weg besorgt werden. Was die vier Fraktionen hier machen, hat mit Ehrlichkeit nichts zu tun.“ Der Gesetzgeber habe in der Hochphase der Flüchtlingswelle bauplanrechtliche Erleichterungen geschaffen, um den Bau von Gemeinschaftsunterkünften zu erleichtern. „Ausdrücklich nicht unter diese Sonderregelung fällt der Bau zum Beispiel von Sozialwohnungen“, sagte er. Zum damaligen Zeitpunkt sei die „Umwandlung von GUs in Sozialwohnungen okay gewesen, wenn wir eine GU gebraucht hätten“, darum habe die CDU den Antrag ursprünglich auch mitgetragen. Aktuell sei die Sachlage jedoch eine andere: Es gehe vorrangig um die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge, nicht Asylbegehrender, und genau für die könne die GU nicht genutzt werden. „Mit dem Bau dieser GU erweisen die vier Antrag stellenden Fraktionen den Wohnungssuchenden in Kronberg einen Bärendienst“, ärgerte sich Becker. „Denn wenn die GU gebaut wird, wird der Hochtaunuskreis auch weiterhin Asylsuchende zuweisen.“ Diese würden schließlich nach Anerkennung auch noch auf den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in Kronberg drängen.

Ähnlich sah es die KfB. Auch sie kritisierte, dass der Antrag auf der Annahme basiere, in die GU könnten anerkannte Flüchtlinge einziehen. Genau das verstoße jedoch gegen die bauplanrechtlichen Regeln. „Wir haben die Pläne in der Schublade. Die können wir doch herausholen, wenn sich die Flüchtlingskrise verschärfen sollte. Dann können wir immer noch eine Flüchtlingsunterkunft bauen“, sagte sie. Außerdem sei die KfB zum jetzigen Zeitpunkt gegen den Neubau der GU nicht, weil sie gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sei, sondern weil sie keine 3 Millionen Euro für eine Unterkunft ausgeben wollte, die derzeit nicht für Flüchtlinge gebraucht werde und von der man auch mittlerweile wisse, dass sie nicht mehr durch die Mitfinanzierung des HTK kostendeckend betrieben werden könne. Boerner abschließend: „Der Bau von Wohnungen wäre im Übrigen auch ein Startsignal für die Entwicklung des gesamten Grünen Weges. Die Versiegelung dieses Naherholungsgebietes kommt für die KfB aber nicht in Frage.“ Statt zu versuchen, die KfB in „die rechte Ecke zu drängen“, solle man sich lieber vor Augen führen, dass auch der Magistrat die Vorlage abgelehnt habe. Bürgermeister Klaus Temmen verwies in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass die Ablehnung des Antrags zur Errichtung der GU seitens des Magistrats im Kern einen ganz anderen Grund hatte: Er sei aufgrund „der nicht mehr einzuhaltenden Vorgaben, der Kosten in Höhe von 2,3 Millionen Euro abgelehnt worden“, erläuterte er.

FDP-Fraktionsvorsitzender Walter Kiep hielt klar dagegen: „Ihre Strategie scheint zu sein, den Kopf in den Sand zu stecken und das Problem schlichtweg zu ignorieren!“ Die prekäre Situation der Flüchtlinge in den maroden Containern an der Altkönigschule sei doch hinreichend bekannt. Aufgrund fehlenden Wohnraums im Stadtgebiet habe die Stadt beim Kreis eine Verlängerung des Aufenthalts der anerkannten Flüchtlinge in den Containern bis zum August nächsten Jahres bewirkt. Kein Handeln seitens der Stadt und der Politik bedeute insbesondere für die Kinder noch nicht anerkannter Flüchtlinge, dass sie aus ihrer Umgebung, Schule, Kindergarten, an die sie sich gerade gewöhnt haben, wieder herausgerissen würden, weil sich keine Unterkünfte in Kronberg finden. „All die Arbeit, die sich Lehrer, Erzieher und viele Helfer in Kronberg gemacht hätten, werde „partiell, was diese Kinder betrifft, gefährdet“, so Kiep, der sich wütend darüber zeigte, dass der Hochtaunuskreis aufgrund der eineinhalb jährigen Verzögerung seiner Unterschrift diese Situation überhaupt erst geschaffen hätte. Neue Wohncontainer aufzustellen, löse das Problem dauerhaft nicht, und sei „unverhältnismäßig teuer“. Bei der Errichtung eines „identischen Wohngebäudes „an gleicher Stelle sei von einer Genehmigungsfrist von drei Jahren zu rechnen. Kiep machte deutlich: „Es blieb nur die, wenn auch verspätete Umsetzung unseres Beschlusses vom 21. Januar 2017, allerdings unter ungünstigeren finanziellen Umständen.“ Dafür könne man die GU bis Ende nächsten Jahres realisieren. Kreis und Kommune hätten nun einmal die Pflicht der Aufnahme von Flüchtlingen und folgerichtig könnten Anerkannte so lange in der GU bleiben, wie sie keine Unterkunft gefunden hätten, sprich obdachlos seien. SPD-Fraktionsvorsitzender Christoph König machte in diesem Zusammenhang klar: „Wir haben die Vorlage damals gemeinsam beschlossen.“ Nun sei der Preis für die GU mit 3 Millionen anstatt 2,3 Millionen Euro teurer geworden. „Wirtschaftlich ist das aber gut vertretbar.“ Nach dem vorbildlichen bürgerschaftlichen Engagements für die Flüchtlinge dürfe man sich nun nicht „aus der Verantwortung stehlen“, sagte er. Mit der Zunahme der anerkannten Flüchtlinge in Kronberg verändere sich langfristig die Zahl der anerkannten Flüchtlingen in den Unterkünften, sodass diese langfristig auch für dauerhaftes Wohnen genutzt werden könnten.

Wohnungen für alle

„Wir wollen die Aufgaben und Herausforderungen lösen und das Thema des Wohnungsbedarfs angehen“, so der dringende Appell des FDP-Stadtverordneten Dietrich Kube, daran mitzuwirken, dass in Kronberg zukünftig neben den Wohnungen und Häusern der Wohlsituierten mehr bezahlbare Wohnungen und auch Sozialwohnungen zur Verfügung stehen. „Wir brauchen das für eine gesunde soziale Durchmischung“, betonte er und schloss damit den Bogen zu der Gründung der „Wohnbau Kronberg“, eines städtischen Eigenbetriebs, die an diesem Abend ebenfalls mit den Stimmen der Grünen, SPD, UBG und FDP auf den Weg gebracht werden konnte. „Diese große Koalition hier möchte Wohnungen für alle!“



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