Leserbrief

Unser Leser Wolfgang Schön, Hainstraße, Kronberg, schreibt zum Bericht „Beckers Wahlwerbung im Altkönig-Stift bleibt umstritten“, veröffentlicht im Kronberger Boten von Donnerstag, 8. Oktober, Folgendes: Sehr geehrter Herr Becker, was haben Sie sich da bloß einfallen lassen und versuchen obendrein, dies durch hierfür untaugliche Argumente zu rechtfertigen. Bislang lief das doch bei allen Kandidaten in noch „erträglichen“ Bahnen. Da wäre es aus meiner Sicht allemal besser gewesen, Sie hätten einfach geschwiegen. Der einseitige Zugriff eines nahen Verwandten von Ihnen in seiner Eigenschaft als Heimbewohner auf die Liste der Heimzugehörigen für Wahlzwecke ist und bleibt schlechthin unzulässig. Die Entscheidung über die Freigabe der Liste stand allein und nur der Heimleitung zu. Denn eine solche Entscheidung versteht sich als Ausfluss des Direktionsrechts. Das Direktionsrecht steht wiederum einzig und allein der Heimleitung zu. Niemandem sonst. Doch auch diese Feststellung bedarf notwendig einer weiteren Korrektur einschränkenden Inhalts. Jeder Heimbewohner hat nämlich Anspruch auf Anonymität. Dazu gehört auch die Wohnsitznahme. Das ist ein hohes der Liberalität geschuldetes, zugunsten des Einzelnen geschütztes Gut. Für seine Weitergabe bedarf es deshalb notwendig der vorausgehenden Zustimmung des jeweils hiervon Betroffenen.

Selbst die Heimleitung hätte deshalb trotz des ihr zustehenden Direktionsrechts die Liste nicht weitergeben dürfen, ohne zuvor hierfür die Zustimmung jedes einzelnen Heimbewohners einzuholen. Das zeigt auf, welcher Einbruch darin liegt, wenn ein Einzelner ohne jedwede heimzugeordnete Befugnisse – wie hier geschehen – von der Liste ohne vorliegende Zustimmung der Betroffenen hiervon aktiven Gebrauch macht. An diesem dem Einzelnen zugewiesenen Recht führt wegen seiner Individualbezogenheit kein Weg vorbei. Es sei denn, er macht den Weg hierzu durch seine vorausgeschickte Zustimmung frei. Der Missbrauch ist im Übrigen schon dann eingetreten und vollendet, wenn die Liste ohne diese Zustimmung genutzt wird. Das trifft hier zu. Deshalb ist es völlig bedeutungslos – worauf zur Argumentation abgestellt wird –, wie viele Heimbewohner diese Verfahrensweise im Nachhinein für richtig befunden oder die Genehmigung hierfür versagt haben. Die nachträgliche Billigung kommt eben wegen dieser Nachträglichkeit gewissermaßen zu spät, weil der Missbrauch bereits vorher eingetreten ist, eben deshalb nicht mehr ausräumbar ist. Zudem, die sachliche Richtigkeit bemisst sich doch nicht danach – wie gleichermaßen argumentiert wird – von wie viel Stimmen sie getragen wird. Hierfür ist doch immer noch allein die Schlüssigkeit in der Sache maßgebend.

Letztlich: Bei dem vorab dargestellten Zusammenhang, wo soll da die ernsthafte Rechtfertigung „aus dem Zusammenhalt der Familie“, aus dem „gegenseitigen Unterstützungsinteresse“ herkommen. Das sind zweifellos wertvolle Güter, worauf da abgestellt wird. Für eine ernsthafte Rechtfertigung des eingeschlagenen Verfahrenswegs kann das jedoch offenkundig nicht stehen. Es ist nicht mein Ding, mich in den Wahlkampf einzumischen. Doch was da gelaufen ist – im freien Zugriff auf das Individuum –, kann schlechthin nicht gebilligt werden. Da muss es einem Wähler erlaubt sein, unverzüglich Richtigstellungen einzubringen. Hiervon mache ich hiermit Gebrauch. Denn zu meiner persönlichen Überzeugung ist hier jedweder Spaß zu Ende.



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