Oberursel (bg). Am 12. Juli feiert das Theater im Park (TiP) sein 25jähriges Bestehen und präsentiert den „Diener zweier Herren“, das bekannteste Stück der Commedia dell’arte aus der Feder von Carlo Goldoni.
Die romantische Komödie beginnt dramatisch. Florindo (Dennis Kutt) soll den Bruder seiner Geliebten Beatrice getötet haben, diese Kunde verbreitet sich rasend schnell. Er flieht nach Venedig. Beatrice reist ihm als Mann verkleidet nach. Viktoria Leschhorn spielt diese für die Commedia dell’arte so typische Hosenrolle. Wie es der Zufall will, sind beide nicht nur im selben Hotel abgestiegen, sondern haben auch, ohne es zu ahnen, denselben Mann engagiert. Roy Kullmann ist als „Diener zweier Herren“ der Dreh- und Angelpunkt in dem Stück. „Es gibt schlaue Diener und töpelhafte“, und Goldonis Truffaldino ist die gelungene Mischung aus beiden. Daraus schlägt Regisseur Andreas Walther-Schroth in seiner Inszenierung Funken und hat mit Roy Kullmann als Hauptdarsteller einen guten Griff getan. Er hat das Stück mit einer Rahmenhandlung versehen und in die 1960er-Jahre versetzt, ein Filmteam soll an den Originalschauplätzen den „Diener zweier Herren“ drehen. So viel sei schon verraten. Es treten auf: Ein schräger Regisseur (Tamara Dirksen), eine schmerzfreie Aufnahmeleiterin (Marianne Marks) und als Running Gag darf Karin Gerber – echt Diva – als Catrine Valentine sich immer wieder trällernd ins Bild mogeln. Mit altbekannten Schlagern über „Bella Italia“, die viele bestimmt noch im Ohr haben.
Im großen Park der Klinik Hohe Mark mit dem alten Baumbestand ist das Gras rund um das Bühnenareal schon gemäht. Die Bühne ist aufgebaut. Auf dem weißen Bühnenbild hat Wojtek Wellenger schon alles schwarz vorskizziert, was noch Farbe erhalten muss. Die Häuser am Canale Grande, über den sich die berühmte Rialto-Brücke schwingt, im Hintergrund die markante Silhouette von Venedig mit dem Markus-Dom, Gondeln, die ruhig im Wasser dümpeln, und die für die Handlung ganz wichtige Hotel- und Strandbar.
Fleischpflanzerl in Venedig
Auf der Bühne dreht sich indes alles ums Essen. Wenn einem das Wasser im Munde zusammenläuft, warum sollte man da widerstehen? Truffaldino jedenfalls denkt nicht im Traum daran, er probiert, was das Zeug hält, und genießt, auch wenn das Essen für seinen Herrn bestimmt ist – genauer gesagt: für zwei. Das nötige Werkzeug für die Kostproben hat er immer parat. Diese Szene wird gerade intensiv eingeübt. Sie spielt in Venedig in einer Strandbar. Hier kocht noch der Chef persönlich. Winfried Wagner, vielen hartnäckigen TiP-Besuchern aus diversen Rollen gut bekannt, spielt den Hotel- und Strandbarbesitzer Brighella. Die Speisekarte ist international. Denn „Scheffe“ ist mit einer bayerischen Metzgerstocher verheiratet, und Doris Kutt als Angetraute mit dem schönen Namen Rosemarie pflegt nicht nur ihren bajuwarischen Dialekt, sondern auch die traditionelle bayerische Küche.
Truffaldino versteht meistens Bahnhof bei dem Menü, dass die beiden ihm offerieren: A Supp’n, Hasenfutter äh Insalata, Fleischpflanzerl und an Schweinsbroaten, das soll einer verstehen. Und wie sie diese komischen Sachen platzieren wollen. Da muss er ja doch mal eingreifen, denn diese Wirtsleute haben keinen Sinn für das Dekorative. „Ihr könnt vielleicht kochen, aber den Tisch eindecken, das ist nicht euer Fach, aufgepasst, jetzt könnt ihr was lernen“, kommandiert er. Das Menü bestellt er natürlich für seinen Herrn Florindo. Pech nur, dass ganz ungeplant auch sein zweiter Herr Beatrice Rasponi auf einmal auftaucht. Soweit die Gemengenlage, die an dem schönen Sommerabend gerade genauestens bearbeitet wird.
Aufmerksam verfolgt Andreas Walther-Schroth die Darstellung der Akteure auf der Bühne. Es gibt noch viel zu klären, auch die Souffleusen Marianne Marks und Karin Gerber greifen immer wieder hilfreich ein. O je, wann kommt wer aus den Kulissen mit welchem Essen auf die Bühne, und wohin ist der Diener zweier Herren gerade wieder entschwunden. Bis alles stimmig ist, dürfen die Protagnisten mehrfach auf- und abtreten. Dabei kommt der arme Truffaldino ganz schön ins Schwitzen, er muss schließlich blitzschnell überall sein. Aber sein ewig hungriger Magen holt ihn immer wieder ein. „Hm, riecht das verführerisch“. Er ist nicht der Mann, der widersteht, nein, er gibt sich dem Genuss hin. Schnell ein kleines Löffelchen von der guten Suppe, und noch eins, und schwupps – ist der Teller leer. „Truffaldino“, ruft‘s von der einen Seite. „Truffaldino“ tönt es aus der anderen Ecke, und Patrone Brighella, der gerade mit dem Teller auf die Bühne stürmt, kann sich nur wundern. Ja, wo ist der Kerl denn jetzt schon wieder. Und ist dieser merkwürdige Diener nur dumm oder ein ganz ausgekochtes Schlitzohr? Fragen über Fragen.
Zum Ensemble gehören noch Thomas Becker, Selin-Zoe Goetz, Mariela Milkowa, Karl Heinz Weiler, Matthias Nitsch und als Mafiosi haben Inge und Kurt Hame, die für die Requisten sorgen, einen kleinen Auftritt. Eines steht fest: Am Ende wird sich der gordischen Knoten, in den sich der schlitzohrige Diener, angetrieben von seinem stets übergroßen Hunger, verstrickt hat, zum Wohlgefallen aller auflösen, und mehrere Paare werden zueinander finden. Goldonis Klassiker frisch auffrisiert, ins 20. Jahrhundert versetzt, turbulent und amüsant inszeniert, wird an lauen Sommerabenden im TiP für gute Stimmung sorgen. Die Zutaten dafür sind reichlich vorhanden.
Gespielt wird „Der Diener zweier Herren“ vom 12. Juli bis zum 17. August, immer freitags und samstags um 20 Uhr im Park der Klinik Hohe Mark, Friedländer Straße 2. Der Caterer-Bereich öffnet bereits um 19 Uhr. Karten zum Preis von 20 Euro plus Vorverkaufsgebühr sind erhältlich im Ticketshop Oberursel, Kumeliusstraße 8, Telefon 069-1340400, oder im Internet unter www.frankfurt-ticket.de. Restkarten gibt es an der Abendkasse für 25 Euro.