St. Vitus zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft –300 Jahre Beständigkeit im Wechsel der Zeiten

Oberhöchstadt (hmz)- Kirche kann sich nicht einfach neu erfinden, muss aber ihre inhaltliche Definition jeweils im Wechsel der Zeit finden. Sie ist darauf ausgelegt, in Treue zur Tradition ihre Gegenwart zu gestalten und ist dabei immer wieder herausgefordert, überkommene Strukturen hinter sich zu lassen und organisch in die jeweils angemesseneren Formen des „Kircheseins“ hineinzuwachsen. Für die Zukunft bedeutet das, ihrer vermeintlichen Bedeutungslosigkeit entgegenzuwirken, die aktuelle Krise zu überwinden und wieder zu einem Ort des Zusammenhalts und der Beständigkeit zu werden. Im besten Sinne also ein Gegenpol zur Schnelllebigkeit der Gesellschaft.

Veränderungen gestalten

Der Kirchort St. Vitus in Oberhöchstadt hat gerade die Feierlichkeiten zum 300-jährigen Bestehen ihrer denkmalgeschützten Kirche mit einem Jubiläumskonzert abgeschlossen und während noch in der Gegenwart der Vergangenheit gedacht wird, richtet sich der Blick in die Zukunft, die sich neuen Gegebenheiten und Veränderungen stellen und anpassen muss. Auch wenn derzeit noch niemand weiß, wie diese sich gestalten wird. Sinkende Mitgliederzahlen, demografischer Wandel, weniger Taufen. Diese Entwicklungen machen auch um das Bistum Limburg keinen Bogen. Angesichts dieser Trends muss das Bistum reagieren, auch bei der Frage, wie mit dem über Jahrzehnte gewachsenen Gebäudebestand umgegangen werden kann. Gemeindezentren, Kirchen, Pfarrhäuser und Kindertagesstätten sind davon betroffen. Deren Unterhalt wird für die Kirchengemeinden und die Diözese zu einem immer größeren finanziellen Kraftakt. Damit Pfarreien auch künftig ausreichend Mittel zur Verfügung haben, um eine menschennahe Pastoral vor Ort gestalten zu können, gibt es das Projekt „Kirchliche Immobilien Strategie“ (KIS). Auf diesem Weg will das Bistum Pfarreien bei der Neuausrichtung ihres Gebäudebestands unterstützen. Das bedeutet im Klartext, auch der Kirchort St. Vitus steht auf dem Prüfstand. Hinzu kommt der Priestermangel, der die Situation mit den entsprechenden Auswirkungen auf das Gemeindeleben verschärft. „Das sind natürlich auch die Themen für uns im Ortsausschuss sowie im Verwaltungsrat für die Gesamtpfarrei Maria Himmelfahrt im Taunus mit ihren neun Kirchorten“, erklärt Stefan Hans, Vorsitzender des Ortsausschusses St. Vitus. „Wir können Beschlussvorlagen erarbeiten und Empfehlungen abgeben, entscheiden können wir nichts und bis dato wissen wir wirklich nichts über konkrete Zukunftspläne des Bistums für unsere Pfarrei.“

Gemeinsinn gestärkt

Rund 20 Jahre gehörte Stefan Hans zunächst dem örtlichen Pfarrgemeinderat, der später in überregionale Strukturen übergegangen ist, an, dann übernahm er im Jahr 2014 den Vorsitz des Ortsausschusses und ist schon aufgrund seiner Funktion in alle Abläufe involviert. Er bleibt optimistisch. Die Feierlichkeiten zum 300-jährigen Bestehen hätten noch einmal gezeigt, „wie wichtig den Oberhöchstädtern ihre Kirche ist und die Besucherzahlen in der Festwoche, die vielen Gespräche und Aktivitäten haben diesen Gemeinsinn vermittelt, für den wir stehen und der auch in die Zukunft trägt“, da ist Hans zuversichtlich. Mit den Vorbereitungen war ein Jubiläums-Festausschuss betraut, dessen Mitglieder sich viele Wochen lang Gedanken gemacht haben. Gerhard Lill, der Chronist von St. Vitus, hat die Ereignisse bereits fortgeschrieben und darin ist vermerkt:

Rückblick auf die Festwoche

Die Festwoche wurde mit einem Familiengottesdienst eröffnet, zelebriert von dem in Oberhöchstadt geborenen Christian Fahl, jetzt Pfarrer und Bezirksdekan für den Bezirk Lahn-Dill „Zum guten Hirten an der Dill“. Der Kinderchor und Projektchor junger Frauen unter der Leitung von Elsbeth Raczek sorgten für den musikalischen Rahmen. Anschließend begrüßte die Kindergartenleiterin Katarina Wisker die Gäste auf dem Gelände der Kita und betonte in ihrer Ansprache die Wichtigkeit der Kindererziehung zum christlichen Glauben.

Dazwischen gab es eine Kirchenführung für Kinder mit Gemeindereferentin Divya Heil und ein Mitmachkonzert in der Kirche vom Duo „Kids-Kultur-Spass.“ Beim „Singalong auf dem Dalles“ waren tagsdrauf alle eingeladen mitzusingen. Wieder ein Tag später stand ein geistliches Konzert mit dem Titel “Laudate pueri Dominum“ auf dem Programm. Die Instrumentalwerke und Kantaten hatte die Organistin Gisèle Kremer aus der Zeit des barocken Kirchenbaus ausgewählt und sie fanden großen Anklang. „300 Jahre St. Vitus - vorher und jetzt“ hieß ein Lichtbildervortrag, gestaltet von Regina Laue und Kurt Eberhardt. Gert Schander und Robert Becker entführten die Gäste mit Geschichten und Anekdoten in andere Zeiten. Beim Frauenforum unter dem Motto „Du bist eine Ikone“ diskutierten die Teilnehmenden die Situation der Frauen in der heutigen Zeit.

Schließlich waren Gemeindemitglieder und Gäste aus Kirche und Politik zu einem Festabend im großen Saal des „Haus Altkönig“ eingeladen. Der Arbeitskreis Feste & Feiern hatte den großen Saal festlich geschmückt. Das Musikkabarett Duo Camillo sorgte für gute Stimmung unter den Anwesenden. Die Festwoche endete mit einem feierlichen Gottesdienst mit Domkapitular Wolfgang Rösch, der von 2004 bis 2010 Pfarrer der Großpfarrei war, in Konzelebration mit Pfarrer Stefan Peter, Pfarrer Simon Schade, der von 2008 bis 2013 Diakon und Kaplan in der Pfarrei war, dem jetzigen Kaplan Moritz Hemsteg und Diakon Johann Weckler. Musikalisch wurde dieses Hochamt von den Chören von St. Vitus und dem evangelischen Jubilate-Chor umrahmt, die die sogenannte kleine Orgelsolomesse Missa brevis von Josef Haydn unter der Leitung von Roswitha Bruggaier aufführte. Die Feierlichkeiten des Jubiläumsjahres wurden mit der stimmgewaltigen Aufführung des Dettinger Te Deum von Georg Friedrich Händel durch die Kirchenchöre von St. Vitus und St. Josef, einem Barockorchester und Solisten unter der Leitung von Roswitha Bruggaier beendet.

Symbolischer Abschluss

Der Abschluss des Jubiläumsjahres soll symbolisch am Sternsingersonntag, dem 7. Januar 2024, im Gottesdienst erfolgen. Dann wird die große Jubiläumskerze aus der Kirche getragen und an Pfarrer Christian Fahl übergeben werden. Stefan Hans dankt in diesem Zusammenhang allen, die durch Mitarbeit und Spenden dieses schöne Jubiläum ermöglicht haben. Das Motto des Jubiläumsjahres: „Mache dich auf!“ hätte nicht besser gewählt sein können, ein Appell, der gerade in der Vorweihnachtszeit an Bedeutung gewinnt, der Zeit, in dem sich die Menschen nahe sein wollen und auch inne halten in der Umtriebigkeit des Alltags.

Volles Haus beim Essen
Fotos: privat

Regina Laue und Kurt Eberhardt

Stefan Hans mit dem Duo Camillo

Singalong auf dem Dalles

Weitere Artikelbilder



X